Pionierin:Das Ziel im Blick

Annaliese Teetz , Jahrgang 1910, wollte unbedingt zur See fahren. Und sie schaffte es tatsächlich: 1955 erhielt sie als erste Frau in Deutschland das Kapitänspatent.

Von Ingrid Brunner

Sie war ein wildes Mädchen: Mit 14 Jahren verkleidete sie sich als Junge und heuerte auf einem Fischdampfer an: Die Hamburgerin Annaliese Teetz, geborene Sparbier, Jahrgang 1910, wollte unbedingt zur See fahren, aber ihr Vater zwang sie, Lehrerin zu werden. Sie studierte Geografie und Leibesübungen und unterrichtete ab 1932 an der Kahlkampschule in Blankenese. Doch da eckt sie schnell an: Sie lässt die Mädchen im Turnunterricht boxen - woraufhin der Schulrat ihr die Mädchenklasse entzieht. Annaliese Teetz ist unbeirrbar und hält an ihrem Traum, Kapitänin zu werden, fest.

Schließlich erlaubte es ihr eine Sondergenehmigung von Adolf Hitler, an Bord zu arbeiten. 1943 überreichte ihr der Direktor der Hamburger Seefahrtschule das Steuermannspatent. Doch Kapitänin war sie nicht. Erst 1955, noch vor dem Gleichstellungsgesetz von 1958, erhielt sie als erste Frau in Deutschland ihr A6-Kapitänspatent.

Zwar fuhr sie bis 1968 als Offizierin zur See, doch das Kommando auf der Brücke hatte sie nie - zu stark waren die Vorurteile in der männlich dominierten nautischen Welt. Im April 1992 starb sie 82-jährig - ausgerechnet beim Versuch, ihr kenterndes Boot zu retten, ertrank sie vor Blankenese in der Elbe.

© SZ vom 24.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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