Karriere in Österreich:Attraktive Verträge

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An der Universität Wien sei die Belastung des Lehrpersonals hoch, findet Andrea Seier. Die Professorin hat jede Menge zu tun mit Prüfungen und der Vorbereitung von Lehrveranstaltungen. (Foto: OH)

Universitätsprofessorin Andrea Seier hat Erfahrungen an verschiedenen Hochschulstandorten gesammelt. Sie erklärt, inwiefern Österreich gute Bedingungen für das Lehrpersonal bietet.

Interview von Christiane Kaiser-Neubauer

Tausende Deutsche studieren an österreichischen Hochschulen. Auch für Professoren und Dozenten kann es attraktiv sein, in Österreich zu lehren. Universitätsprofessorin Andrea Seier hat das deutsche wie das österreichische Hochschulwesen kennengelernt. Sie promovierte im Jahr 2005 in Bochum. Nach einer Gastprofessur in Wien und Stationen in Deutschland wurde sie 2017 zur Institutsvorständin des Instituts für Theater-, Film- und Medienwissenschaft (TFM) an die Universität Wien berufen. Vor dem Hintergrund ihrer persönlichen Erfahrungen beschreibt Seier Unterschiede zwischen den beiden Ländern, insbesondere mit Bezug auf Wien.

SZ: Im Vorjahr haben Sie die Professur für Kulturgeschichte audiovisueller Medien an der Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Uni Wien angetreten. Warum entschieden Sie sich für eine wissenschaftliche Karriere in Österreich ?

Andrea Seier: Österreich bietet im Vergleich zu Deutschland derzeit bessere Anstellungsverhältnisse. Die Laufzeit von Arbeitsverträgen, die Ausstattung von Professuren und die Gehälter sind ebenfalls attraktiver. Erste Erfahrungen konnte ich bereits als Gastprofessorin vor ungefähr zehn Jahren sammeln. Meine spätere Assistenzstelle am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft lief ursprünglich auf sechs Jahre. Da ich bereits nach drei Jahren habilitiert war, habe ich diese Zeit gar nicht gebraucht. Diese Beschäftigungsdauer wäre in Deutschland jenseits der Professur kaum möglich gewesen. Als Standort ist die Stadt und das gesamte intellektuelle Umfeld mit Museen, Theatern und verschiedenartigen Forschungsinstitutionen auch jenseits der Universität Wien reizvoll.

Im internationalen Vergleich steht die Uni Wien nicht so gut da und liegt im Times Higher Education Ranking deutlich hinter München, Bonn oder Berlin.

Das hat vor allem stark mit den Zugangshürden zu tun - und diese sind in Österreich vergleichsweise niedrig. Die Universität Wien hält mit mehr als 180 Studiengängen ein sehr breites Angebot aufrecht und hat etwa mit Linguistik, Philosophie und Geschichte Fächer, die in der Forschung ganz weit vorne liegen. Die Bandbreite in der Grundlagenforschung an der Uni Wien ist besonders wichtig für die Geisteswissenschaften. In den vergangenen Jahren sind viele sehr gute internationale Wissenschaftler dem Ruf an die Universität Wien gefolgt, das ist ein Zeichen für Qualität. Tatsächlich negativ ist die vergleichsweise hohe Belastung des Personals in der Lehre.

Inwiefern?

Ich habe mit Prüfungsabnahmen, Korrekturen von Klausuren und Lehrveranstaltungen sehr viel mehr zu tun, als dies an anderen beruflichen Stationen der Fall war: Wir haben in Wien in den Theater-, Film- und Medienwissenschaften derzeit 1700 Studierende. Im Wintersemester haben wir alljährlich etwa 500 Anfänger, davon schaffen es 50 Prozent durch die Studieneingangsphase. Institute in Deutschland starten in unserem Fach mit maximal 90 Personen im Jahr, das ist kein Vergleich.

Worauf müssen sich Studierende, die nach Wien kommen wollen, einstellen?

Der freie Hochschulzugang bedeutet natürlich etwas für das Betreuungsverhältnis. Für ein Studium an der Universität Wien muss man sehr viel Selbstdisziplin und Eigenmotivation mitbringen. Die Gruppen sind in den Lehrveranstaltungen der Studieneingangsphase zu Beginn mit bis zu 500 Personen relativ groß, dadurch ist man oft auf sich selbst zurückgeworfen. Habe ich die Studieneingangsphase gemeistert und einen Studienplatz bekommen, dann verbessern sich Betreuung und Feedback.

Würden Sie Deutschen eine universitäre Ausbildung in Österreich empfehlen?

Das lässt sich nur aus dem jeweiligen Fach heraus beantworten. Je nach Interesse sollte man sich die Studienpläne im Vorfeld genau anschauen. Für mein eigenes Fach würde ich eine klare Empfehlung aussprechen. Am TFM-Institut haben wir dank der Fächerkombination eine attraktive Bandbreite und bieten eine Ausbildung für ganz unterschiedliche Positionen im Kulturbereich. Absolventen können am Theater, in Filmproduktionen oder Kulturredaktionen von Zeitungen landen. Ein Angebot, das es in Deutschland kaum noch gibt und mit 33 Prozent viele internationale Studenten, 20 Prozent davon aus Deutschland, ans Institut lockt. Attraktiv ist auch ein trinationales Masterprogramm, das wir gemeinsam mit den Universitäten Düsseldorf und Nantes anbieten.

© SZ vom 20.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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