Finnland:Auserwählt

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Das Erfolgsgeheimnis der Finnen sind ihre Lehrer: Gut ausgebildete Generalisten, die im Studium vor allem das Unterrichten selbst lernen.

Gunnar Herrmann

Wer wissen will, warum Finnland so gute Schüler hat, muss sich die Lehrer ansehen - vor allem die Grundschullehrer. Denn in der Grundschule wird nach Meinung der meisten Experten die Basis für die guten Ergebnisse gelegt, die finnische Schüler Jahr für Jahr bei der Pisa-Studie erreichen. Eine Ursache für die solide Ausbildung ist: Die Kinder lernen in den ersten Jahren von den Besten. Denn in Finnland darf nur vor eine Grundschulklasse treten, wer sich in einem harten Auswahlverfahren bewährt hat.

In diesem Jahr war es besonders hart, denn der Ansturm war sogar noch etwas größer als sonst. "Wir hatten 1300 Bewerber für unsere 120 Studienplätze", sagt Professor Jukka Rantala, der an der Universität Helsinki für die Ausbildung von Klassenlehrern zuständig ist. Wer es zu Rantala an das Institut für angewandte Pädagogik schafft, der hat zunächst eine schriftliche Prüfung absolviert und ist dann gemeinsam mit etwa 360 anderen Anwärtern in die engere Wahl gekommen und zu einem Gespräch eingeladen worden. Vor einer Auswahlkommission halten die Bewerber kurze Vorträge und lösen einige Aufgaben in Gruppen. Vor allem müssen sie erläutern, warum sie überhaupt anstreben, an einer Schule zu unterrichten. Die Prüfer wollen mit dem Test herausfinden, ob der Wunsch zum Lehren stark genug ist, um auch schwierige Klassen, freche Kinder und arbeitsreiche Schultage zu bewältigen.

Hauptfach ist das Unterrichten selbst

Die Auserwählten werden schließlich zu Lehrern für die Grundschule ausgebildet, die in Finnland die Klassen eins bis neun umfasst. Für diesen Job braucht man Generalisten. Auf dem Stundenplan der angehenden Pädagogen stehen deshalb alle möglichen Fächer, finnische Literatur zählt ebenso dazu wie Chemie oder Geschichte. Hauptfach aber ist das Unterrichten selbst: Psychologie, Pädagogik und Didaktik nehmen den meisten Platz im Curriculum ein. Und auch ihre wissenschaftlichen Abschlussarbeiten müssen die Studenten in den Erziehungswissenschaften schreiben.

Die große Frage ist freilich, warum sich so viele junge Finnen für dieses Studium interessieren und Rantala und seine Kollegen von den anderen Universitäten jedes Jahr unter tausenden von Kandidaten die besten aussuchen können. "Das ist wirklich erstaunlich", sagt Rantala, der auch selbst noch nicht ganz hinter dieses Geheimnis gekommen ist. Mit Sicherheit kann der Professor nur sagen, worauf das großes Interesse der Studenten auf keinen Fall zurückzuführen ist: "Die Bezahlung für Grundschullehrer ist eher schlecht", sagt Rantala, "als Fachlehrer in der Oberstufe verdient man besser." Trotzdem gibt es für diese Variante des Lehrberufs deutlich weniger Bewerber. "Vielleicht hängt das große Interesse damit zusammen", sagt der Professor, "dass viele Studenten gerne an ihre eigene Zeit in der Grundschule zurückdenken".

© SZ vom 3.12.2007/bön - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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