Geschäftsreisen ins Ausland:Überraschungen inklusive

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Gute Arbeitsatmosphäre: Dies ist dem in dritter Generation geführten Familienunternehmen wichtig. (Foto: PR)

Der Unternehmer Eberhard Bezner ist für seine Firma, den Hemdenhersteller Olymp, schon oft um die halbe Welt gereist. Seine Erfahrungen in vielen Ländern waren lehrreich.

Von Dagmar Deckstein

Wenn einer eine Reise tut, dann kann er bekanntlich einiges erzählen. Eberhard Bezner war schon auf unzähligen Geschäftsreisen unterwegs, so dass es aus ihm geradezu heraussprudelt. Kürzlich feierte der Unternehmer seinen 80. Geburtstag.

1960, gerade 24 Jahre alt, musste Eberhard Bezner wegen des plötzlichen Tods seines Vaters Eugen Bezner die noch kleine Firma Olymp im schwäbischen Bietigheim übernehmen. Heute, 65 Jahre nach der Gründung, beschäftigt der Hemdenhersteller mit zuletzt 237 Millionen Euro Umsatz 760 Mitarbeiter in Deutschland, und Tausende in Kroatien, Mazedonien, Indonesien, Vietnam, China, Bangladesch und auf den Philippinen. Eberhard Bezner kennt und besucht alle diese Länder nach wie vor regelmäßig, mindestens zweimal im Jahr.

Zwar hat er vor zehn Jahren die Geschäftsführung an Sohn Mark abgegeben, aber als Beiratsvorsitzender ist "EB", wie er im engeren und weiteren Freundeskreis nur genannt wird, nach wie vor engagiert. "EB", könnte man sagen, ist ein Früh-Globalisierer gewesen. Schon Mitte der Sechzigerjahre streckte er die ersten Fühler jenseits der bundesdeutschen Grenzen ins damalige Jugoslawien aus, knüpfte erste Kontakte mit einer Textilfabrik in Pozsega an der ungarisch-kroatischen Grenze. Doch so einfach verlief die Jugoslawien-Kooperation dann auch nicht. Es bedurfte allerlei Tricks, an die sich Eberhard Bezner noch heute schmunzelnd erinnert.

Zum Beispiel war das Öl, das für die jugoslawischen Nähmaschinen zur Verfügung stand, von minderer Qualität. Also versuchten die Bietigheimer, besseres Maschinenöl nach Poszega zu liefern. Das aber konfiszierte der jugoslawische Zoll mit der Begründung: Unser eigenes Maschinenöl ist bestens! Ähnliche Probleme taten sich mit den Nadeln der Nähmaschinen auf: "Die jugoslawischen Nähnadeln waren ganz spitz, die brachen schnell ab. Für Hemdenstoffe braucht man aber unten ganz leicht abgerundete Nadeln. Doch die gab es im Land nicht. Also bin ich immer mal wieder über die Grenze gereist und habe Hunderte unserer westlichen Nähnadeln hinübergeschmuggelt - in meinen Schuhabsätzen versteckt."

Im Laufe der Jahre ging es weiter ostwärts. Etwa auf die Philippinen. 1979 begann die Olymp Manila Inc. mit der Fertigung. Mit welchen Unwägbarkeiten in fernen Ländern manchmal zu rechnen ist, macht auch das Beispiel Manila deutlich. Gerade das strenge Augenmerk, das Eberhard Bezner stets auf gute Arbeitsbedingungen für die dortigen Mitarbeiter legte, wurde Olymp zum Verhängnis. Eben diese Mitarbeiterfürsorge war den philippinischen Gewerkschaften ein Dorn im Auge. So hatte Bezner etwa für den Bau einer Klinik für die Näherinnen gesorgt. Sie durften auch ihre Kinder mit in die Fabrik bringen, wenn sie sonst keine Betreuungsmöglichkeiten für sie fanden.

Solche unternehmerische Fürsorge verdarb den Gewerkschaftern sozusagen die Preise, weil es bei Olymp nichts zu erkämpfen galt, da es ja schon vorhanden war. Sie blockierten kurzerhand das Olymp-Werk. Nichts ging mehr. So ließ Bezner in einer Nacht-und-Nebel-Aktion alles Interieur - von den Maschinen bis zu den halbfertig genähten Hemden - in Containern zum Hafen Manila schaffen und dort einlagern. Das war 1989. Der Anführer der Gewerkschaft wurde übrigens kurze Zeit darauf auf offener Straße ermordet. Und das auch noch von seinen eigenen Leuten.

Da traf es sich, dass eines Tages zwei indonesische Geschäftsleute bei Bezner in der Bietigheimer Firmenzentrale vorstellig wurden. Der eine, Soegianto Gunawan, hatte 1980 die Textilfabrik Metro Garmin in Bandung gegründet, einer Sechs-Millionen-Einwohner-Stadt. "We want to make shirts for you", sagte Gunawan. Also reiste Bezner wieder um die halbe Welt, um dieses Unternehmen mit seinen 8000 Beschäftigten zu inspizieren. "Es sah recht schlimm dort aus", erinnert sich Eberhard Bezner. "Da liefen sogar die Mäuse mit verheulten Augen herum. Also wurde erst einmal gründlich sauber gemacht, die Wände wurden neu gestrichen, und die uralten Maschinen kamen allesamt auf den Schrott." Wie günstig, dass die gesamte Fabrikausrüstung aus der aufgegebenen Fabrik in Manila noch immer am dortigen Hafen in den Containern lagerte. Die wurden flugs nach Bandung geschafft. Obendrein bedingte sich Eberhard Bezner aus, dass Soegianto Gunawan eine Klinik zur Gesundheitsversorgung der Näherinnen und ihrer Kinder einrichtete. Sechs Fachkräfte aus Bietigheim arbeiteten die Indonesier ein, alsbald lief die Produktion in Indonesien - nahezu - problemlos. Aber eben nur nahezu.

Am Produktionsstandort Indonesien fiel in den Anfangsjahren auf, dass es bei den Mitarbeitern überproportional viele Krankheitsausfälle gab. Eberhard Bezner hegte einen bestimmten Verdacht und nahm Proben vom Trinkwasser in der Fabrik mit nach Deutschland, um es dort untersuchen zu lassen. Der Verdacht bestätigte sich: Das Wasser war katastrophal verschmutzt. Bezner im Rückblick: "Also habe ich Soegianto gesagt, er müsse eine Wasseraufbereitungsanlage installieren. Das koste aber zu viel Geld, war seine Antwort. Ja weißt du, wie viel mehr solche Krankheitsausfälle gut eingearbeiteter Mitarbeiter dich kosten?" Also wurde in Bandung eine Wasseraufbereitungsanlage installiert.

"Heute", schmunzelt Eberhard Bezner, "sagt Soegianto immer, wenn er mich anderen vorstellt: Das ist Eberhard Bezner, mein Lehrer, von dem ich so viel gelernt habe." Das war aber auch nach Bezners Überzeugung zwingend notwendig: "Mein Leitmotiv war immer: Kann ein Mensch eine gute Arbeit leisten, wenn er Hunger hat oder wenn er Angst haben muss, dass die Kinder krank werden und nicht versorgt werden können? Deswegen haben wir auch die Bezner-Stiftung gegründet, die weltweit Hilfsprojekte in Asien unterstützt."

Schon diese Beispiele verdeutlichten wohl, meint Bezner, welche beständige Aufmerksamkeit es erfordere, zuverlässige Produzenten im Ausland zu finden und für dauerhafte Zusammenarbeit zu gewinnen. Spricht's und steht auf vom Tisch im "Eberhard's", seinem Hotel und Restaurant, das er nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Olymp-Management errichtet hat.

© SZ vom 31.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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