DBA-Programme:Der Doktor bleibt auch nach dem Brexit

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Illustration: Stefan Dimitrov (Foto: N/A)

Wer ein Programm mit dem Abschluss "Doctor of Business Administration" macht, darf auch nach dem EU-Austritt Großbritanniens den deutschen Titel führen. Das beschloss die Kultusministerkonferenz.

Von Benjamin Haerdle

Großbritanniens Hochschulen sind in internationalen Hochschulrankings oft bestens platziert, traditionsreiche Namen wie Oxford, Cambridge oder das University College London versprechen Glanz. Wenig erstaunlich, dass deutsche Bildungseinrichtungen gerne mit den Hochschulen auf der Insel Kooperationen suchen. Deutlich wird das am Beispiel des Doctor of Business Administration, kurz DBA. Diesen im Vergleich zur Promotion deutlich praxisorientierteren Doktorgrad bieten insbesondere britische Hochschulen an. Interessant für Deutsche: Auch von hier aus kann man an dem Programm teilnehmen. Das funktioniert so: Die Teilnehmer schreiben sich an der britischen Hochschule ein, nehmen an einem DBA-Programm für drei oder vier Jahre berufsbegleitend im Fernstudium teil und studieren, je nach Konzept des deutsch-britischen Anbieterpaares, für einige Präsenzmodule auf der Insel.

Eine der Einrichtungen, die den britischen DBA im Angebot haben, ist die Munich Business School. Sie kooperiert für den von der Foundation for International Business Administration Accreditation (FIBAA) akkreditierten DBA mit der Sheffield Hallam University. Zehn Studierende nimmt die Business School jedes Jahr auf, jeder zahlt 36 000 Euro Studiengebühren. Sie müssen, so wie bei den meisten anderen DBA-Anbietern, einen Masterabschluss sowie fünf Jahre Berufserfahrung vorweisen, davon drei in einer Managementposition. "Die Hochschulen haben eine sehr gute akademische Qualität, und britische Partner sind schneller zu erreichen als die in den USA oder Australien", nennt Stefan Baldi, Dekan der Business School, einige Vorzüge des deutsch-britischen Geschäftsmodells. Die DBA-Teilnehmer an der Münchner Business School sind in der Regel Manager, die in verantwortungsvoller Funktion tätig sind. Deren Anspruch: "Die einen wollen langfristig eine akademische Karriere machen und brauchen dafür den Promotionsgrad", sagt Baldi. Ihr Ziel sei die Professur an einer Fachhochschule.

Viele erwerben den britischen Titel, weil sie eine Professur an einer Fachhochschule anstreben

Die anderen hätten nach längerer Abwesenheit von der Hochschule mal wieder Freude daran, sich in der Doktorarbeit intensiv mit Fragestellungen auseinanderzusetzen, für die man im beruflichen Alltag keine Zeit habe. Zum Beispiel: Wie kann es einem Unternehmen gelingen, sich von einem Produkt- zu einem Systemhersteller zu wandeln? Oder: Wie kann ein Unternehmen aus dem Bereich 3-D-Printing / Virtual Reality Ansätze entwickeln, um am Markt zu bestehen?

Das Strascheg Center for Entrepreneurship (SCE), das zur Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) München gehört, suchte sich für sein DBA-Programm die Edinburgh Napier University als Partnereinrichtung aus. 20 Studierende hat das SCE derzeit, jeder hat zwei Fachbetreuer, einen in Edinburgh und einen in München. Sechs Module belegen die Studierenden in den drei Jahren, jeweils in fünftägigen Workshops, in denen sie unter anderem ihr Forschungsthema präsentieren, ihre Forschungsphilosophie darlegen, Ergebnisse einer Literaturrecherche oder eine Pilotstudie zur Doktorarbeit vorlegen müssen. "Bei der Promotion in Deutschland zählen oft mehr die Forschungsergebnisse, beim DBA steht dagegen eher die Frage nach der richtigen Methode im Vordergrund", sagt Klaus Sailer, SCE-Geschäftsführer und Professor für Entrepreneurship an der Hochschule München. Zudem sei der britische DBA deutlich näher dran an der Praxis als die Promotion in Deutschland. Das mache sich bei der Doktorarbeit bemerkbar. "Für die Teilnehmer ist es sehr motivierend, wenn sie ein konkretes und selbstgewähltes Forschungsthema aus dem eigenen Unternehmen bearbeiten können", erläutert Sailer.

In der Öffentlichkeit ist der britische DBA indes nur wenig bekannt. Das liegt auch daran, dass DBA-Absolventen in Deutschland den "Dr." und selten den "Briten-Doktor" im Namen tragen. Rechtlich ist das erlaubt, das legt die Kultusministerkonferenz (KMK) fest, der Zusammenschluss der 16 Bildungsminister der Bundesländer. Diese Regelung für den DBA fällt aber weg, sollte Großbritannien tatsächlich die EU verlassen. Deswegen waren Bildungsanbieter, die den britischen Doktortitel anbieten, in Sorge, was im Falle des Brexit passieren könnte. Für Jürgen Polke, Direktor am privaten Institut für Hochschulkooperation und internationale Promotionsprogramme (IHP), das den DBA der University of Gloucestershire anbietet, ist das Tragen des "Dr."-Titels eher nachrangig. Manch einer sieht das anders. So erzählt von Polke von einem Interessenten, der von ihm eine schriftliche Garantie dafür verlangte, dass er nach Abschluss der DBA-Ausbildung den deutschen Doktor führen dürfe. "Natürlich kann ich das nicht", sagt er. Doch komme es weniger auf den Wortlaut des Titels denn auf die Leistung an, die Dissertation vollendet zu haben: "Wenn man nicht für sich selber den Wert des Abschlusses so kommunizieren kann, dass man stolz darauf ist, dann ist das bedauerlich", sagt der IHP-Direktor.

Auf den Master den praxisnahen DBA draufsatteln - dieses Modell hat laut Experten Zukunft

Tatsächlich hat die KMK für den Fall des Brexit längst vorgesorgt: Bereits im Mai beschlossen die Minister, dass auch für Großbritannien die Ausnahmeregel gelten wird, die bereits für andere Nicht-EU-Staaten wie Japan, Australien oder USA angewendet wird. Demnach wird der britische DBA, sofern dieser aus einem wissenschaftlichen Promotionsverfahren an einer anerkannten britischen Hochschule stammt, auch bei einem Brexit in Form des "Dr." anerkannt. Der KMK-Beschluss kann allerdings erst in Kraft treten, wenn Großbritannien wirklich aus der EU austritt - und auch erst dann kann ihn die Kultusministerkonferenz veröffentlichen. "Die Inhaber eines britischen DBA werden auch nach dem Brexit ihren DBA in Form eines Doktors weiterführen können", erklärt KMK-Referent Matthias Enders. Einen Vorbehalt gibt es aber: "Sollte Großbritannien nach dem Brexit Änderungen bei der Legitimation ausländischer Hochschulabschlüsse vornehmen, müsste die Gegenseitigkeit der Anerkennung wissenschaftlicher Doktorgrade neu justiert werden", sagt Enders. Doch bislang ist davon keine Rede.

Angesichts des KMK-Beschlusses, der es DBA-Absolventen auch nach einem EU-Austritt Großbritanniens erlauben wird, den deutschen Doktortitel zu führen, dürfte sich die School of International Business and Entrepreneurship (SIBE) an der Steinbeis-Hochschule in Herrenberg (Baden-Württemberg) in ihrer unternehmerischen Entscheidung bestätigt fühlen: Denn erst seit Anfang des Jahres führt die SIBE den DBA der Edinburgh Business School der Heriot-Watt University in ihrem Bildungsprogramm. "Wir bieten seit 25 Jahren Masterprogramme an - mit dem Fokus auf Anwendung in der Praxis. Deshalb ist das anwendungsorientierte Promotionsprogramm die logische Weiterentwicklung unseres Bildungsangebots", sagt Katharina Helm, Leiterin des DBA-Programms. Sie ist davon überzeugt, dass der DBA zunehmend bekannter wird. "Es drängen immer mehr Schulabsolventen an die Hochschulen", sagt sie. Wer dann nach dem Master an der Schnittstelle zur Praxis eine Doktorarbeit machen wolle, für den sei der DBA eine gute Möglichkeit.

© SZ vom 18.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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