Recht so:Neue Urteile

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Dürfen Arbeitnehmer auch dann an Kursen ihres Abendstudiums teilnehmen, wenn sie krankgeschrieben sind? Ist ein Kandidat für die Schwerbehindertenvertretung im Betrieb bereits gewählt, wenn er das Verfahren mit dem Satz "Ich mach's" abkürzt?

Studium trotz Krankmeldung. Arbeitnehmer dürfen auch zum Abendstudium gehen, wenn sie krankgeschrieben sind. Das gilt jedenfalls dann, wenn ihre Genesung dadurch nicht beeinträchtigt wird. In einem Fall vor dem Arbeitsgericht Berlin wehrte sich eine Frau gegen ihre Kündigung. Sie machte mit Wissen und Billigung des Arbeitgebers ein Abendstudium in Betriebswirtschaftslehre. Dafür besuchte sie zwei- bis dreimal wöchentlich etwa dreistündige Abendkurse in der Verwaltungsakademie. Das tat sie auch, als sie wegen schmerzhafter Hüftprobleme sechs Wochen lang krankgeschrieben war. Als der Arbeitgeber davon erfuhr, kündigte er ihr. Die Frau klagte dagegen - mit Erfolg. Die Richter argumentierten, in ihrem Job müsse die Frau manchmal mehrere Stunden mit dem Auto fahren. Der Weg zur Akademie dauere hingegen nur sechs Minuten, bei Schmerzen könne sie jederzeit die Vorlesung verlassen. Auch habe der Arzt bestätigt, dass das Studium die Genesung nicht beeinträchtige. Daher spreche nichts dafür, dass die Erkrankung vorgetäuscht sei oder das Verhalten der Frau den Heilungsverlauf beeinträchtigt habe. (Az.: 28 Ca 1714/16)

Kandidatur ist noch keine Wahl. Wenn mindestens fünf Menschen mit Schwerbehinderung in dem Betrieb arbeiten, muss es einen Schwerbehindertenvertreter geben, der über eine ordnungsgemäße Wahl bestimmt wird. Es reicht nicht aus, wenn der einzige Kandidat mit dem Satz "Ich mach's" das vorgegebene Verfahren abkürzen will. Im verhandelten Fall wollte ein Mitarbeiter durch das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg feststellen lassen, dass er Schwerbehindertenvertreter bei einem industriellen Dienstleister sei. Als einziger Kandidat ging er davon aus, mit seiner Erklärung "Ich mach's" sei er bereits zum Schwerbehindertenvertreter gewählt worden. Sowohl der Arbeitgeber als auch der Betriebsrat sahen das anders: Sie waren der Auffassung, dass eine Wahl nicht stattgefunden habe. Der Mitarbeiter hatte vor Gericht in erster und zweiter Instanz keinen Erfolg. Er habe lediglich seine Kandidatur zum Ausdruck gebracht, entschied das Gericht. (Az.: 10 TaBV 2/16)

© SZ vom 06.05.2017 / DPA - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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