Gründer:"Männer sagen schneller Ja"

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Der "German Accelerator" hat bisher kaum Gründerinnen gefördert. Im Auswahlkomitee sitzt keine Frau. Zufall?

Interview von Lea Weinmann

"German Accelerator" ist ein vom Bundeswirtschaftsministerium gefördertes Programm, das deutsche Start-ups drei Monate lang durch intensives Mentoring bei der internationalen Expansion im Silicon Valley, in New York, Boston oder Singapur unterstützt. Seit dem Start im Jahr 2012 haben insgesamt 220 Start-ups das Programm durchlaufen. Christian Busch leitet das New Yorker Programm, seine Kollegin Judith Sterl ist global für Marketing und Kommunikation zuständig. Im Interview sprechen die beiden über den geringen Anteil an weiblichen Gründern in ihrem Programm und wie sie als Accelerator Gründerinnen unterstützen möchten.

SZ: Herr Busch, in Ihrer aktuellen Fördergruppe ist eine einzige Mitgründerin dabei - der Rest sind Männer. Für 2020 findet sich plötzlich in sieben der zwölf Start-up-Teams mindestens eine Frau. Das ist ein ordentlicher Sprung. Haben Sie Druck bekommen?

Christian Busch: Wir sehen, dass es über die Zeit mehr Teams mit Frauen gibt, aber dass es jetzt gleich sieben sind, ist eher eine Ausnahme. Zum Teil ist es wirklich Zufall, zum Teil liegt es daran, dass wir andere Firmen angesprochen haben, mehr endkundenorientierte Unternehmen. Ich nehme an, dass es in dem Bereich mehr Gründerinnen gibt. Außerdem haben wir in Deutschland ein Recruiting-Team, in dem jetzt auch zwei Frauen sind. Damit könnte es zusammenhängen. Aber ich würde nicht sagen, dass wir eine große Strategie ausgearbeitet haben, die dazu geführt hat.

Sind die beiden Frauen noch nicht lange dabei? Könnte es sein, dass durch strukturelle Änderungen bei Ihnen nun mehr Frauen auf dem Bildschirm erscheinen?

Judith Sterl: Die beiden Kolleginnen sind seit Frühjahr dabei. Theoretisch kann es schon sein, dass Frauen sich durch sie besser angesprochen fühlen. Aber das wäre nur eine Vermutung.

Laut einer Studie der Boston Consulting Group haben Frauen eine um 18 Prozent geringere Chance, Investorengelder zu erhalten. Können Sie sich vorstellen, woran das liegt?

Christian Busch leitet das New Yorker Programm des "German Accelerator". (Foto: Anthony Randazzo)

Christian Busch: Systematisch ist es ein großes Problem, dass es in der Investorenbranche - gerade in Entscheidungspositionen - wahnsinnig wenige Frauen gibt. Generell ist der typische Investor - sowohl in Deutschland als auch in den USA - ein weißer Mann mit einem Hintergrund im Investment Banking.

Beim German Accelerator gibt es auch einen Pitch . Sitzen den Bewerbern da nur Männer gegenüber, oder sind auch Frauen im Komitee?

Christian Busch: Im Moment gibt es in dem Auswahlkomitee nur Männer. Allerdings arbeiten wir gerade daran, im nächsten Quartal mindestens eine Frau dazuzubekommen.

Das heißt, Sie sehen darin schon die strukturelle Problematik?

Christian Busch: Ich würde es nicht strukturell problematisch nennen, es ist für uns einfach eine Gelegenheit, eine diversere Gruppe von Leuten zu haben.

Wie viele Mentoren gibt es beim German Accelerator? Wie viele sind weiblich?

Judith Sterl: Wir haben global etwa 300 Mentoren, und davon sind 40 weiblich. Aktuell ist die Quote an weiblichen Mentoren in Südostasien am höchsten.

Das ist ja auch noch ausbaufähig.

Judith Sterl: Absolut.

Worin sehen Sie Ihre Rolle als Accelerator im Hinblick auf die Förderung von Gründerinnen?

Judith Sterl: Wir beschäftigen uns mit diesem Thema intern, weil wir durchaus einige Frauen im Team haben und uns aufgefallen ist, dass die Runden relativ männlich sind. Wir sind dabei, auch Frauen zu überzeugen, Mentorinnen zu werden. Da braucht es nach wie vor mehr Überzeugungsarbeit. Die Männer sagen schneller Ja. Frauen müssen da so ein bisschen angeschoben werden.

Judith Sterl ist beim "German Accelerator" für Marketing und Kommunikation zuständig. (Foto: privat)

Was planen Sie sonst zu tun?

Christian Busch: Wir möchten in der Gruppe gemeinsam mit den Gründerinnen als Multiplikatoren daran arbeiten, das Netzwerk zu erweitern und zu stärken.

Judith Sterl: Das haben wir uns natürlich auch für die Kommunikation vorgenommen: Frauen zusammenbringen, das Thema mehr in die Welt tragen. Bisher haben wir das nicht besonders offensiv gemacht. Wir stellen uns da gerade einfach neu auf.

Wann sehen Sie sich am Ziel?

Christian Busch: Wenn wir ein Drittel Gründerinnen an Bord haben, dann sind wir sehr gut dabei. Das wäre doppelt so viel wie der aktuelle Anteil an Gründerinnen in deutschen Start-ups. Allerdings wird das eine Weile dauern.

Judith Sterl: Wir hoffen, dass wir durch unsere beginnenden Aktivitäten dazu beitragen können, dass die Frauen auch international durchstarten. Denn da können wir helfen.

© SZ vom 23.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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