Diskriminierung am Arbeitsplatz:Ein Recht auf Karriere

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Seitdem sie 18 ist, hat Barbara Steinhagen hart für ihre Karriere geschuftet. Ihr Arbeitgeber Sony BMG ließ sie jedoch fallen, als sie schwanger wurde. Nun klagt sie wegen Diskriminierung.

Angelika Slavik

Barbara Steinhagen hat eben ihren Sohn aus dem Kindergarten abgeholt, und auch wenn das natürlich eine schöne Sache ist, hätte sie lieber keine Zeit dafür gehabt. Denn Barbara Steinhagen würde lieber arbeiten: als Geschäftsführerin beim Musikkonzern Sony BMG, so wie ihr das 2006 von ihrem Chef versprochen wurde. "Seit ich 18 bin, habe ich hart für meine Karriere geschuftet", sagt die 35-Jährige. Der Aufstieg von der Marketingleiterin in die Geschäftsführung sei ausgemachte Sache gewesen. Doch dann wurde Steinhagen schwanger, "und plötzlich wollte man mich für leistungsunfähig erklären".

Barbara Steinhagen: "Die Entscheidung, ob ich Kind und Karriere vereinbaren will, muss ich doch alleine treffen können." (Foto: Foto: oH)

An diesem Donnerstag verhandelt das Bundesarbeitsgericht in Erfurt Steinhagens Klage wegen Diskriminierung gegen ihren ehemaligen Arbeitgeber Sony BMG. Denn die begehrte Stelle bekam ein anderer, und Barbara Steinhagen sagt, das hätte nur daran gelegen, dass sie kurz vor der Besetzung des Postens ihre Schwangerschaft bekanntgegeben habe. Plötzlich habe man ihr den Job nicht mehr zugetraut. "Aber die Entscheidung, ob ich Kind und Karriere vereinbaren will, muss ich doch alleine treffen können." Die Modalitäten seien klar gewesen, ein halbes Jahr wollte sie pausieren, um sich dann der neuen Aufgabe zu widmen. Ihr Mann wäre mit dem Kind zu Hause geblieben. Ihre Leistung hätte nicht gelitten, sagt Steinhagen.

Kampf gegen Bevormundung

Vor Gericht werde es vor allem darum gehen, wem die Beweislast zugesprochen werde, sagt der Berliner Anwalt Bernhard Steinkühler, der Barbara Steinhagen vertritt. "Die Indizien für die Diskriminierung, also etwa die zeitliche Nähe zwischen der Bekanntgabe der Schwangerschaft und der Besetzung der Stelle, werden von Sony ja nicht bestritten." Wäre es Sache des Unternehmens zu beweisen, dass Steinhagen nicht wegen ihrer Schwangerschaft übergangen wurde, stünden die Chancen für die Klägerin gut. "Ein Sieg würde die Modalität der Stellenbesetzungen in den Unternehmen grundlegend verändern", sagt der Anwalt. Dann müssten alle Entscheidungen nachvollziehbar gemacht werden.

Frauen, die sich für eine Familie entscheiden, könnten im Berufsleben dann nicht mehr so leicht benachteiligt werden, hofft Barbara Steinhagen. Das zähle mehr als eine Entschädigungszahlung. Ihren alten Job möchte sie nach zweijähriger Streiterei vor Gericht ohnehin nicht zurück. Sie kämpft also "nicht nur für mich, sondern für alle Frauen, die sich nicht bevormunden lassen möchten". Steinhagen sucht gerade einen neuen Job. Einfach sei das nicht. "Es wird einem viel weniger zugetraut, wenn man ein kleines Kind hat."

© SZ vom 24.4.2008/bön - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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