Führungsspitzen:Mut zum Fehler

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Wo vermeintliche Alleskönner alles im Griff haben, stimmt etwas nicht.

Nicola Holzapfel

Mit manchen Fehlern lässt sich gut punkten. Das demonstrieren Erfolgreiche, sobald sie nach ihren Schwächen gefragt werden. Auffällig viele schreiben sich Ungeduld zu, unter ihnen Ministerpräsident Roland Koch und Unternehmensberater Roland Berger.

In der Regel kosten Fehlentscheidungen weder Jobs noch Milliardensummen. Woran liegt es dann, dass mit ihnen so schamhaft umgegangen wird? (Foto: Foto: iStockphoto)

Auch "Perfektionismus" wird gerne genannt. Das Gute an beiden: Sie lassen sich mühelos ins Positive drehen. Der Ungeduldige strebt nach vorne und der Perfektionist gibt immer nur sein Bestes.

Doch das Schlechte daran ist: Diese Vorzeigeschwächen wecken Zweifel. Womit mag der vermeintlich Ehrliche wirklich seine Schwierigkeiten haben? "Das Schämen kann überall an seiner rechten Stelle sein, nur bei den Bekenntnissen unserer Fehler nicht", meinte der Dichter Gotthold Ephraim Lessing. Das ist 250 Jahre her und leider völlig in Vergessenheit geraten.

Im heutigen Berufsleben lautet die Parole: Man hat nicht nur keine Fehler, man macht auch keine. Die Unternehmen sind bevölkert von vermeintlichen Büro-Bonds, die wie der Geheimagent 007 immer alles im Griff haben.

Unter den Tisch gekehrt

Läuft doch mal etwas nicht so wie gedacht, wird das am ehesten verziehen, wenn darüber gelacht werden kann. Etwa wenn mal wieder ein Mitarbeiter beim Versenden einer E-Mail nicht auf den Empfängerkreis achtet - und schon ist die Nachricht, in der er sich vertraulich mal so richtig über die Arbeitsbedingungen beschwert, versehentlich an die gesamte Abteilung abgeschickt.

Das ist peinlich und kann am guten Ruf kratzen. Da fährt man mit anderen Fehlern schon besser, die nicht wie beim E-Mail-Fauxpas automatisch die große Runde machen. Am liebsten werden sie sogar völlig unter den Tisch gekehrt - und das, obwohl sie selten richtig schlimm sind. Klar, je höher in der Hierarchie, desto folgenreicher wird falsches Handeln. In der Regel kosten Fehlentscheidungen aber weder Jobs noch Milliardensummen. Woran liegt es dann, dass mit ihnen so schamhaft umgegangen wird?

Die Angst, Fehler zu machen

Der Wunsch, im Kollegenkreis keine Angriffsfläche zu bieten, könnte ein Grund sein. Ein anderer ist womöglich Furcht vor Sanktionen. Wie auch immer: Für die Arbeitsleistung ist die Angst, Fehler zu machen, schlecht. Sie kann geradezu lähmend wirken. Wer schon, bevor er handelt, befürchtet, er könnte etwas Falsches tun, verliert zwangsläufig den Mut, Neues zu wagen.

Auch der krampfhafte Versuch, ja keine persönlichen Schwächen zu zeigen, ist unsinnig. Während alle so tun, als seien sie perfekt, wissen sie natürlich, dass das für niemanden zutrifft. Aus Sicht der Personalführung wäre es sogar erstrebenswert, die Schwächen und Stärken der Mitarbeiter gut zu kennen. Nur so kann jeder im Team seinen Fähigkeiten entsprechend eingesetzt werden.

Schade, dass das Büro-Bond-Manöver schon im Vorstellungsgespräch beginnt. Auf die Frage nach den eigenen Schwächen antworten auch Bewerber gerne mit "Ungeduld" oder ähnlichem. Man kann es ihnen nicht vorwerfen. Viele Personaler würden auf eine ehrliche Antwort - "Ich bin sehr kreativ, aber leider hoffnungslos unorganisiert" - mit Verwunderung reagieren.

Bei all diesen Täuschungsmanövern, die ständige Perfektion und hundertprozentige Erfolgsgarantie vorgaukeln, unterliegen alle Beteiligten jedoch einer Fehleinschätzung. Sie vergessen das Gute an Fehlern: Man kann aus ihnen lernen.

© SZ vom 3.9.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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