Führungsspitzen:Ein Held als Chef? Geht gar nicht!

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Der Zampano als Boss hat ausgedient. Victory-Gesten und staatsmännische Posen haben früher mal gewirkt, heute sind die lächerlich. Wie der neue Chef aussieht, zeigt ein Baden-Württemberger.

Dagmar Deckstein

Stellen wir uns mal vor, ein soeben neu gekürter Konzernchef stellte sich vor seine Mitarbeiter und sagte: "Ich habe nie behauptet, dass ich Vorstandsvorsitzender werden wollte. Man kann Lehrer werden wollen oder Friseur, und wenn man sich anstrengt, dann schafft man das auch. Aber der Vorstandsvorsitz wird einem vom Aufsichtsrat zugewiesen, das kann man nicht anstreben." Hätte man so etwas schon einmal aus Managermund vernommen?

Die Victory-Geste wird auf ewig das Bild von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann prägen. (Foto: dpa)

Wenn ja, wäre solches Höchstmaß von Bescheidenheit eher untergegangen im Bilder- und Wortstrom jener strahlenden Helden, die es endlich bis an die Spitze geschafft haben. Es hat aber einer gesagt, auch wenn er statt "Vorstandsvorsitzender" das Wort "Ministerpräsident" gebrauchte und statt "Aufsichtsrat" "Volk" sagte. Der sehr wahrscheinlich nächste Ministerpräsident Baden-Württembergs heißt Winfried Kretschmann und ist bekanntermaßen auch noch ein Grüner. Wenn er dann am Morgen nach der legendären Wahl auch noch stöhnt: "Der ganze Rummel um meine Person ist schwer gewöhnungsbedürftig", dann scheint sie wohl angebrochen, die Zeit des postheroischen Managements.

Herbeigeschrieben und -geredet wurde sie schon seit Jahren, aber Umbrüche brauchen nun mal ihre Zeit, bis sie sich in neuen Realitäten manifestieren. Die Zeit der Helden ist vorbei, im Management wie in der Politik. Oder, noch mal ein typischer unheldenhafter Kretschmann: "Wir bleiben auf dem Teppich, auch wenn er gerade fliegt." Helden sind seit eh und je so gestrickt, dass sie beim geringsten Luftzug abheben, um im Zweifelsfall bei aufkommendem Sturm grandios abzustürzen. Postheroische Manager aber sind unprätentiös, geben Orientierung und wecken damit Vertrauen.

Einiges spricht dafür, dass in Baden-Württemberg nicht ein Parteiprogramm abgewählt wurde, sondern ein Phänotyp, der in diesem Fall Stefan Mappus hieß und in seiner durchaus napoleonesken Attitüde aus der Zeit gefallen wirkt. Die Zeit sucht sich in dem Maße ihre Anti-Helden, wie die Menschen zunehmend weniger Lust verspüren, die eigene Verantwortung den selbsternannten Alleskönnern zu Füßen zu legen.

So gesehen erklärt sich vielleicht auch ein Gutteil der Daueraufregung um den Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, der bei Licht betrachtet ja durchaus nicht wenig erfolgreich das ihm anvertraute Institut steuert. Dennoch wird ihm zum ewigen Nachteil jene Victory-Geste am Revers hängen bleiben, mit der er sich alles Gute beim Mannesmann-Prozess wünschte.

Die großen Gesten verfangen nicht mehr, sie mehren eher das Unbehagen am Heldischen. Überdruss herrscht an jenen Zampanos, die Wirtschaft als moderne Form des Krieges begreifen und sich selbst als die Helden dieses Kampfes sehen. Auch ein Jürgen E. Schrempp bekäme heute wohl kein Bein mehr auf einen Vorstandsboden, nicht bei Daimler und auch nicht anderswo.

Mit ihm aus der Mode gekommen ist auch jener schlechte Brauch nach Feldherrenart, die vorgebliche Misswirtschaft des Vorgängers erst einmal in Grund und Boden zu stampfen, um selbst noch glänzender dazustehen. So wie die Nachfrage nach Männern mit ausschließlich trainiertem Bizeps an den Arbeitsplätzen rar geworden ist, ist auch die nach superaktiven, egozentrischen Männern in den Chefetagen rapide gesunken. Ab auf den Heldenfriedhof mit den letzten Exemplaren!

© SZ vom 04.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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