Mein Kollege sagt ...:"Gib du mir, so geb ich dir!"

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Vorsicht, Kollekte: Warum sammeln Kollegen nur ständig füreinander Geld ein?

Nicola Holzapfel

Kollegen-Kollekten sind so unbeliebt wie unvermeidlich. Sobald ein Kollege Geburtstag hat oder heiratet oder seinen Abschied nimmt, geht die immer selbe Frage um: "Was schenken wir ihm nur?" Sie wird solange ergebnislos wiederholt, bis sich einer der Beteiligten erbarmt (meist kurz vor dem Ereignis), und die Sache in die Hand nimmt.

Was schenkt man nur? Auf keinen Fall das Übliche. Wenigstens teurer soll es schon sein. (Foto: Foto: istockphoto)

Das ist mutig. Denn es ist äußerst gefährlich, sich in einer solchen Situation zu erbarmen und die Sache in die Hand zu nehmen. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird diese Aufgabe von nun an bei allen künftigen Anlässen an ihm (eher ihr) hängen bleiben.

Zunächst sind alle froh. Sie müssen sich um nix kümmern. Dieses Gefühl der Erleichterung ist jedoch nur von vorübergehender Dauer. Es ist wie ausgelöscht, sobald der Kümmerer ankommt und fragt: "Möchtest du unterschreiben?".

Manchen Kollegen überkommt angesichts der nun vorgelegten Glückwunschkarte der Wunsch, sich aufzulehnen, "Nein" zu sagen. Schließlich sieht die Karte bescheuert aus, der Kollege xy ist ihm sowieso egal und außerdem hat er jetzt keine Zeit. Aber wer würde schon so etwas sagen?

Kartenmitte für den Chef

Stattdessen wird höflich geflötet "Aber gerne!". Und unterschrieben. (Dabei wird der eigene Name meist in die Ecke gesetzt, in der sich die anderen Kollegen schon verewigt haben - offenbar in der Annahme, die Kartenmitte sei für den Chef reserviert.)

Aber damit kommt der Kollege nicht davon. Nun muss über das zu überreichende Geschenk gesprochen werden und die Notwendigkeit seiner Finanzierung. Je nach Persönlichkeit des Kümmerers kommen hierbei verschiedene Methoden zur Anwendung. Erfahrene Kümmerer nennen gerne eine Spanne. Man solle "zwischen zwei und fünf Euro" zahlen. Das ist so erfolgreich wie gemein. Natürlich will dann keiner knausrig wirken, weil er "nur" läppische zwei Euros zahlt.

Das mit dem "nur" ist überhaupt so eine Sache. In manchen Kollegengemeinschaften gibt es so viele Anlässe zur Kollekte, dass sich die zwei Euro hier und da zu stattlichen Summen summieren.

Schenk-Wettkämpfe unter Kollegen

Dazu kommen dann noch die Kollekten, in denen außergewöhnlich hohe Beträge eingefordert werden. Entweder weil ein Kümmerer besonders freundschaftliche Beziehungen zu dem zu Beschenkenden hat und daher auch bei der Auswahl des Geschenks besondere Großzügigkeit an den Tag legt. Oder weil unter den Kollegen regelrechte Schenk-Wettkämpfe ausbrechen. Das nächste Geschenk muss besser und teurer sein als das vorhergehende und schon ist man bei der braunen Aktentasche in Schweinsleder von Manufaktum für 300 Euro gelandet.

Und dann gibt es ja noch den Chef. Was schenkt man ihm nur? Auf keinen Fall das Übliche. Wenigstens teurer soll es schon sein.

Dabei ist das Übliche schon schwer genug. Bücher, Blumen, Wein, Pflanzen - sonst noch was? Bloß nicht. Originelle Geschenke (Kristallkugeln mit Kollegen-Porträts, selbstverfasste Urkunden,) wandern mit Sicherheit in die staubigsten Ecken eines Wohnzimmerschrankes - wenn sie es überhaupt dorthin schaffen.

Wie ungerecht! Kommen doch gerade die originellen Geschenke von Herzen. Schließlich gibt es Kollegen, die sich wirklich mögen. Aber selbst bei ihnen stellen sich nach zig Geschenkrunden irgendwann gewisse Ermüdungserscheinungen ein.

Was also tun? Nachdem es keine Möglichkeit gibt, den Kollegenkollekten zu entkommen, bleibt nur den richtigen Umgang mit ihnen zu finden. Am Ende bleiben drei Optionen:

- selber Kümmerer werden,

- selbstständig machen und einen virtuellen Marktplatz für Kollegengeschenke gründen, wo Kümmerer ihre Geschenke besorgen und die Beschenkten sie anschließend wieder zurückgeben können,

- sich möglichst oft feiern lassen.

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