Pro Teilzeit-MBA:Im Business am Ball bleiben

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In der aktuellen Krise bietet der berufsbegleitende MBA einen besonderen Vorzug.

Von Theresa Tröndle

Wer einen Master of Business Administration, kurz MBA, absolvieren will steht vor einer entscheidenden Frage: Vollzeit oder Teilzeit? Dem MBA-Handbuch des Staufenbiel-Instituts von 2019 zufolge, gibt es derzeit mehr als 200 MBA-Programme in Deutschland. 85 Prozent der Ausbildungen werden als berufsbegleitende Teilzeitvariante angeboten, wie auf dem Portal Mba-studium.de nachzulesen ist. Dass der Teilzeit-MBA immer beliebter wird, kann auch Horst Löchel bestätigen. Er ist verantwortlich für die MBA-Programme der Frankfurt School of Finance & Management: "Unser Teilzeit-MBA ist stark nachgefragt. Wir sind in den vergangenen fünf Jahren in diesem Bereich jährlich zwischen zehn und 15 Prozent gewachsen." Seit Anfang Oktober kann man am Campus Hamburg der Frankfurt School parallel zum Beruf ein MBA-Studium aufnehmen. Dafür treffen sich die Teilnehmer in einem Zeitraum von 21 Monaten alle vier Wochen von Freitagmittag bis Sonntagnachmittag auf dem Campus. "Wir haben uns bewusst für eine Präsenzvariante entschieden, weil der MBA von der Diskussion lebt, das ist wie ein lebendiger Organismus", sagt Löchel. Dazu kommt eine Auslandswoche, die die Teilnehmer in Schanghai an der China Europe International Business School oder der BI Norwegian Business School in Oslo verbringen können. "Seit Corona bieten wir unsere Kurse hybrid an", sagt Löchel. "Die Professoren und Lektoren sind in einem Raum auf dem Campus. Wer mag, kommt dazu und wer lieber zu Hause bleibt, kann sich die Liveübertragung anschauen." Auch Gruppenarbeiten funktionieren über Video.

Ob hybrid oder am Ort, für den Teilzeit-MBA in Frankfurt zahlen die Teilnehmer 38 000 Euro Studiengebühren, die Vollzeit-Variante kostet dasselbe. Ähnlich viel zahlt man an der Mannheim Business School und der European School of Management and Technology Berlin für den berufsbegleitenden MBA. An der WHU - Otto Beisheim School of Management sind es sogar 43 000 Euro. Das mag zwar teuer klingen, aber immerhin haben bei der Teilzeit-Variante die meisten Studierenden ein Einkommen. "Unsere Teilnehmer arbeiten meist 100 Prozent, sie haben also ein regelmäßiges Gehalt, mit dem sich die Studienfinanzierung deutlich einfacher gestaltet", so Löchel. Außerdem könne es gerade in Zeiten von Corona schwierig werden, nach dem Vollzeit-MBA wieder eine Stelle zu finden.

Bestimmte MBAs, wie der Executive MBA (EMBA), der sich explizit an Führungskräfte richtet, kann man ohnehin nur in Teilzeit studieren. Das hat Thomas Graf gemacht, der Betreiber der Plattform Mba-compass.com. In 13 Monaten absolvierte er den EMBA an der IE Business School in Madrid. Das Ganze war als Blended-Learning-Programm angelegt, also eine Mischung aus Präsenz- und Online-Phasen. Ein wesentlicher Vorteil für Graf: "Ich bin im Beruf geblieben, habe nicht nur theoretisches Wissen angehäuft, sondern konnte das Gelernte direkt umsetzten; beim Vollzeit-MBA hätte ich dafür bis zum Abschluss warten müssen." Dazu kommt, dass die Teilnehmer bei den meisten Teilzeit-Varianten Probleme oder Fragen aus ihrem Job direkt mit den anderen Teilnehmern besprechen können und sie so schneller auf Lösungen kommen.

Im Durchschnitt müssen die Teilnehmer zwischen 25 und 30 Stunden pro Woche aufbringen, um den Stoff zu bewältigen. Sich nach einem Arbeitstag zu Hause noch einmal hinzusetzten, mag anstrengend sein, zeigt aber auch, dass man mit einer hohen Belastung und Stress umgehen kann. "Wer einen MBA in Teilzeit absolviert, zeigt, dass er strukturiert und diszipliniert arbeiten kann", sagt Graf. Wichtige Eigenschaften für das gesamte Berufsleben.

Am Anfang sei es für Graf hart gewesen: "Das erste halbe Jahr habe ich ziemlich gekämpft, dann wurde es besser." Er nahm sich einen Nachmittag pro Woche frei, um sich die Vorlesungen online anzusehen und die Texte zu lesen, er informierte seine Freunde und Bekannten, dass sie nicht enttäuscht sein sollten, wenn er sich ein Jahr komplett ausklinke, und sagte alle Freizeitaktivitäten ab. "Diese Maßnahmen haben mich psychisch befreit, und ich konnte mich ganz auf das Studium konzentrieren." Sein Umfeld und Arbeitgeber über die neue Situation zu informieren, dazu rät auch Löchel von der Frankfurt School: "Die hohe Belastung und die Schwierigkeit, Familie, Beruf und Studium unter einen Hut zu bekommen, schweißt die Teilnehmer des Teilzeit-MBA mehr zusammen, als die der Vollzeit-Variante." Von der besonderen Gruppendynamik schwärmten Alumni wie Teilnehmer, durch sie würden sich Letztere ganz automatisch stärker vernetzen. Gerade im Hinblick auf die Karriere sei das ein nicht zu unterschätzender Vorteil.

Welche Variante sich für wen am besten eigne, sei schlussendlich aber eine Typsache, sagt Löchel. Folgende Fragen helfen bei der Suche nach dem passenden Modell: Wie viel Zeit möchte ich mir für das Studium nehmen? Will ich lieber das Gelernte direkt anwenden oder eine Zeit lang raus aus meinem gewohnten Umfeld und die Perspektive wechseln? Kann ich das finanzielle Risiko eingehen? Bin ich bereit, eine Zeit lang meine Freizeit stark einzuschränken?

© SZ vom 16.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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