Schlimme Praktikumserfahrungen:In einer Nacht 1500 Bleistifte spitzen

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Praktikanten haben es oft schwer - weiß Gott! Aber wie können sie sich gegen die organisierte Ausbeute wehren?

Lisa Sonnabend

Lange haben Praktikanten auf sich rumtrampeln lassen: Sie haben ohne Murren Kaffee gekocht und Hunderte Seiten kopiert. Dafür haben sie oft null Euro bekommen. Doch im Internet wehren sich die Praktikanten zunehmend.

In der Klemme: Was tun, wenn das Praktikum nicht nach Plan läuft? (Foto: Foto: istockphoto)

Die Jugend des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) zum Beispiel hat ein Internetportal eingerichtet. Auf der Seite www.students-at-work.de werden Tipps rund ums Praktikum gegeben - und ehemalige Praktikanten beurteilen das Unternehmen, in das sie hineingeschnuppert haben: Wie anspruchsvoll sind die anvertrauten Aufgaben? Muss man Überstunden machen? Ist der Chef freundlich?

Mehr als 1200 Firmen sind bislang bewertet worden. Einige werden hoch gelobt, manche stark bemängelt und bei anderen sind sich die User uneinig. Die Praktikanten nehmen bei der Bewertung ihrer Arbeitgeber kein Blatt vor den Mund. "Absolut nicht empfehlenswert" sei sein Praktikum gewesen, schreibt ein frustrierter Praktikant auf der Online-Seite. Er habe vorzeitig gekündigt. Ein anderer empört sich, einige Praktikanten hätten vor einem Kongress in einer Nacht 1500 Bleistifte per Hand anspitzen müssen.

"Die Praktikanten wissen oft gar nicht, welche Rechte sie haben", sagt Silvia Helbig, Referentin für Jugend beim DGB. Dabei könnten sie einiges gegen die Ausbeute tun. "Auf jeden Fall sollte man darauf achten, dass man vor Beginn des Praktikums einen Vertrag bekommt", sagt Silvia Hebig. Darin werden tägliche Arbeitszeit, Vergütung, Urlaubstage oder Bezahlung von Überstunden geregelt.

Praktikanten haben den Anspruch, dass sie betreut werden und dass ihnen ein eigener Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt wird. Wird man die ganze Zeit von einem Platz zum nächsten geschickt und bekommt keine Aufgaben zugeteilt, ist dies nicht rechtmäßig. Außerdem muss jedem Praktikanten am Ende ein Zeugnis ausgestellt werden.

Wenn es nicht gut läuft, sollte man das Gespräch mit dem Chef oder dem Betriebs- oder Personalrat suchen. Normalerweise komme das sogar gut an, sagt Silvia Hebig. "Selbstbewusstes Auftreten bringt meist was." Und was habe der Praktikant schon zu verlieren? Lediglich seinen Praktikumsplatz.

Der Praktikant schnuppert in das Unternehmen hinein, um berufliche Kenntnisse und Erfahrungen zu erwerben, seine Arbeit darf keinen regulären Arbeitsplatz ersetzen. Silvia Hebig sagt: "Wir kämpfen gegen Scheinpraktika." Oft handle es sich bei Praktika nämlich um Arbeitsverhältnisse, nicht um Lernverhältnisse.

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