EU als Arbeitgeber:Brüsseler Spitzenjobs

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Wer wie Karina Rempesz für die Europäische Kommission arbeiten will, muss sich erst in einem komplizierten Auswahlverfahren beweisen. (Foto: Amelie Richter/dpa)

Die Europäische Union beschäftigt 40000 Menschen. Doch der Weg bis zu einem Beamten-Posten ist steinig. Deutsche Absolventen scheuen ihn mehr als Studenten aus anderen Mitgliedstaaten. Zu Recht?

Ein Dasein als EU-Beamter klingt für viele Hochschulabsolventen im ersten Moment vielleicht eher spröde. Dabei gehöre zu der Arbeit viel mehr, als nur Gesetzestexte oder Statistiken zu erstellen, erklärt Karina Rempesz. Die 38-Jährige arbeitet bei der Europäischen Kommission in Brüssel im Personalbereich der Generaldirektion für Wirtschaft und Finanzen und plant dort unter anderem das Personalbudget. "Hier bearbeitet man Projekte, die 500 Millionen Menschen etwas angehen", sagt Rempesz. Der Weg bis zum EU-Job ist allerdings nicht ganz einfach.

Etwa 40 000 Menschen arbeiten europaweit für die EU, ungefähr zwei Drittel von ihnen in der EU-Hauptstadt Brüssel. Für deutsche Absolventen scheint eine Stelle dort weniger attraktiv. "Im Vergleich zur Größe der Bevölkerung fehlen deutsche Bewerber", sagt Ulrike Mangold vom Europäischen Amt für Personalauswahl (Epso).

Was die Gründe dafür sind, kann Mangold nur vermuten. In einigen Mitgliedsstaaten bekämen Hochschulabsolventen zum Beispiel gleich nach der Uni häufig attraktive Jobangebote aus der Wirtschaft. Und die jungen Menschen überlegten sich auch gut, ob sie für eine Arbeit in ein anderes Land ziehen wollen, so Mangold.

Viele spätere EU-Angestellte finden den Einstieg über ein Praktikum. So auch Rempesz. Nach ihrem Studium von EU-Recht und Sprachen in Köln arbeitete sie 2005 fünf Monate beim Dolmetscherdienst mit. Praktika bietet die EU für ganz unterschiedliche Studienrichtungen, zum Beispiel im Wettbewerbsrecht, Umweltpolitik oder auch Kommunikation.

Die EU stellt zweimal im Jahr etwa 600 Praktikanten ein. Bewerben können sich die Absolventen über die Webseiten der EU-Institutionen. Voraussetzung ist, dass sie aus einem der momentan noch 28 EU-Länder stammen und mindestens einen Bachelorabschluss haben. Außerdem sollten sie zwei EU-Sprachen sprechen, informiert das Epso. Erste Berufserfahrungen seien zwar von Vorteil, aber nicht verpflichtend.

"Das Drumherum ist spannend. Und Brüssel ist eine tolle Stadt."

Rempesz hat ihre Zeit als Praktikantin gut in Erinnerung: "Das Drumherum ist spannend. Brüssel ist eine tolle Stadt." Ein Praktikum bei der EU sei für einen Einstieg nach dem Studium aber nicht zwingend nötig, erklärt Mangold. Ehemalige Praktikanten kämen unter Umständen jedoch mit dem "EU-Jargon" besser zurecht. Dadurch könnten beispielsweise später Gruppenarbeiten im Assessment Center leichter fallen, so Mangold.

Doch bevor es so weit kommt, müssen Bewerber erst einmal einen computerbasierten Auswahltest bestehen. Um diesen kommt niemand herum, der als EU-Beamter arbeiten möchte. Auch nicht, wenn er davor bereits einen Vertrag in anderer Anstellung hatte, erklärt Rempesz. Sie arbeitete bereits zwei Jahre bei Epso als Vertragsbedienstete, bevor sie das Auswahlverfahren bestand. Rund 1700 Menschen aus allen EU-Ländern sind im vergangenen Jahr durch den Auswahltest gekommen. Eine Länderquote gebe es dabei nicht, erklärt Rempesz.

Die Hürde ist zwar hoch, aber machbar. "Üben, üben, üben. Und ohne einen Schimmer über die EU geht es natürlich nicht", sagt Mangold. Auf der Homepage des Amtes sind acht Kernkompetenzen aufgeführt, die sich die EU von Bewerbern wünscht, zum Beispiel Führungskompetenz und Teamfähigkeit, Analyse- und Problemlösungsfähigkeiten. "Wenn man sich das gut durchliest", sagt Mangold, "hat man auch eine gute Vorstellung, worauf es in den Prüfungen ankommt." Auf den Webseiten des Epso und des Auswärtigem Amtes gibt es Übungen, die Bewerber auf den Test vorbereiten.

"Bei vielen Auswahlverfahren, zum Beispiel zur Einstellung von Generalisten für die Administratorenlaufbahn der EU, bietet das Auswärtige Amt Seminare und Coachings an, um die Bewerber zielgerichtet auf die verschiedenen Phasen des Auswahlverfahrens vorzubereiten", heißt es beim Auswärtigen Amt.

Von der ersten Bewerbung bis zur Stelle dauerte das Einstellungsverfahren der EU früher fast zwei Jahre. Heute sind im Durchschnitt neun Monate bis ein Jahr nötig, um alle Stufen der Bewerbung und Auswahl zu durchlaufen. Deshalb sei es ratsam, sich auch schon vor dem Ende des Studiums zu bewerben, erklärt Rempesz.

Hat man den Computertest erfolgreich durchlaufen, muss man sich bei einem Assessment Center in Brüssel beweisen. Dazu gehören Gruppenübungen und verschiedene Interviews. Wissen über Abläufe in den EU-Institutionen und Allgemeinwissen sind hier immer von Vorteil, sagt Epso-Referentin Mangold.

Wer auf der Reserveliste landet, hat es schon fast geschafft: Er kann sich um Jobs bewerben

Erfolgreiche Kandidaten werden dann auf die sogenannte Reserveliste gesetzt. Das bedeutet: Sie können sich nun auf Posten in der EU bewerben. Hier werden die Fähigkeiten der Bewerber dann in einem letzten Schritt mit den Anforderungen für die Stelle abgeglichen.

EU-Beamte seien später auf keinen Fall auf eine Stelle oder ein Ressort festgelegt, sagt Katharina Rempesz. "Es gibt die Möglichkeit, Weiterbildungen zu machen." Je nach Grad der Erfahrung steige dann das Gehalt. Für Ökonomen sei ein EU-Job aber nicht immer so lukrativ wie beispielsweise in der freien Wirtschaft, sagt sie offen. Dafür zähle aber der europäische Gedanke: "Ich glaube schon, dass das Personal, das bei uns arbeitet, davon überzeugt ist."

Kontakt: Europäisches Amt für Personalauswahl (Epso), www.europa.eu/epso

© SZ vom 15.10.2016 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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