Expertengespräch:Aufblühende Kreativität

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Mit einem Preis werden materielle Probleme kleiner, und man kann sich besser auf die Kunst konzentrieren, sagt Torsten Alt. Für Künstler noch wichtiger als Preise sei aber, dass sie ihre Werke ausstellen können. (Foto: privat)

Preisgelder helfen begabten jungen Künstlern, sich ganz auf ihre Arbeit zu konzentrieren, sagt Torsten Alt, der zu diesem Thema geforscht hat.

Interview von Christine Demmer

In Deutschland bemühen sich unterschiedliche Akteure und Institutionen um die Unterstützung junger künstlerischer Talente. Insbesondere die Vergabe von Preisen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten als ein beliebtes Instrument zur Förderung etabliert. Dieses hat Torsten Alt, Kunsthistoriker aus Frankfurt, in seiner Doktorarbeit unter die Lupe genommen.

Wie viele Preise gibt es für den Nachwuchs der bildenden Kunst und anderer Kunstrichtungen?

Torsten Alt: Genau kann ich das nicht sagen. Aber es gibt sehr viele Preise, mit denen junge bildende Künstler wie Maler, Bildhauer, Fotografen und Performancekünstler ausgezeichnet werden. Sie kommen von Stiftungen, den Ländern und Kommunen sowie von Förderern aus der Wirtschaft. In den meisten Fällen werden die Künstler über einen gewissen Zeitraum mit Geld unterstützt, damit sie sich entwickeln können. Manchmal bekommen sie am Ende der Förderung eine Abschluss-Ausstellung.

Gibt es viele Nachwuchstalente in der bildenden Kunst?

Ja. Viele lassen sich an Kunsthochschulen ausbilden. In Deutschland gibt es mehr als 20 staatliche Kunsthochschulen. Aber nur zwei Prozent der ausgebildeten Maler, Grafiker oder Bildhauer können ihren Lebensunterhalt mit der Kunst bestreiten.

Wird das anders, wenn die Künstler einen Preis gewinnen?

Für die Künstler bedeuten der Preis und die damit verbundene finanzielle Unterstützung erst einmal, dass sie sich frei von materiellen Sorgen ihrer Arbeit widmen können. Das habe ich in meiner Befragung von 110 Geförderten des Karl-Schmidt-Rotluff-Stipendiums, das der Maler selbst ins Leben gerufen hat, herausgefunden. Aber der Weg bleibt weiterhin schwierig. Mit Auszeichnungen kann man sich deutschlandweit einen Ruf machen. Wenn damit eine Ausstellung verbunden ist, kann man sich und seine Arbeiten einem breiten Publikum präsentieren. Für ein Nachwuchstalent ist das eigentlich noch wichtiger.

Kommt es vor, dass man von einem Preisträger nie wieder etwas hört?

Eintagsfliegen gibt es selbst bei renommierten Preisen und Stipendien. Wenn man die Lebensläufe von Künstlern vergleicht, sieht man, dass sie in ihren Anfängen oft einen Förderpreis gewonnen haben. Es macht mich hoffnungsfroh, dass großartige Künstler offensichtlich früh entdeckt werden. Für sie ist eine solche Auszeichnung eine große Chance.

Die Preise für Nachwuchskünstler sollen aber auch ihre Stifter schmücken ?

Künstler sehen die Vergabe von Preisen kritisch und hinterfragen das dahinterstehende Engagement des Stifters. Kunstförderung soll nicht primär das Image des Stifters aufwerten, sondern den Nutzen der Kunst für die Gesellschaft erkennen lassen und der Frage nachgehen, welche Defizite eine Gesellschaft in Kauf nimmt, die Kunstförderung unterlässt und eine freie Kunstentwicklung erschwert.

© SZ vom 09.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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