Damen im Vorzimmer:Auf Augenhöhe mit dem Chef

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Chef und Sekretärin im Büro; Archivbild aus den 60er-Jahren. (Foto: Getty Images)

Von der Sekretärin zur Assistentin: Die Berufsbezeichnung hat sich ebenso geändert wie das Profil. Die Aufgaben im Vorzimmer sind viel anspruchsvoller geworden.

Von Benjamin Haerdle

Sie hilft im Vertrieb mit, organisiert Veranstaltungen, kümmert sich um das Facility Management, bloggt für die firmeneigene Webseite und assistiert den beiden Vorständen - Iris Hansen ist das, was man früher landläufig als Sekretärin bezeichnete. Heute ist sie offiziell Assistentin der Vorstände und Leiterin der internen Organisation bei einer mittelständischen IT-Beratungsfirma in Saarbrücken. Sie kümmert sich zudem um zahlreiche Aufgaben rund ums Personal: "Ich verantworte die Erstellung von Arbeitsverträgen, die Verwaltung der Personalakten und den ganzen Bereich Recruiting", berichtet Hansen. Außerdem entwirft und schaltet sie Stellenanzeigen, verhandelt mit Personaldienstleistern, kümmert sich um Facebook-Postings, organisiert Vorstellungsgespräche, um nur ein paar weitere Tätigkeiten zu nennen.

Ihr Beispiel zeigt, wie stark sich der Beruf in den vergangenen 20 Jahren verändert hat. "Das Berufsbild der Sekretärin hat sich stark gewandelt: Das Gespann aus Sekretärin und Chef, also etwa die klassische Chefsekretärin, findet man kaum noch in Reinform", bestätigt Hansen, die seit 18 Jahren als Sekretärin arbeitet und dafür einst eine Ausbildung als Europasekretärin machte.

Sekretärinnen werden in Stellenanzeigen heutzutage immer weniger gesucht, stattdessen Assistentinnen der Geschäftsleitung, Office-Managerinnen, Management- oder Projektassistentinnen oder schlicht Sachbearbeiterinnen. "Das bisherige Profil der Sekretärin wird den heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht", sagt Martin Mach, Produktmanager für den kaufmännischen Bereich bei der IHK Nürnberg für Mittelfranken. Eine Folge davon ist, dass mittlerweile auch die Wege ins Sekretariat vielschichtig sind. "Einen festen Berufsweg gibt es nicht, die Wege sind sehr unterschiedlich", sagt Mach. Die IHK hat darauf reagiert und bietet zum Beispiel die auf zwei Jahre angelegte Weiterbildung "Geprüfter Fachwirt für Büro- und Projektorganisation" an, die an zwei Abenden die Woche sowie gelegentlich samstags absolviert werden kann. Voraussetzung dafür ist, dass die Teilnehmer schon eine Ausbildung wie beispielsweise zur Kauffrau für Büromanagement gemacht haben und mindestens ein Jahr berufstätig waren. Sie lernen, wie sie etwa im stressigen Büroalltag effizient Entscheidungen treffen, mit Kunden umgehen oder den Einkauf von Waren organisieren. "Die Fachwirte sind damit in der Lage, Assistenz- und Sachbearbeitertätigkeiten zu übernehmen sowie größere Büros und Sekretariate zu koordinieren", sagt Mach.

Wer noch keine Ausbildung vorweisen kann, mit dem Beruf längere Zeit ausgesetzt hat oder als Quereinsteiger in das Büromanagement reingerutscht ist, kann seine Kenntnisse schrittweise über IHK-Zertifikatslehrgänge ausbauen. Abendkurse wie etwa der Managementassistent dauern neun Monate und sollen Fachwissen zur Arbeitsorganisation, zu Marketing, Zeitmanagement oder EDV vermitteln. Fehlt dann noch Spezialwissen, kann dies bei der IHK Nürnberg in eintägigen Seminare erworben werden. Themen sind zum Beispiel Zeitmanagement und Arbeitsplatzorganisation.

Ein vielfältiges Weiterbildungsmodell hat auch der Bundesverband Sekretariat und Büromanagement (BSB) mit Sitz in Bremen. Der Fachverband bietet zahlreiche Präsenzlehrgänge sowie zwei Fernstudiengänge an, die mit dem BSB-Zertifikat abschließen. "Welches Zertifikat die Teilnehmer machen möchten, hängt ganz davon ab, welche berufliche Richtung sie einschlagen", sagt BSB-Vorstandsvorsitzende Rosemarie Rehbein. Für den Einstieg in die Assistenz reiche eine kaufmännische Ausbildung vollkommen aus. Spezielleres Wissen könne man sich dann immer noch aneignen. So dauern Präsenzlehrgänge des BSB zwischen zwölf und 24 Monate, sind modular aufgebaut und können in Voll- und Teilzeit sowie berufsbegleitend absolviert werden.

Die Auswahl an Weiterbildungen ist enorm. Das gilt für den Präsenz- wie den Fernunterricht

Die Auswahlmöglichkeiten sind jedenfalls groß: Der BSB kooperiert bundesweit mit circa 30 Bildungseinrichtungen: Sie reicht vom Kommunikations- und Büroassistenten über den kaufmännischen Assistenten, den Office-Manager und Business-Assistenten mit Schwerpunkt SAP bis hin zum Managementassistenten, entweder mit Schwerpunkt Betriebswirtschaft oder Kommunikation. Wer noch keine Ausbildung vorzuweisen hat, kann mit Einsteigerkursen zur Sekretärin oder Büroassistentin starten. Lehrgänge zum Managementassistenten mit Schwerpunkt Kommunikation und zum Personalreferenten bietet der Fachverband auch im Fernstudium an, zum Beispiel an der Hamburger Akademie für Fernstudien, der Studiengemeinschaft Darmstadt oder der Fernakademie für Erwachsenenbildung. Das Studium dauert zwölf bis 18 Monate.

Immer wieder suchen Unternehmen für ihre Führungskräfte auch Assistenten mit Hochschulabschluss. BSB-Vorsitzende Rehbein sieht das eher skeptisch. "Meiner Meinung nach sind die Bachelor-Absolventen früher oder später in ihrer Funktion unterfordert und werden nicht lange im Unternehmen bleiben", sagt sie. "In der Regel braucht es für eine gute Assistenz kein Studium." Sinn könne es höchstens machen, wenn man danach ins Management aufsteigen oder eventuell selber den Firmenchef ablösen wolle.

Den Anspruch, Hochschulabsolventen als Sekretärinnen einzustellen, hatten Firmenchefs früher nicht. Vor einigen Jahrzehnten arbeiteten Sekretärinnen mehr oder weniger auf Zuruf, waren Befehlsempfängerinnen. "Selbständiges Denken war selten gefragt", sagt Rehbein, die selbst mehr als 20 Jahre als Assistentin bei unterschiedlichsten Unternehmen gearbeitet hat. Das Beherrschen des Zehnfingersystems, Stenografie, Termine eintragen, sehr gute Deutschkenntnisse, eine gewisse Verbindlichkeit, vielleicht noch gepaart mit einem gepflegten Aussehen - dies habe früher ausgereicht. "Wer als Assistentin nur darauf wartet, dass ihr Arbeit zugeteilt wird, wird es nicht weit bringen", betont die BSB-Vorsitzende. Initiativ und kreativ sein, mitdenken, im Team arbeiten zu können - das sei heutzutage das, was man im Büro erwarte.

Iris Hansen hat noch ein weiteres Beispiel parat, wie sich der Anspruch an eine Sekretärin geändert hat. Sie verantwortet zusätzlich zu ihren anderen Arbeiten in einem Projekt die Renovierung von Büroräumen und hat dafür die Budgetverantwortung. "Einen Berufsalltag gibt es kaum noch, jeder Tag sieht anders aus", sagt sie. Das sei schön und herausfordernd zugleich. Und es hat noch einen anderen erfreulichen Aspekt, wie die Sekretärin festgestellt hat. "Immer mehr Chefs nehmen uns als Partner auf Augenhöhe wahr, weil wir mehr Entscheidungen treffen und Verantwortung übernehmen."

Über die Aufgaben als Assistentin und zu Fortbildung en kann man sich mithilfe folgender Links informieren: bsboffice.de/derbsb, sekretaerinnen-verband.de, akadsek.de, seminare-fuer-sekretaerinnen.de, sekretaria.de

© SZ vom 16.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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