Lohngleichheit:Erst mal passiert - nichts

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Noch immer verdienen viele Frauen weniger als Männer - auch wenn sie denselben Job machen. Wie der neue Anspruch auf Gehaltsauskunft funktioniert.

Noch immer verdienen viele Frauen weniger als Männer - auch wenn sie den selben Job machen. Das Entgelttransparenzgesetz soll die sogenannte Lohnlücke verkleinern. Es erlaubt Beschäftigten vom 6. Januar 2018 an, schriftlich Auskunft darüber zu erbeten, wie viel die Kollegen des jeweils anderen Geschlechts verdienen, die in vergleichbaren Positionen arbeiten. Auch über die Kriterien der Gehaltsfindung muss der Arbeitgeber informieren. Die wichtigsten Fragen:

Für wen gilt das neue Gesetz?

Für alle Frauen und Männer, die in einem Betrieb mit mindestens 200 Beschäftigten arbeiten. Außerdem muss es mindestens sechs Kollegen des jeweils anderen Geschlechts geben, die einer ähnlichen Tätigkeit nachgehen wie der Antragsteller. Das seien hohe Hürden, sagt Christian Althaus, Fachanwalt für Arbeitsrecht: "Je weiter Sie in der Pyramide eines Unternehmens nach oben kommen, desto seltener finden Sie eine ausreichend große Vergleichsgruppe, mit der Folge, dass Sie faktisch keinen Auskunftsanspruch mehr haben."

Wie funktioniert der Anspruch auf Auskunft genau?

Gibt es einen Betriebsrat, kann er die Anfragen an die Personalabteilung weiterreichen - und zwar anonym. "Der Arbeitgeber erfährt also nicht, wer die Anfrage gestellt hat", erklärt Althaus. Alternativ können Angestellte auch direkt zur Personalabteilung gehen, dann allerdings ohne den Schutz der Anonymisierung.

Was muss der Arbeitgeber verraten - und was nicht?

Auch mit dem neuen Gesetz hat niemand ein Recht darauf, das Gehalt eines bestimmten Mitarbeiters zu erfahren. Stattdessen muss der Arbeitgeber das Durchschnittsgehalt aller Kollegen mit vergleichbarer Tätigkeit nennen, sagt Althaus. "Inklusive aller Zusatzleistungen wie Dienstwagen oder Boni." Außerdem hat der Antragsteller ein Recht darauf, die genauen Kriterien für sein Gehalt zu erfahren. Unternehmen, die noch größer sind und mehr als 500 Mitarbeiter beschäftigen, müssen ihre Gehaltsstrukturen außerdem von sich aus überprüfen und regelmäßig Bericht darüber erstatten.

Wie schnell muss der Arbeitgeber auf Anfragen reagieren?

Innerhalb von drei Monaten. Viele Firmen könnte das unter Druck setzen. Denn nach einer Studie der Unternehmensberatung EY vom vergangenen Juni sind die meisten Betriebe auf die neuen Regelungen nicht vorbereitet: Erst 35 Prozent der befragten Unternehmen haben demnach schon die Lohngleichheit von Frauen und Männern in der Belegschaft untersucht. Oft wissen sie also selbst nicht, wie fair es bei ihnen zugeht. Immerhin glauben 70 Prozent der Unternehmen, dass sie den Auskunftsanspruch erfüllen können.

Was ist, wenn jemand tatsächlich weniger verdient als Kollegen?

Dann passiert erst mal gar nichts, zumindest nach dem Gesetz. Denn darin steht nur der Auskunfts-, aber kein Anpassungsanspruch. "Sie können auf Basis der Auskunft aber klagen, dann zum Beispiel auf Grundlage des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes", sagt Althaus. Und wer den Weg vor Gericht scheut, habe mit der Auskunft immerhin Munition für die nächste Gehaltsverhandlung.

© SZ vom 02.12.2017 / SZ/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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