Hans Peter Wollseifer:"Von aller Welt bewundert"

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Hans Peter Wollseifer wurde nach Malerlehre und Meisterprüfung zum erfolgreichen Unternehmer. Heute ist er Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks. (Foto: ZDH)

Der Präsident des Handwerkverbandes erklärt, warum so viele Lehrstellen frei bleiben.

Interview von Sabine Grüneberg

SZ: Wie dramatisch ist der Mangel an Azubis im Handwerk?

Hans Peter Wollseifer: In letzter Zeit hat die deutsche Wirtschaft jedes Jahr Zehntausende Ausbildungsplätze nicht besetzen können. Im Handwerk waren es in den vergangenen beiden Jahren allein jeweils 20 000 unbesetzte Lehrstellen. Experten haben ausgerechnet, dass uns schon in wenigen Jahren dringend benötigte Facharbeiter fehlen, während die Zahl der Universitätsabsolventen deutlich steigt.

Haben wir uns zu lange auf die Akademiker konzentriert?

Alle politischen und gesellschaftlichen Kräfte haben daran gearbeitet, die Zahl der Studenten zu steigern. Erfolgreiche berufliche Karrieren, insbesondere der Meisterbrief, wurden kleingeredet und werden bis heute finanziell gegenüber dem akademischen Ausbildungsweg benachteiligt. Dabei ist die duale Ausbildung und die berufliche Fortbildung in Deutschland ein von aller Welt bewundertes Erfolgsmodell.

Die aktuellen Zahlen sind positiv. Ist das schon eine Trendumkehr?

Erstmals seit vielen Jahren haben wir ein kleines Plus bei den Ausbildungsverträgen - trotz weiter abnehmender Schulabgängerzahlen. Das macht uns Mut. Wir werden weiter für eine wirkliche Anerkennung der beruflichen Bildung kämpfen. Dabei drehen wir an allen Stellschrauben: Wir werben intensiv um Studienaussteiger, wir versuchen alles, auch schwächeren Schulabgängern den Weg in die Ausbildung zu ebnen, und wir gehen mit eigenen Beratern aktiv auf Migranten zu.

Was verspricht sich das Handwerk von den Flüchtlingszahlen?

Es gibt bereits erfolgreiche Beispiele für die Integration etwa von Afghanen, Irakern, Syrern und afrikanischen Jugendlichen durch Ausbildung im Handwerk. Bei den Neuankömmlingen verzögert sich jedoch die Bearbeitung des Asylverfahrens. Eine Lösung des Nachwuchsproblems versprechen wir uns davon aber nicht. Die Ausbildung von Flüchtlingen ist vorrangig eine humanitäre Herausforderung.

Warum ist das Handwerk für junge Menschen unattraktiv?

Viele Jugendlichen und ihre Eltern wissen einfach noch nicht, wie attraktiv und vielfältig das Handwerk ist. Alle Berufe sind auf der Höhe der Zeit und vollziehen den digitalen Wandel. Die Betriebe sind hoch erfolgreich, es entstehen neue Beschäftigungsfelder. Dafür werden zeitgemäße Fortbildungen geschaffen, moderne Kompetenzzentren beraten und schulen Betriebe und ihre Mitarbeiter. Denken Sie nur an die enormen Fortschritte im Bereich Energiewende - das deutsche Handwerk ist hier an der Spitze in Europa.

© SZ vom 31.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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