Praxistipps:"Versagen ist nicht erlaubt"

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Professor Thomas Geiß berät an der Hochschule Deggendorf künftige Firmeninhaber. Diese bekommen mehr Unterstützung als früher, scheitern aber dürfen sie nicht.

Interview von Christine Demmer

Professor Thomas Geiß ist Betriebswirt und leitet das Institut für Existenzgründung und Unternehmertum an der Hochschule Deggendorf. Außerdem berät er für die Hans-Lindner-Stiftung in Ostbayern angehende Entrepreneure.

SZ: Früher hieß es: Arbeite ein paar Jahre, sammle Erfahrungen und mach dich dann selbständig. Ist das überholt?

Thomas Geiß: Ja. In den letzten zehn Jahren hat sich die Gründerszene verändert. Es gibt Gründerstipendien, es gibt ein wachsendes Lehrangebot im Bereich Unternehmensgründung, auch berufsbegleitend, gerade auch für Nicht-Ökonomen wie Ingenieure. Das hat es früher nicht gegeben. Die Kapitalgeber sehen Nebenerwerbsgründungen nicht mehr automatisch als riskantes Geschäft an. Die gelten jetzt als seriös.

Welche Vorteile, welche Nachteile hat eine Gründung aus dem Studium heraus?

Die Forschung an den Hochschulen liefert gute Synergien und ist die Keimzelle für viele Start-ups. Nachteile gibt es keine. Eine studentische Gründung unterscheidet sich nicht von einer Gründung in späteren Jahren. Das wurde auch schon wissenschaftlich nachgewiesen. Viele Studierende erhalten durch Praktika Einblicke in das operative Geschäft. Da sehen sie ja schon, was läuft und was nicht läuft.

Welches sind die größten Hürden für studentische Gründer?

Die sehe ich in der fehlenden Branchenerfahrung, in der Auftragsakquise und beim Knüpfen von Kundenkontakten.

Kann da die Hochschule helfen?

Ich wüsste nicht, wie. Jede Gründung ist anderes, die Branchen unterscheiden sich, die Geschäftsmodelle und die Kundenzielgruppen. Über geforderte und mitorganisierte Praktika versuchen die Hochschulen, den Studierenden sehr viel praktische Erfahrung mitzugeben. Aber zum Endkunden gibt es keinen lernbaren Weg.

Bekommt ein gescheiterter Gründer noch mal ein Bein auf den Boden?

Schwierig. Aufgrund der Digitalisierung haben Behörden und Banken alle Möglichkeiten, sich über fehlgeschlagene Gründungen zu informieren. Ob der Unternehmer dafür verantwortlich ist oder nicht, spielt keine Rolle. Man ist misstrauisch. Zu versagen ist in Deutschland immer noch nicht wirklich erlaubt.

© SZ vom 21.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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