Speed-Datings für Manager:Flirten mit der Zukunft

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Illustration: Stefan Dimitrov (Foto: N/A)

"Wie die Vorrunde beim Tennis-Turnier": Business-Schools veranstalten Speed-Datings für Studenten und Firmenangehörige: Funkt es sofort, folgt die Einladung zum Vorstellungsgespräch.

Von Verena Wolff

Ein entspannter Tag ist das für keinen der Beteiligten - nicht für die Studierenden, nicht für die Unternehmensvertreter und auch nicht für die Organisatoren aus den Career Centern der Hochschulen und Business Schools. Denn wenn es in deren Räumen zugeht wie im Taubenschlag, dann ist Job-Speed-Dating angesagt. Turbo-Interviews zwischen Bewerbern und Arbeitgebern, jedes fünf bis sieben Minuten lang. Und dann geht es weiter, an den nächsten Tisch, zum nächsten Unternehmen.

Chesran Glidden weiß, wie sich eine solche Veranstaltung anfühlt. "Man muss sich auf den Punkt verkaufen können", sagt die Absolventin der WHU - Otto Beisheim School of Management in Vallendar. Die gebürtige Amerikanerin hat ihren Bachelor-Abschluss an der University of Illinois gemacht und an der WHU einen Master in Management draufgelegt. Sie ist bereits am Anfang ihres Master-Studiums bei einem Career Day an der Hochschule ins Speed-Dating gegangen - und hat das Praktikum gefunden, das schließlich zu ihrem aktuellen Job geführt hat. "Ich bin bei Xing in Hamburg im Leadership Program, das ist ein Trainee-Programm für Nachwuchs-Führungskräfte", sagt die 25-Jährige. Schon beim ersten Zusammentreffen habe die Chemie zwischen dem Unternehmensvertreter und ihr gestimmt, erinnert sie sich. Und so sollte es anschließend auch beim regulären Vorstellungsgespräch in der Hansestadt bleiben. Der Weg ins Praktikum war geebnet, und nach ihrem Abschluss stieg sie fest ein.

Sieben Minuten Gesprächszeit können sehr schnell oder sehr langsam vergehen

Auch Christiane Durner fand über das Speed-Dating an der TU München - School of Management ihren Arbeitgeber. Die 24-Jährige beginnt zum Ende des Jahres bei Infineon als Trainee, wenn sie ihren Master of Technology and Management erfolgreich abgeschlossen hat. "Das hat einfach gepasst, von beiden Seiten", erzählt sie. Im Gegensatz zur WHU verteilt die TU die Lebensläufe der Bewerber schon im Vorfeld an die Unternehmen. "So kann man gleich tiefer ins Gespräch einsteigen und genaue Fragen stellen", sagt Durner.

Das ist vor allem dann gut, wenn die Chemie stimmt und die sieben Minuten viel zu schnell vorbeigehen. "Sieben Minuten können allerdings auch sehr lang sein", so die Studentin. Wenn man sich nämlich nichts zu sagen habe und eigentlich nur darauf warte, dass die Glocke wieder klingelt und man einen Tisch weitergehen kann.

Das Format gefällt Durner allerdings gut, weil es ein eher entspanntes Kennenlernen ist, wie sie meint. "Man sieht recht schnell, wie das Unternehmen tickt und nach welchen Mitarbeitern gesucht wird." Und ob es zu den eigenen Vorstellungen passt. Man kann auch so manche Überraschung erleben, wie Durner und Glidden sagen. Denn interessant sei auch, sich mit Firmen zu unterhalten, bei denen man sich nie beworben hätte. "Es gab bei dem Speed-Dating niemanden, an dem ich gar kein Interesse hatte", sagt Glidden. Trotzdem seien manche Branchen interessanter als andere. Und das ist auch der große Vorteil dieses Bewerbungsformats, sagt Katharina Haxel vom Career Center der WHU. "Jeder Student muss mit jedem Unternehmen sprechen - und das ist manchmal wie eine Wundertüte." Klar kenne jeder die großen Partner der Universität, doch auch die Mittelständler und Hidden Champions haben oft sehr spannende Stellen zu vergeben.

"Und dann kommt es noch darauf an, wie sich beide Seiten verkaufen." Denn klar ist: Wer einen schlechten Tag erwischt, der hat es schwer bei der Adrenalin-geladenen Veranstaltung. "Das gilt sowohl für die Studierenden als auch für die Vertreter der Unternehmen", sagt Haxel. Und die schicken oft jüngere Leute, die teils Alumni der Hochschule sind - oder eher etwas mit diesem schnellen Format des ersten Beschnupperns anfangen können. "Für manches eher traditionelle Unternehmen ist das Format im ersten Moment gewöhnungsbedürftig."

Dennoch sei das Konzept sehr effizient, meint auch Annika Deichsel, von der Abteilung Corporate Partnerships and Career an der TUM School of Management, die diese Treffen organisiert. An der TUM findet das Speed-Dating derzeit einmal im Jahr statt - mit zeitlichem Puffer für weitere Gespräche. "Die Veranstaltung ist immer am Tag des Sommerfests. Wer sich also weiter unterhalten möchte, hat später im noch weniger formellen Rahmen noch die Möglichkeit dazu."

Das Dating dient als Türöffner: Kommt ein Kandidat gut an, wird er in die Firma eingeladen

Thyssenkrupp, KPMG, Boston Consulting, Infineon, Danone, Microsoft - das ist nur eine Auswahl der Partnerfirmen, die die Münchner Uni hat. 20 Unternehmen kommen pro Veranstaltung, viele bringen kleine Geschenke mit. "Danone hat immer ein paar Fruchtzwerge dabei", sagt Deichsel. Die 20 Studierenden sind handverlesen, die besten fünf Prozent des Jahrgangs. Das bedeutet allerdings nicht, dass die anderen keine Chance auf ein schnelles Date mit Unternehmen haben. "Es gibt die Karrieremessen und zahlreiche andere Netzwerk-Formate, die offen für alle Studierenden sind", sagt Deichsel.

Mit dem kurzen Treffen ist es im übrigen noch nicht getan: "Danach muss man sich in der Regel noch ordentlich bewerben und mit anderen Firmenvertretern sprechen." Man kann also nicht damit rechnen, sofort nach der Veranstaltung einen Job zu bekommen. Ein Speed-Dating sei "wie die Vorrunde beim Tennisturnier", sagt Martin Wehrle. Er ist Karriereberater und Ausbilder für Karrierecoaches. "Wer das Endspiel erreichen will, muss hier erst mal überzeugen." Man lerne sich beim Speed-Dating persönlich kennen und verkaufe sich - der Bewerber ebenso wie das Unternehmen. "Aber den Job gibt's normalerweise erst später, wenn sich die Studierenden formell beworben haben und zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden sind. Wenn dann immer noch alles passt, liegt der Vertrag bald auf dem Tisch", erklärt Wehrle.

Diese Speed-Datings sind also eine Variante, Master- und MBA-Studierende sowie Unternehmen in kurzer Zeit aufeinander aufmerksam zu machen. Aber an den Business Schools in Deutschland sind sie nicht allzu verbreitet - vielleicht, weil es vergleichsweise recht wenige Absolventen gibt, die für die Unternehmen infrage kommen. Vielleicht auch, weil die Master- und MBA-Studenten oft sehr genaue Vorstellungen davon haben, wo sie nach Abschluss ihres Studiums gerne arbeiten wollen und diese Unternehmen dann sehr zielgerichtet ansprechen. Eine richtige Antwort darauf erhält man nicht, wenn man sich an Business Schools umhört.

Doch wer solche Speed-Datings schon mal erlebt hat, ist voll des Lobes. Denn Networking ist das Zauberwort, für alle Seiten. "Für die Studierenden ist es immer hilfreich, einen persönlichen Eindruck zu gewinnen", sagt Haxel. Und auch für die Firmen ist es zwar ein anstrengender Termin, aber einer, der ihnen in kurzer Zeit viele Talente präsentiert.

© SZ vom 12.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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