Lehrstellen:Anreize für Azubis

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Die Zeiten, in denen Firmen aus einer schier endlosen Bewerberflut ihre Lehrlinge aussuchen konnten, sind vorbei. Es gibt weniger Schulabgänger, und immer mehr von ihnen studieren. Was Betriebe alles tun, um offene Lehrstellen zu besetzen.

Die Zeiten, in denen Firmen aus einer schier endlosen Bewerberflut ihre nächsten Lehrlinge aussuchen konnten, sind vorbei. Das liegt an der demografischen Entwicklung: Weniger Schulabgänger bedeuten auch weniger Azubis. Vielen Betrieben fällt es schwer, ihre Ausbildungsplätze zu besetzen - vor allem im Osten. Vier Beispiele, wie sie gegensteuern.

Erstens: Besondere Anreize schaffen. Kostenloser IT-Kurs, hauseigenes Fitnessstudio und ein integrierter Auslandsaufenthalt - immer mehr Firmen führen solche Anreize ein, um ihre Azubis ans Unternehmen zu binden. So spendiert etwa die Spreewald Therme in Burg ihren Azubis Tankgutscheine, um ihnen die ländliche Region schmackhaft zu machen. Bei der Firma Schelchen GmbH in Königs Wusterhausen, die Schuheinlagen und Schuhpflege herstellt, können Azubis zum Ausbildungsstart freiwillig Workshops belegen, beispielsweise zu Themen wie Konflikt- und Teamfähigkeit.

Zweitens: Die Ansprüche überdenken. Obwohl es immer mehr frei bleibende Lehrstellen gibt, finden manche Bewerber keinen Platz. Um auch jungen Menschen, die besonders schwer zu vermitteln sind, eine Chance zu geben, gibt es beispielsweise in Sachsen-Anhalt das Programm "Zukunftschance assistierte Ausbildung". Es richtet sich an junge Menschen mit Lernbeeinträchtigung oder Verhaltensauffälligkeiten. Auch Alleinerziehende und Bewerber, die ihre Angehörigen pflegten, oder schon mehrfach eine Ausbildung abbrachen, stehen im Fokus. Den Azubis werden Sozialpädagogen zur Seite gestellt, sie bekommen Förderunterricht. Die Unternehmen werden besonders sensibilisiert und können bei Problemen auf die Helfer zurückgreifen. Derzeit gibt es 235 Plätze, von denen laut Sozialministerium drei Viertel besetzt sind.

Drittens: Mit Berufsakademie locken. Thüringen macht aus der Not eine Tugend: Weil viele junge Leute Betriebe links liegen lassen und vom Gymnasium direkt an eine Hochschule wechseln, bietet das Land eine Alternative. Die Berufsakademie in Gera und Eisenach soll jungen Leuten Karrierechancen geben und sie gleichzeitig an die regionale Wirtschaft binden - quasi als Nachwuchsschmiede. Die Berufsakademie bietet seit Gründung 1998 ein stark praxisorientiertes Studium. Gleichzeitig sind die Studenten bei einem Unternehmen angestellt, das ihnen eine monatliche Vergütung zahlt. Dort absolvieren sie auch die Praxisphasen. Anfang September soll aus der Berufsakademie eine duale Hochschule werden. Die Studentenzahl soll von jetzt etwa 1200 auf 1500 wachsen.

Viertens: Junge Ausländer gewinnen. Weniger Schulabgänger, mehr freie Stellen - dieser Trend kann aus Sicht der Arbeitsagentur nur durch Zuwanderung abgemildert werden. Sonst könnten in zehn Jahren mehrere Hunderttausend Arbeitskräfte in den Betrieben fehlen, schätzen Experten. Es müssten alle Potenziale ausgenutzt werden, um die Lücke zu füllen. Darum suchen Betriebe nach Pflegekräfte-Azubis in Vietnam oder jungen Spaniern, die auf der Suche nach einer Perspektive sind. Ein erster Effekt ist sichtbar: So steigt beispielsweise in Sachsen erstmals seit fünf Jahren die Zahl der Auszubildenden. 2015 gab es knapp 400 Lehrlinge mehr als im Jahr zuvor - vor allem weil der Anteil der Azubis aus Vietnam, Spanien und der Ukraine stieg.

© SZ vom 27.08.2016 / dpa/sz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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