Pädagogen im Netz:"Lehrerin und trotzdem sexy"

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Über die Lehrer-Benotung im Internet haben sich schon viele Pädagogen beschwert. Doch ihre eigenen Online-Auftritte zeigen: Manche sind noch viel schlimmer als die Schüler - unreif, sexistisch und dumm.

Julia Bönisch

"Verantwortlicher Umgang mit neuen Medien" steht mittlerweile in jeder weiterführenden Schule auf dem Lehrplan. Teenager sollen wissen, welche Folgen die Entblößung im Netz bei sozialen Netzwerken wie Facebook, MySpace, Studi- und SchuelerVZ haben kann: Noch Jahre später sind Bilder von Saufgelagen zu sehen, jeder Personaler kann sich vor einem Bewerbungsgespräch über den Kandidaten erkundigen und seine Jugendsünden einsehen.

Lehrer-Communitys in StudiVZ: Dürfen Pädagogen erotische Fotos machen? (Foto: Foto: StudiVZ)

Deshalb sollten Lehrer eigentlich wissen, wozu eine eigene Profilseite im Netz führen kann. Doch in den USA haben einige Pädagogen offenbar nicht so weit gedacht und nun die Quittung dafür kassiert: In Florida, Colorado, Massachusetts und anderen Staaten haben die Behörden nun Lehrer beurlaubt oder entlassen, die sich im Internet allzu freizügig geäußert haben.

Öffentliche Plätze der Neuzeit

Eine Postkarte mit sprechenden Spermien, Bilder von einem nackten Mann unter der Dusche, der gerade einen Orgasmus hat und Witze über behinderte Kinder - all das veröffentlichten sie bei Facebook, MySpace und anderen Online-Netzwerken. "Die Lektion Nummer eins an dieser Schule: Rauch kein Crack während der Schwangerschaft", so beschrieb etwa eine Grundschullehrerin in Washington D.C. ihr pädagogisches Konzept. Ein männlicher Kollege zeigte auf seiner Seite Bilder einer Frau, die ihr Kleid hochzieht, um ihre Unterwäsche zu zeigen. Ein anderes zeigte die Dame schließlich ohne Kleidung.

Ein empörter Vater beschwerte sich wegen dieser MySpace-Seite bei der zuständigen Behörde. Sie warf den Lehrer aus dem Schuldienst. "Diese Webseiten sind die öffentlichen Plätze der Neuzeit", sagte der Mann der Washington Post. "Es ist, als würde man den Lehrer in einem Restaurant treffen und dabei beobachten, wie er sich nicht benehmen kann."

Platte Selbstdarstellung

Die Unreife und Plattheit der Selbstdarstellung der Lehrer unterscheidet sich deutlich von den gepflegten Internetauftritten der Schulen, die auf die korrekte Präsentation bedacht sind. Die National Education Association, vergleichbar mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, warnt inzwischen ihre Mitglieder vor unbedachten Netzauftritten und ihren Folgen.

Hierzulande beschweren sich die Pädagogen eher über Portale wie spickmich.de, auf denen Schüler ihre Lehrer benoten können. In anderen Schüler-Communitys sind nicht nur Noten, sondern auch ausführliche Kommentare erlaubt. So lästern bei Schüler-CC etwa Klassenkameraden über Frau B.. Sie sei "das Ekeligste, was je geboren wurde".

Lehrer Paul beim Knutschen

Doch auch die andere Seite in Deutschland entdeckt das Internet: Lehrer und Lehramtsstudenten sind längst Mitglied bei Studi- oder MeinVZ. In Gruppen namens "LehrerIn und trotzdem sexy" oder "Sei nett zu mir. Eines Tages könnte ich dein Kind unterrichten" unterhalten sie sich über Freuden und Leiden des Lehrerberufs.

In den meisten Foren wird mehr oder weniger ernsthaft über Unterrichtsvorbereitung, Fächerkombinationen oder Probleme mit Schülern diskutiert. Doch genauso wie in den USA fallen auch hier ein paar Ausnahmen unangenehm auf.

In ihren Fotos von Saufgelagen mit Bier- und Schnapsflaschen unterscheiden sich etwa manche Pädagogen gar nicht so sehr von einigen ihrer Schüler. Lehrer Paul zeigt sich in Teenie-Manier gleich beim Knutschen mit einer Eroberung. Auch sexuelle Anzüglichkeiten können sich manche nicht verkneifen: Eine StudiVZ-Gruppe für Lehrer verwendet als Logo das Bild einer Schülerin, die den Faltenrock ihrer Schuluniform aufreizend hochhebt. Zum Vorschein kommt ein rosa Slip mit der Aufschrift: "Teachers Pet".

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"Süße Kerle" an der Berufsschule

Eine andere Gruppe unterhält sich darüber, ob man als Lehrer erotische Fotoshootings machen kann - und wenn ja, wie man die Bilder am besten vor den Schülern verbirgt. Die Reize der Jugendlichen dagegen sind kein Tabu-Thema: "Natürlich gucke ich hin, wenn mir eine Schülerin gefällt", schreibt Christoph. Wolfgang stimmt zu: "Wenn ein hübsches Mädchen einen tiefen Ausschnitt hat, dann schaut man hin." Philip-Alexander setzt noch einen drauf: "Bei mir wird bei Abi-Aufgaben um die Wette gevögelt - je besser desto gut."

Auch die Lehrerinnen diskutieren die Vorzüge der Jugendlichen in ihren Klassen. Von "süßen Kerlen" an der Berufsschule ist da die Rede, und ob sich jemand vorstellen könne, mit einem Schüler eine Affäre zu beginnen.

Nicht allein im Netz

Anders als in den USA sind die Behörden in Deutschland allerdings noch nicht auf die Online-Aktivitäten ihres Personals aufmerksam geworden. "Uns ist in dieser Hinsicht nichts bekannt", sagt etwa Günther Schuster vom bayerischen Kultusministerium. "Wir können aber nur jedem Lehrer raten, sich im Internet an die rechtlichen Vorschriften zu halten."

Beleidigungen und Ehrverletzungen von Schülern oder Eltern seien selbstverständlich tabu. Ansonsten habe aber auch ein Lehrer das Recht zur freien Meinungsäußerung. "Bestimmte Dinge sind aber natürlich pädagogisch nicht sinnvoll", sagt Schuster.

Noch ist die Dienstaufsicht in den Foren offenbar nicht unterwegs. Trotzdem haben die Lehrer inzwischen auch bemerkt, dass sie im Internet nicht völlig unter sich sind: "Geht es euch auch so, dass ihr ständig von neuen Profilen ohne Bild besucht werdet, die an weit entfernten Universitäten angemeldet sind? Das dürften wohl neugierige Schüler sein, die mal ein bisschen mehr über ihren Lehrer / ihre Lehrerin herausfinden wollen!", schreibt Kai. Lange dürfte es also nicht mehr dauern, bis die ersten Beschwerden kommen.

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