Ersatzteile:Das fehlende Stück

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Der 3-D-Druck macht es möglich, dass ältere Produkte funktionstüchtig bleiben - auch wenn die Serienfertigung längst eingestellt ist.

Von Martin Scheele

Früher wurden die Motoren in Masse produziert, inzwischen ist die Serienfertigung eingestellt. Trotzdem müssen Einzelteile der Motoren weiterhin lieferbar sein - so ist es in den Kundenverträgen festgelegt. Vor dieser Herausforderung stand die Lkw-Sparte des Daimler-Konzerns vor einigen Jahren. So musste etwa eine aluminiumlegierte Thermostatabdeckung für den Betrieb von Dieselmotoren älterer Lkws und Unimogs, deren Produktion bereits vor langer Zeit ausgelaufen war, auch 15 Jahre nach Serienende zur Verfügung stehen.

Was also tun? Mercedes-Ingenieure bauten das entsprechende Teil mit einem Metall-3-D-Drucker nach. Die Thermostatabdeckung ist bis heute das einzige Ersatzteil bei Daimler, das mithilfe der additiven Metallfertigung entstand. Bei der Fertigung von Kunststoffteilen im 3-D-Druck dagegen hat der Konzern bereits viel Erfahrung gesammelt. "Für aktuelle Serienbauteile kommen vor allem die sogenannten Pulverbettverfahren zum Einsatz", sagt Daimler-Sprecherin Uta Leitner.

So befeuert der Trend zum 3-D-Druck einen anderen Trend, den des sogenannten Remanufacturings. "Beim Remanufacturing handelt es sich um den industriellen Prozess zur Aufarbeitung von Produkten nach ihrem Nutzungszyklus", sagt Ulrike Lange vom Zentrum Ressourceneffizienz des Verbands Deutscher Ingenieure (VDI) in Berlin. Den Großteil der Umsätze dieser Geschäfte gebe es in den Branchen Automobil und Luftfahrt, sagt Lange. Das liege an den Rücknahmestrukturen und den Wartungsverträgen. Etwa 43 000 Menschen arbeiten nach ihrer Schätzung in der Remanufacturing-Branche in Deutschland, Tendenz steigend. Der Umsatz der Branche liege derzeit bei 8,7 Milliarden Euro. Deutschland ist mit 30 Prozent der größte Markt.

2016 seien die ersten Kunststoff-Serienbauteile aus der additiven Fertigung im Ersatzteilgeschäft produziert worden, berichtet Daimler-Sprecherin Leitner. Diese Teile kämen vor allem in der Nutzfahrzeugsparte inklusive Sonderfahrzeugen wie etwa dem Unimog zum Einsatz. "Aktuell sind 30 Lkw-Ersatzteile von Mercedes-Benz für das 3-D-Kunststoffdruckverfahren freigegeben und angelegt", sagt Leitner. Beispielhaft nennt sie Abdeckungen, Abstandshalter, Federkappen und Luft- und Kabelkanäle. Auch im Busbereich würden vielfältige Kundensonderwünsche über die additive Fertigung bedient.

Nach Erfahrung von Ulrike Lange vom VDI zeigen Beispiele wie die von Mercedes, dass die Herstellung von Bauteilen, die nicht mehr in aktuellen Serienfahrzeugen verbaut oder nur in kleinsten Auflagen als Kundensonderwunsch produziert werden, durch 3-D-Druck zu vertretbaren Kosten produziert werden können. Noch sind Metallteile seltener als Kunststoffteile. Doch durch die Digitalisierung steigen die Chancen, dass selbst hochspezifische Bauteile aus Metall noch nach vielen Jahren bestellt und auf Abruf weltweit geliefert werden können, sagt Lange. Und dies schnell, wirtschaftlich, in passender Stückzahl und in einer gleichbleibenden Original-Herstellerqualität.

© SZ vom 04.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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