Numerus Clausus:Studieren als Hürdenlauf

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Nicht nur am Studienanfang haben Bewerber mit dem Numerus Clausus zu kämpfen. Die Notenhürde gilt auch bei Masterstudiengängen. Studentenvertreter ziehen deswegen vor Gericht.

Tanjev Schultz

Für Anna-Lena Meyer ist klar, dass sie weiterstudieren möchte. Mit einem Bachelor-Abschluss will sie sich nicht zufriedengeben, sie will noch einen Master erwerben. Der Bachelor sei schließlich noch nicht so viel wert, sagt die Bamberger Studentin der Betriebswirtschaft (BWL) im dritten Semester. Aber werden ihre Noten ausreichen?

Bachelor-Studenten in Köln: Ständiger Druck. (Foto: Foto: dpa)

Zu Master-Studiengängen wird vielerorts nur zugelassen, wer beim Bachelor-Zeugnis die Note 2,5 oder besser mitbringt. "Wir alle spüren deshalb einen großen Druck", sagt Meyer über sich und ihre Kommilitonen. In BWL geht schnell mal eine Klausur daneben, und anders als in den alten Diplom-Studiengängen zählt nun jede Note.

Hitzige Konkurrenz

Der Asta, der Allgemeine Studierendenausschuss, der Universität Potsdam will sich das nicht gefallen lassen und in einem bundesweiten Musterprozess die neuen Zulassungsbarrieren zu Fall bringen. Er klagt dagegen, dass nicht nur Studienanfänger, sondern auch Bewerber für den Master einen Numerus clausus überwinden müssen.

Beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat der Asta jetzt einen Normenkontrollantrag eingereicht. In BWL verlangt die Universität Potsdam von Master-Studenten eine Bachelor-Note von 2,5 oder besser; und in Informatik wird nur zugelassen, wer zu den besten zwei Dritteln seines Bachelor-Jahrgangs zählt. Nach Ansicht des Asta heizen solche Regeln die Konkurrenz unter den Studenten auf ungesunde Weise an.

Zurzeit ringen Hochschulen, Kultusminister und die Zentralstelle zur Vergabe von Studienplätzen (ZVS) um ein bundesweites Serviceverfahren, um das gegenwärtige Durcheinander bei der Zulassung von Studienanfängern zu beenden.

Neuer "Regelabschluss" Bachelor

An diesem Dienstag bittet Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) die Beteiligten erneut zu einer Gesprächsrunde. Bisher konzentriert sich die Debatte auf den Beginn des Studiums. "Das Problem der Master-Bewerbungen ist bei den Hochschulen noch gar nicht richtig angekommen", sagt ein Mitarbeiter der ZVS. Doch schon bald werden die Absolventen der meist nur auf sechs Semester angelegten Bachelor-Angebote scharenweise in die neuen Master-Studiengänge drängen - und dann erneut ausgesiebt werden. Nach Auskunft der Hochschulrektorenkonferenz ist bundesweit etwa jeder zweite Master-Studiengang zulassungsbeschränkt.

Die Kultusminister betrachten den Bachelor als neuen "Regelabschluss"; der Master, so sehen es auch viele Professoren, soll den guten und an wissenschaftlicher Vertiefung interessierten Studenten vorbehalten bleiben. Gäbe es einen freien Zugang zum Master, wie es Studentenvertreter fordern, würde das die Hochschulreform komplett infragestellen.

Für Juristen kann sich so ein neues Feld auftun, um Bewerber einzuklagen. In Potsdam beruft sich der Anwalt des Asta auf die grundgesetzlich garantierte Berufsfreiheit. Aus dieser hatte das Bundesverfassungsgericht in seinem berühmten Numerus-Clausus-Urteil von 1972 abgeleitet, dass Zulassungsbeschränkungen nur zulässig sind, wenn die Hochschulen ihre Kapazitäten voll ausschöpfen. Eine Notengrenze, die allein dazu dient, angeblich schlechte Bewerber abzuwehren, sei unzulässig, meinen deshalb die Studentenvertreter. In Brandenburg gebe es dafür noch nicht einmal eine landesgesetzliche Grundlage.

Die Universitätsleitung in Potsdam hingegen sieht sich im Recht. Master-Angebote seien wie ein zweiter Studiengang; und für diesen seien Bachelor-Absolventen eben nicht automatisch qualifiziert.

© SZ vom 02.03.2009/grc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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