Lehrermangel:Auf Pädagogenjagd

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Sie locken mit höherem Gehalt oder dem Beamtenstatus auch für Ältere: Die Kultusminister werben sich gegenseitig Lehrer ab. Jetzt suchen sie die Aussprache.

Tanjev Schultz

Es wird eine muntere Debatte geben, wenn die Kultusminister aller Bundesländer Ende dieser Woche in Stralsund zusammenkommen. Sie wollen über den Lehrermangel und die Werbekampagnen sprechen, mit denen einige Minister versuchen, Pädagogen notfalls auch auf Kosten der anderen Länder zu sich zu locken. Zuletzt machte Baden-Württemberg mit einer bundesweiten Plakataktion Furore; Berlin sah sich prompt genötigt, seine jungen Lehrer besser zu bezahlen, um halbwegs mit den Konditionen in Stuttgart oder Hamburg mithalten zu können. Berlins Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) drängt seine Kollegen nun zu besseren Absprachen. Ihm schweben bundesweite Eckdaten und Obergrenzen für die Lehrergehälter vor, damit die Konkurrenz nicht ausufert. Vor allem die ärmeren Länder müssten sonst um ihren pädagogischen Nachwuchs bangen.

Hege, Einstein, Sie: Berlins Bildungssenator Jürgen Zöllner mit einem nicht ganz ernst gemeinten Plakat zur Lehrer-Abwerbung. (Foto: Foto: dpa)

Zöllner hält es für unfair, dass Berlin viele Referendare ausbilde, dann aber andere davon profitieren. Es heißt, er habe seinem baden-württembergischen Amtskollegen Helmut Rau (CDU) einen deutlichen Brief geschrieben. Nachdem in Berlin Raus Plakate in U-Bahn-Stationen hingen ("Sehr guten Morgen, Herr Lehrer! Jetzt bewerben"), präsentierte Zöllner vorige Woche ein Gegenplakat, mit dem er die Schwaben neckte: "Hegel, Einstein, Sie." Es spielt darauf an, dass schwäbische und badische Geistesgrößen einst reihenweise nach Berlin zogen. Das Plakat ist aber nur ein Jux, es wird in Ulm oder Heidelberg nie zu sehen sein.

Bundesweite Imagekampagne

Zöllners Vorstoß für eine bessere Koordination findet bereits über Parteigrenzen hinweg Unterstützer. Hessens Kultusministerin Dorothea Henzler (FDP) plädiert für eine gemeinsame bundesweite Imagekampagne für den Lehrerberuf. In Stuttgart zeigt man sich darüber jedoch etwas verwundert, hatte doch Hessen erst im vergangenen Sommer selbst in den anderen Ländern gewildert und dort aggressiv um Pädagogen geworben. Das geschah zwar unter Henzlers Vorgänger; der Ministerpräsident hieß aber damals wie heute Roland Koch (CDU).

Auch in Ostdeutschland sind die Kultusminister an bundesweiten Rahmenvorgaben interessiert, vor allem zur Besoldung. Er sei gegen eine völlige Vereinheitlichung, aber Bandbreiten sollte man verabreden, sagt Sachsen-Anhalts parteiloser Kultusminister Jan-Hendrik Olbertz. Sonst könnte der Föderalismus "aus dem Ruder" laufen. Den akuten Lehrermangel löse das alles allerdings auch nicht, gibt Olbertz zu bedenken.

Der Deutsche Lehrerverband behauptet, bundesweit fehlten derzeit in den Naturwissenschaften, in Mathematik und Latein 20 000 Lehrer. Genaue Angaben hat aber niemand. In den ostdeutschen Ländern gibt es teilweise sogar zu viele Lehrer; dies liegt an dem massiven Rückgang der Schülerzahl. Allerdings könnten auch im Osten Pädagogen schon bald wieder knapp sein. Mit Baden-Württemberg hat Olbertz deshalb bereits vereinbart, dass abgewanderte Lehrer nach drei Jahren, wenn sie wollen, ohne Hürden wieder aus Baden-Württemberg in den Osten zurückkehren dürfen.

© SZ vom 2.3.2009/bön - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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