Lehrstellen 2009:Die Statistik täuscht

Es sieht aus, als gäbe es auf dem deutschen Arbeitsmarkt genügend Lehrstellen. Doch die Misere ist groß. Bei der Ausbildung von Jugendlichen läuft vieles schief.

Thomas Öchsner

Zahlen können trügerisch sein. Das zeigt auch die Statistik zum Ausbildungsmarkt. Wenn nur noch knapp 10.000 Neubewerber zum Ende des Berufsberatungsjahres eine Lehrstelle suchen, sieht dies zunächst einmal nach einer guten Nachricht aus. Die Statistik täuscht aber über eine Misere hinweg, die jedes Jahr größer wird: Deutschland braucht Fachkräfte, aber immer weniger gut ausgebildete Arbeitnehmer stehen zur Verfügung.

Nur noch ein Viertel der Unternehmen bildet aus. Das hat mit der sinkenden Zahl der Betriebe im Handwerk zu tun, aber auch mit den neuen Dienstleistungsbranchen, die keine Ausbildungstradition haben. Ändert sich hier nichts, werden sich viele Arbeitsplätze, wenn überhaupt, in Zukunft nur noch mit Zuwanderern besetzen lassen. Noch schwieriger ist das Problem der Jugendlichen zu lösen, die gerne eine Lehrstelle haben wollen, aber in der Statistik nicht als Bewerber geführt werden, weil sie die Wirtschaft für nicht ausbildungsfähig hält.

Sie haben in der Schule viel zu wenig gelernt. Ihnen fehlt es an Disziplin und Manieren. Sie haben private Probleme, weil sie aus zerrütteten Familien kommen. Zehntausende dieser Jugendlichen stecken deshalb in Förderkursen und anderen Angeboten zur Berufsvorbereitung. Aber was die Eltern versäumt haben, kann die Bundesagentur für Arbeit häufig nicht mehr gutmachen.

Die neue Regierungskoalition sollte deshalb mehr über das Thema Bildung reden. Es geht um ein enormes Potential an jungen Menschen, die in Zukunft am Arbeitsmarkt und in der Wirtschaft fehlen werden. Und wer den Einstieg in die Berufsausbildung nicht schafft, wird später mit hoher Wahrscheinlichkeit von Sozialleistungen abhängig.

© SZ vom 14.10.2009/holz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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