Armin Falk lehrt an der Universität Bonn und wurde kürzlich mit dem Gossen-Preis des Vereins für Socialpolitik (VfS) ausgezeichnet. Die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung gilt als eine der wichtigsten Ehrungen für jüngere Wirtschaftswissenschaftler aus dem deutschsprachigen Raum. Falk untersucht unter anderem, wie sich Geld, Lob und Anerkennung auf die Mitarbeitermotivation auswirken.
Professor Armin Falk: "Sobald ein Kollege mehr bekommt, finden wir unseren Lohn nicht mehr gerecht - doch bekommen alle den gleichen Betrag, sind wir auch unzufrieden."
(Foto: Foto: oH)sueddeutsche.de: Herr Falk, angenommen, wir hätten alle genug Geld - würde überhaupt noch jemand arbeiten?
Armin Falk: Die Vorstellung, dass wir freiwillig und aus uns selbst heraus gerne arbeiten, halte ich für hoffnungslos romantisch. Das ist eine schöne Illusion, aber nicht mehr. Wer zum Beispiel im Niedriglohnsektor arbeitet, würde sich dann gut überlegen, ob er das weiterhin jeden Tag tun möchte. Es gibt aber auch Bereiche, in denen die Menschen andere Treiber als Gehalt haben, Künstler oder Wissenschaftler zum Beispiel. Auch im Topmanagement strengt sich eine Führungskraft nicht deshalb mehr an, weil sie dafür 10.000 Euro mehr bekommt. Da geht es um Status und Prestige.
sueddeutsche.de: Ist es eine Frage der Persönlichkeit, wie wichtig einem Menschen sein Gehalt ist?
Falk: Ja. Menschen sind in ihrer Persönlichkeit sehr verschieden und schätzen an ihrem Beruf unterschiedliche Dinge. Ich denke aber, dass für alle Menschen Geld eine wichtige Rolle spielt - neben der intrinsischen Motivation, also der Frage, ob eine Tätigkeit aus sich selbst heraus spannend ist. Leider sind viele Tätigkeiten nicht so spannend, dass sie intrinsisch motivieren. Viele Jobs bestehen zum Großteil aus Routine.
sueddeutsche.de: Die meisten Menschen klagen, sie würden zu wenig verdienen. Ab welchem Niveau empfindet man sein Gehalt als gerecht?
Falk: Der Grundsatz "Je höher, desto besser" funktioniert nicht. Es geht um den Vergleichslohn: Wenn der Kollege mehr verdient oder man unter dem Branchendurchschnitt liegt, dann stellt sich Unzufriedenheit ein. Wir haben bei unseren Experimenten festgestellt, dass der Mensch beim Geld eben nicht rational reagiert und sogar völlig logische Zusammenhänge ignoriert.
sueddeutsche.de: Haben Sie dafür ein Beispiel?
Falk: Stellen Sie sich zwei Szenarien vor: Im ersten erhalten Sie eine Lohnerhöhung von zwei Prozent bei einer Inflationsrate von vier Prozent. Im zweiten liegt die Inflation bei null, dafür wird Ihr Gehalt um zwei Prozent gekürzt. Bei beiden Alternativen haben Sie am Ende gleich viel Geld in der Tasche, es sollte also keine Rolle spielen, ob Ihr Gehalt gekürzt wird oder nicht. Trotzdem bevorzugen die Menschen die Lohnerhöhungs-Variante. Sie fühlen sich dann einfach besser. Wird dagegen ihr Gehalt gekürzt, arbeiten sie sogar weniger. Das konnten wir nachweisen. Wir lieben es, uns reich zu rechnen.
sueddeutsche.de: Das klingt nicht nach dem rational handelnden, vernünftigen Homo oeconomicus.
Falk: Nein. In der klassischen Ökonomie ging man bislang davon aus, dass uns vor allem materielle Dinge interessieren: Der Mensch ist faul und muss über materielle Werte motiviert werden. Das ist viel zu eng gesehen. Psychologische Faktoren spielen eine ebenso große Rolle.
sueddeutsche.de: Welche Faktoren sind das?
Falk: Vor allem Vertrauen, Anerkennung und Fairness. Ein Übermaß an Kontrolle und ein beschränkter Handlungsspielraum wirken demotivierend. Außerdem braucht ein Mitarbeiter positives Feedback, er will ernst genommen werden und wünscht sich einen Chef, der sich vor ihn stellt, wenn es mal schwierig wird. Werden zudem Kollegen bei der Beförderung bevorzugt oder klauen sie Ideen, fahren Mitarbeiter ihr Engagement ebenfalls zurück. Gehalt kann motivierende Faktoren natürlich unterstützen, aber man muss es klug einsetzen.
sueddeutsche.de: Ein Bonus ist also nicht gleich Bonus?