Deutsches Förderprogramm:Kommen und bleiben

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Die Bewerber kommen aus Spanien, Italien oder Griechenland und wollen in Deutschland lernen. Christian Pfeffer-Hoffmann vom Koordinierungsprogramm des Bundes erklärt, warum viele EU-Ausländer ihre Lehre trotz guter Vorsätze abbrechen.

Interview von Miriam Hoffmeyer

Sie kommen aus Spanien, Italien, Griechenland und wollen in Deutschland lernen. Der Verein "Minor - Projektkontor für Bildung und Forschung" koordiniert das Programm der Bundesregierung "MobiProEU", das seit drei Jahren Jugendliche aus EU-Ländern mit deutschen Firmen zusammenbringt. 2018 endet das Programm, der letzte geförderte Azubi beginnt im Herbst mit seiner Lehre. Der Minor-Vorstandsvorsitzende Christian Pfeffer-Hoffmann glaubt, dass die Anwerbung trotzdem weitergehen wird.

SZ: Seit wann kommen eigentlich junge Leute zur Lehre nach Deutschland?

Christian Pfeffer-Hoffmann: In nennenswertem Maße erst seit 2012. Damals starteten erste Initiativen mit dem Ziel, junge Leute aus dem EU-Ausland für nicht besetzte Lehrstellen in Deutschland zu gewinnen. Dahinter standen regionale Netzwerke aus Firmen, Kammern und Kommunen. Das Programm "MobiPro EU" hat diese Bewegung ab 2013 verstärkt.

Und zwar so, dass schon im nächsten Jahr nicht genug Geld für die vielen Azubis da war, die hoffnungsvoll hierher gekommen waren . . .

Das lag daran, dass die Zahl der Anträge unvorhergesehen durch die Decke ging. Die Konsequenz war, dass die Auszubildenden seitdem nicht mehr individuell Förderung beantragen können, sondern die begrenzten Mittel über Projektträger verteilt werden. Jedes neue Programm ist auch ein Lernprozess. MobiProEU ist ja der erste systematische Versuch, ausländische Jugendliche für eine duale Berufsausbildung in Deutschland zu gewinnen.

Wenn es so viele Interessenten gab, war das wohl nicht schwer?

Doch, man muss Menschen, die hier nicht aufgewachsen sind, erst von der dualen Berufsausbildung überzeugen. In Deutschland kennt das jeder, die Schulen bereiten mit Betriebsbesichtigungen und Praktika darauf vor. Aber in den meisten EU-Ländern ist das duale Modell völlig unbekannt. In Spanien werden die meisten Berufe an Hochschulen gelernt, etwa 70 Prozent jedes Jahrgangs studieren. Entsprechend schlecht ist das Ansehen nicht-akademischer Qualifikationen.

Warum sind dann zwei Drittel der Auszubildenden, die bisher gekommen sind, Spanier?

Spanien ist einer der bevölkerungsreichen EU-Staaten, und die Schuldenkrise hat dort früher und stärker zugeschlagen als etwa in Italien. Die Jugendarbeitslosigkeit lag zeitweise bei mehr als 50 Prozent, zugleich sind junge Spanier besser ausgebildet als ihre Altersgenossen in vielen anderen EU-Staaten. Dazu kommt, dass die junge Generation dort sehr mobil ist, das sieht man auch an den vielen Gaststudenten aus Spanien. Die Kehrseite der Mobilität ist natürlich, dass sie auch genauso schnell wieder zurückmigrieren können.

Kommt das oft vor?

Ja, viele brechen die Ausbildung in Deutschland wieder ab. Das liegt allerdings auch daran, dass ein großer Teil der jungen Leute ins Hotel- und Gaststättengewerbe geht. Dort ist der Mangel an Auszubildenden wegen der schlechten Arbeitsbedingungen besonders groß. Die Abbrecherquote liegt in der Branche auch unter deutschen Azubis bei 40 bis 50 Prozent.

Lohnt sich die Anwerbung ausländischer Azubis überhaupt für die Arbeitgeber?

Offenbar schon, die Nachfrage von Unternehmen ist immer noch hoch. Aufgrund des demografischen Wandels und des wachsenden Fachkräftemangels in einigen Branchen wird das auch so bleiben. Mit dem Programm wurde eine breite Struktur aufgebaut, die sich nicht so schnell wieder auflösen wird. Das Interesse der spanischen Bewerber ist allerdings etwas zurückgegangen, weil sich die Lage auf ihrem heimischen Arbeitsmarkt leicht verbessert hat.

Was kann man tun, damit die jungen Leute nach der Ausbildung in Deutschland bleiben?

Das ist eigentlich ganz einfach. Wer einen fairen Job mit guten Arbeitsbedingungen bekommt und während der Ausbildung auch private Kontakte knüpfen konnte, bleibt in der Regel auch hier.

© SZ vom 27.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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