Schüler aus aller Welt:Heimelig, aber teuer

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An der kleinen John F. Kennedy International School im Schweizer Kanton Bern werden Kinder in Mini-Klassen intensiv betreut und gefördert. Zur Ausbildung gehören auch soziale Aufgaben.

Von Juliane Lutz

Kinder in weißen Polohemden und blauen Pullis stürmen redend und lachend in den Speisesaal. Es ist kurz nach zwölf Uhr, und von der Küche her duftet es nach frischen Rösti. "Wer will es heute sagen?", fragt ein Lehrer. Zig Hände schnellen hoch. "Du!", sagt der Lehrer zu einem Jungen mit roten Haaren. "Bon app" wünscht dieser daraufhin, alle setzen sich, und das Mittagessen beginnt. Die Stimmung in der John F. Kennedy International School in der Gemeinde Saanen im Kanton Bern ist fröhlich. In der überschaubaren Kinderschar - derzeit sind es 38 - sieht man kein mürrisches Gesicht.

Das drei Kilometer vom bekannten Skiort Gstaad entfernte Institut gehört zu den kleinsten internationalen Schulen der Schweiz. In der geringen Größe sieht Direktor Henri Behar einen Vorteil: "Manchmal besteht eine Klasse nur aus vier Schülern. Das erlaubt uns, individuell auf die Kinder einzugehen." Im Internat leben im Moment nur zehn Jungen und Mädchen, die übrigen Schüler wohnen andernorts. Ins Internat aufgenommen werden Kinder ab einem Alter von vier Jahren. "Ihre Eltern denken, dass sie in unserer kleinen internationalen Schule ideal gefördert werden", sagt Behar. Meist handelt es sich bei ihnen um Unternehmer und Manager aus aller Welt. Sie wissen ihren Nachwuchs im ruhigen, auf einer Höhe von circa 1000 Metern gelegenen Saanen bestens betreut. Gut verdienen müssen die Eltern aber, denn die Kosten für den Unterricht in Kleinklassen, die Fürsorge im Internat und für die Sicherheit eines Schweizer Bergdorfs beginnen bei 62 700 Franken pro Jahr.

Wie ein großes gemütliches Ferienhaus mutet das Hauptgebäude der John F. Kennedy International School an. (Foto: JFK)

Kinder aus 22 Nationen besuchen den Unterricht. Französisch lernen sie schon in der Grundschule

Die sogenannten Boarders - ein unter Eltern und Lehrern beliebter Begriff für Internatsschüler - leben in liebevoll eingerichteten Holzhäusern. Es gibt sogar einen Kräutergarten für diejenigen, die gerne graben und säen. Der Alltag der Internatsschüler verläuft wie in einer Familie: Man isst gemeinsam, veranstaltet Spieleabende, macht am Wochenende Ausflüge. Ihre externen Klassenkameraden treffen die Internatsschüler zum Unterricht und Mittagessen im Haupthaus.

"Mir gefällt die familiäre Atmosphäre. Kinder verbringen hier eine wunderbare Schulzeit", sagt Diana d'Hendecourt. Sie engagiert sich mit anderen Eltern an der JFK. Ihre zwei älteren Söhne, die als Externe in Saanen waren, brachten häufig Freunde aus dem Internat mit nach Hause. Zur Zeit lernt ihr Jüngster dort. Dass die Boarders viele am Ort lebende Schulkameraden haben, sieht d'Hendecourt sehr positiv: "Auf diese Weise leben sie nicht nur in ihrer abgeschlossenen Internatswelt."

Naturkunde-Unterricht und sportliche Aktivitäten wie Skifahren spielen an der John F. Kennedy International School eine große Rolle. (Foto: JFK)

Nur im Winter drücken maximal bis zu 60 Kinder in Saanen die Schulbank, wenn betuchte Familien Monate in und um Gstaad verbringen und ihre Sprösslinge an der englischsprachigen Schule anmelden. Derzeit besuchen Kinder aus 22 Ländern den Unterricht. Einer von ihnen ist Stepam. Der elfjährige Russe geht in die siebte Klasse. Er habe hier viele Freunde gefunden und das Essen sei sehr gut, sagt er auf die Frage, was ihm hier besonders gut gefalle. Und die vielen Wanderungen und das Outdoor Learning, fügt er noch hinzu. Jeden Donnerstagnachmittag ziehen die Lehrer mit den Schülern in die Natur hinaus und bringen ihnen Wissenswertes bei, etwa zu Pilzen oder Gewässern.

Die Schüler aus begüterten Elternhäusern erfahren auch, dass es viele arme Kinder gibt

Outdoor Learning war ein Grund, weshalb Alisa King nach Saanen kam. Die Australierin, Mitte 30, ist eine von neun Lehrkräften an der JFK und unterrichtete zuvor an anderen internationalen Schulen in Europa. "Mich spricht an, dass hier Wissen möglichst wenig aus Schulbüchern vermittelt wird." Außerdem könnten die Lehrer für die Kinder interessante Programme zusammenstellen. Als sie die Alpen durchnahmen, fuhr King vergangenen Sommer mit ihren Schülern nach Zermatt. 150 Jahre nach seiner Erstbesteigung bestaunten die Kinder das Matterhorn, besuchten das Museum, sprachen mit Bergführern und drehten einen Film über das Ganze, den sie in der Schule zeigten.

Dort werden nur circa 40 Schüler unterrichtet, ein kleiner Teil von ihnen wohnt im Internat. (Foto: JFK)

Wenn Stepam die Schule verlässt, wird er auch ein guter Skifahrer sein. Wie in allen Schweizer Internaten spielen in Saanen Winter- und Bergsport eine große Rolle. Von Dezember bis März verbringen die Schüler fast jeden Nachmittag auf Skiern und Boards. In der restlichen Zeit wird viel gewandert. "Das hat auch einen didaktischen Grund. Bezwingen die Kinder einen steilen längeren Weg oder Berg, lernen sie, dass sie auch andere Dinge erreichen können", sagt Schuldirektor Behar.

In der Primary School (Grundschule) und Secondary School (Mittelschule) basiert der Unterricht auf dem weltweit anerkannten Cambridge Curriculum. Bereits in der Grundschule lernen die Kinder von Anfang an spielerisch Französisch. Von der vierten Klasse an kommt Deutsch dazu. In der Secondary School werden Mädchen und Jungen auf das international anerkannte International General Certificate of Secondary Education (IGCSE) vorbereitet. Letzteres ist vergleichbar mit dem Niveau eines mittleren Bildungsabschlusses. Endet ihre Zeit in Saanen nach dem neunten Schuljahr, haben Deutsche die Möglichkeit, auf ein Gymnasium zu wechseln.

Die Absolventen aus Saanen haben vielen ihrer neuen Schulkameraden etwas voraus, denn die Schüler der JFK sind es gewohnt, sich sozial zu engagieren. Bereits Erstklässler besuchen zusammen mit älteren Kindern Altenheimbewohner. Und von der sechsten Klasse an unterstützen die Schüler ein Uno-Projekt, das auf das Los von Kindersoldaten aufmerksam macht. Das Engagement der Kinder ist Henri Behar ein Anliegen: "Die meisten kommen aus sehr begüterten Elternhäusern. Es ist für sie daher wichtig zu sehen, wie es anderswo in der Welt aussieht."

Weitere Informationen unter www.jfk.ch. Die Internats- und Schulgebühren bewegen sich insgesamt, je nach Alter des Kindes, zwischen 62 700 und 63 850 Franken. Für Day Students liegen die Gebühren zwischen 35 750 und 36 850 Franken.

© SZ vom 21.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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