Mein Kollege sagt ...:Skype mir doch!

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Ein neuer Zeitfresser erobert die Büros: Kollegen schicken sich kurze Nachrichten von PC zu PC - und schreiben sich gemeinsam ins Tratsch-Nirwana.

Nicola Holzapfel

WARNUNG: Vorsicht, ansteckend: Der Skype-Wahn grassiert in Büros. Seine Wirkung ist verheerend! Lesen Sie die folgenden Zeilen nur, wenn Sie gegenüber den Versuchungen moderner Kommunikationsmittel nachweislich immun sind.

Die Ansteckungsgefahr von Skype ist nicht zu unterschätzen! (Foto: Foto: Screenshot)

Die Besonderheit des Skype-Virus ist sein Übertragungsweg: Gefährdete Personen erkranken häufig nur, weil sie ihn zu spät erkannt und deswegen keine ausreichenden Schutzmechanismen ergriffen haben. Das ist kein Wunder: Denn er kommt in Gestalt eines freundlichen Kollegen daher.

Eine typische Ansteckung beginnt mit der Aufforderung: "Skype mir doch". Wer in dieser Situation nicht mit einem kategorischen "Nein" antwortet, ist verloren. Die Krankheitsgeschichte nimmt ihren tragischen Verlauf. Der Virus hat einen neuen Wirt gefunden.

Fieser Virus

Der Erkrankte wird fortan zum "Skyper". Als solcher schickt und empfängt er künftig persönliche Nachrichten von Computer zu Computer. Dazu wendet er eine Software an, die eigentlich zum Telefonieren über das Internet gedacht ist. Doch er wird damit nicht telefonieren. Er kommuniziert schriftlich. Das ausgesprochen Fiese an diesem Virus ist, dass sich der Kranke dabei im Glauben wiegt, Zeit zu sparen.

Wie jeder Gesunde aber sofort erkennen wird, handelt es sich in Wirklichkeit um einen neuen Zeitfresser. Denn Skype macht aus den ernstesten Mitarbeitern in Nullkommanichts alberne Kindsköpfe.

Das beginnt mit der Wahl eines Pseudonyms, das sich jeder Skyper geben muss. Nüchtern betrachtet, wäre das Naheliegendste, den Vor- oder Nachnamen zu nehmen. Im typischen Krankheitsverlauf wetteifert der Betroffene aber um den originellsten Namen: Frau Müller, Herr Maier und Herr Hubert verwandeln sich in Firletante, Professor Knowhow und Goldfinger. Wie bei den Passworten ist manche Wahl verräterisch - vor allem, wenn sich Namen dem Tierreich anlehnen ("Saubär") oder ein ausgeprägtes Kosebedürfnis ausdrücken ("Schnurzlpurzl"). Offenbar unterdrückt der Virus die Fähigkeit der Erkrankten, die Wirkung eines Namens realistisch einzuschätzen.

Der Zwang, abzukürzen

Ähnlich kritisch ist der typische Verlauf von Skype-Unterhaltungen einzuordnen wie die folgende Kommunikation zeigt:

Die Teilnehmer beginnen kurz und knapp, zielorientiert: Goldfinger: pm18 ist fertig. Firletante: goodi

Man achte hier auf die Wortwahl: Pm steht für "Pressemitteilung". Skyper unterliegen im Allgemeinen dem Zwang, abzukürzen. Das umgangssprachliche "goodi" zeigt den Drang zur Infantilität, einer Nebenerscheinung der Erkrankung.

Aus Sicht eines Gesunden, könnte die Unterhaltung damit beendet sein. Stattdessen fängt sie jetzt erst an:

Goldfinger: aber bitt sche. Alles klar bei dir? Firletante: alles okidoki.

Der weitere Gesprächsverlauf muss hier nicht dokumentiert werden, da sich das belanglose Fragen und Gegenfragen beliebig oft wiederholen kann. Üblicherweise werden im Laufe eines solchen schriftlichen Gesprächs auch Symbole übermittelt, die häufig kleinen Grinseköpfen ähnlich sehen.

Vorsicht, wahnhafter Tratschzustand

Besonders auffällig sind Zusammentreffen mehrerer Erkrankter. Dies ist bei sogenannten Gruppenunterhaltungen der Fall. Die Beteiligten scheinen sich gemeinsamen in einen wahnhaften Tratschzustand zu schreiben:

Goldfinger: Hallo! Firletante: Guckuck Saubär: Hallo zusammen! Wie geht`s? Goldfinger: Bestens Schatzi: Hi! Jetzt bin ich auch dabei!

Etcetera. Etcetera.

Leser, die bislang vom Virus verschont geblieben sind, fragen sich sicherlich spätestens jetzt: Was soll das Ganze? Warum tauschen sich die Skyper nicht per Telefon oder E-Mail oder sogar direkt im Gespräch aus?

An dieser Stelle sei noch einmal ausdrücklich davor gewarnt, einen möglicherweise erkrankten Kollegen mit dieser Frage zu konfrontieren. Die Ansteckungsgefahr ist nicht zu unterschätzen!

Möchten Sie der Autorin über Ihre persönliche Erfahrungen mit dem Virus berichten? Dann skypen Sie ihr doch!

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