Gehälter der Geschäftsführer:Mitarbeiter reden mit

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In vielen Firmen ist sie das bestgehütete Geheimnis: die Vergütung des Geschäftsführers. Doch schon bald könnten Mitarbeiter erfahren, was ihr Chef verdient.

Daniela Kuhr

Geschäftsführer großer Firmen in Deutschland müssen sich auf strengere Regeln für ihre Gehälter einstellen. Das gilt nicht nur für Aktiengesellschaften, sondern - wie jetzt bekannt wurde - auch für Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH), die mehr als 2000 Mitarbeiter haben.

Strengere Regeln für Geschäftsführer: In großen GmbHs ist sein Gehalt meist ein gut gehütetes Geheimnis - noch. (Foto: Foto: dpa)

Künftig müsse in diesen Firmen der gesamte Aufsichtsrat über den Anstellungsvertrag und das Gehalt eines Geschäftsführers entscheiden, sagte eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums. "Diese Aufgabe darf nicht mehr an einen kleinen Ausschuss delegiert werden." Das Brisante dabei: Weil der Aufsichtsrat in Unternehmen mit mehr als 2000 Mitarbeitern zur Hälfte mit Arbeitnehmervertretern besetzt ist, bekommen die Angestellten so ein deutlich stärkeres Mitspracherecht als bislang.

Anreize für Nachhaltigkeit

Vielen betroffenen Unternehmen sei das noch gar nicht bewusst, sagt Joachim Gores, Anwalt bei der Kanzlei Kümmerlein, Simon & Partner aus Essen. In großen GmbHs, vor allem in Familienbetrieben, sei das Gehalt des Geschäftsführers meist ein gut gehütetes Geheimnis. "Wenn sich künftig der gesamte Aufsichtsrat damit befassen muss, dürfte es deutlich schwieriger werden, die Zahlen geheim zu halten", sagt Gores.

Hintergrund für die neuen Regeln ist das Gesetz zur Angemessenheit von Vorstandsvergütungen, das am 5. August in Kraft getreten ist und mit dem das Aktiengesetz an einigen Stellen geändert wurde. Ziel war es, das kurzfristige Renditestreben einzudämmen und verstärkt Anreize für eine nachhaltige Unternehmensentwicklung zu setzen.

Haftung mit Jahresgehältern

So müssen Boni künftig an eine mehrjährige Entwicklung gekoppelt werden. Der Aufsichtsrat muss nicht nur in kompletter Besetzung über die Vorstandsgehälter entscheiden, er soll auch die Bezüge herabsetzen, wenn sich die Lage des Unternehmens verschlechtert. Zudem haftet er persönlich dafür, dass die Gehälter angemessen sind. Auch Vorstände werden stärker in die Verantwortung genommen. Sie können nicht mehr sämtliche Risiken von einer Manager-Haftpflichtversicherung abdecken lassen, sondern haften mit mindestens eineinhalb Jahresgehältern persönlich für fahrlässig angerichtete Schäden.

Mit den neuen Vorschriften reagierte der Gesetzgeber auf Gehaltsexzesse in den Vorstandsetagen mehrerer großer Konzerne. Im Fokus standen dabei börsennotierte Aktiengesellschaften. Unmittelbar gelten die neuen Vorschriften daher auch nur für Aktiengesellschaften. Weil aber das Mitbestimmungsgesetz an einzelnen Stellen auf das Aktiengesetz verweist, wirkt sich die neue Vorschrift, nach der der gesamte Aufsichtsrat über das Gehalt des Geschäftsführers zu entscheiden hat, generell auf mitbestimmte Unternehmen aus, also auf Firmen mit mehr als 2000 Mitarbeitern. "Das wurde in den Beratungen zu dem Gesetz auch durchaus erkannt", sagt die Sprecherin des Justizministeriums und tritt damit Behauptungen entgegen, der Gesetzgeber habe hier unbeabsichtigt gehandelt.

Auf der nächsten Seite: Warum die neuen Vorschriften noch weitaus mehr Nebenwirkungen haben als bislang bekannt.

Mehr Nebenwirkungen als bekannt

Beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßt man die Neuerung. "Es geht um Transparenz und die Verantwortung des ganzen Aufsichtsrats", sagt DGB-Vorstandsmitglied Dietmar Hexel. "Diese gesetzliche Absicht darf nicht auf Aktiengesellschaften beschränkt sein, sondern muss auch für GmbHs gelten." Die Sorge, dass die Gehälter damit öffentlich bekannt werden, teilt Hexel nicht. "Alle Aufsichtsratsmitglieder unterliegen der Verschwiegenheitspflicht."

Nach Ansicht von Anwalt Gores haben die neuen Vorschriften allerdings noch weitaus mehr Nebenwirkungen als bislang bekannt. "Genau wie bei den Aktiengesellschaften wird der Aufsichtsrat auch bei GmbHs oder GmbH & Co KGs mit mehr als 2000 Mitarbeitern dafür sorgen müssen, dass das Gehalt in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben und zur Leistung des Geschäftsführers sowie zur Lage des Unternehmens steht." Im Justizministerium widerspricht man. Auch Annika Böhm, Referentin für Gesellschaftsrecht beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag, sagt: "Wir gehen davon aus, dass die Detailvorschriften zur Angemessenheit von Vorstandsvergütungen weiterhin keine Anwendung auf Geschäftsführerverträge in mitbestimmten GmbHs finden."

Gores geht aber noch einen Schritt weiter. Sogar für Firmen mit gerade mal mehr als 500 Mitarbeitern seien die neuen Regelungen nicht belanglos. "Die Pflicht zur angemessenen Vergütung, die grundsätzlich für alle Unternehmen gilt, wird durch das neue Gesetz noch einmal bekräftigt", sagte er. Im Justizministerium betont man allerdings: Bei diesen Firmen entscheide auch weiterhin allein die Gesellschafterversammlung über die Geschäftsführerverträge, sagte die Sprecherin. Letztlich müsse man aber wohl abwarten, wie die Gerichte das sehen.

© SZ vom 26.8.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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