BWL-Studium:"Mit Auswendiglernen kommt man nicht weit"

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Markus Rudolf ist Rektor der privaten Wirtschaftshochschule WHU in Vallendar. Er erklärt, warum das Studium der Betriebswirtschaftslehre mehr ist als stumpfes Pauken und warum er sich keine Sorgen um sein Fach macht.

Interview von Moritz Schnorpfeil

Markus Rudolf ist BWLer durch und durch. Nach dem Abschluss als Diplom-Kaufmann an der Universität Trier und der Promotion in St. Gallen wurde er Professor an der WHU Otto Beisheim School of Management in Vallendar bei Koblenz. Seit fast vier Jahren leitet er die private Wirtschaftshochschule.

SZ: Professor Rudolf, Sie haben selbst BWL studiert. Waren Sie mit ihrem Studium zufrieden ?

Markus Rudolf: Ich hab vieles gelernt, was ich heute immer noch gebrauchen kann, und vieles nicht gelernt, was man gut gebrauchen könnte.

Zum Beispiel?

Im Vergleich zu Fächern wie Mathematik müssen Sie in der BWL viele weiche Dinge lernen - Führung, Verhandlung und Ethik zum Beispiel. Hier sind die Hochschulen zwar in der Verantwortung, Basiswissen zu vermitteln. Aber so richtig lernt man Soft Skills wie Führung und Verhandlung, glaube ich, erst in der beruflichen Praxis.

Wieso dann überhaupt BWL als theoretische s Fach studieren und nicht als duales Studium, wo die Praxiserfahrung gleich in die Ausbildung integriert wird?

Eine duales Bachelorstudium ist natürlich eine Möglichkeit, BWL zu lernen. Am Ende ist das eine Frage der persönlichen Präferenz. Beides funktioniert gut.

Wenn es vor allem um weiche Fähigkeiten geht - wieso wird dann so viel auswendig gelernt im BWL-Studium?

Sagen wir so: Es wurde früher garantiert noch mehr auswendig gelernt. Bei uns werden zum Beispiel nur noch rund die Hälfte aller Prüfungsleistungen über Klausuren abgefragt, die andere Hälfte sind kooperative Leistungen und Fallstudien. Und sogar von den Klausuren ist ein Teil "open book", das heißt, die Studierenden dürfen ihre Bücher in die Prüfung mitbringen. Mit Auswendiglernen kommt man da nicht weit. Es gibt aber noch immer Fächer, wo das angesprochene Basiswissen durch Auswendiglernen vermittelt wird.

Zu viele Fächer?

Ich glaube, dass das Verinnerlichen der ein oder anderen Theorie, etwa aus der Verhaltenspsychologie, durchaus hilft. Am Ende gilt hier die Freiheit der Lehre: Das ist jedem Dozenten selbst überlassen.

Die WHU ist aber ein Ausnahmefall, weil sie sich als Privatuni alternative Prüfungsformate überhaupt erst leisten kann.

Sicher ist das einer der Vorteile, den wir als Privatuni haben, der auch unser Studium so teuer macht. Bei uns ist die Teilnehmerzahl im Hörsaal auf 80 Leute begrenzt.

Trotz dem kritisiert zum Beispiel Benedikt Herles in seinem Buch "Die kaputte Elite" das "reine Schablonendenken" während seines WHU-Studiums.

Wir haben uns damals sehr intensiv mit dem Buch von Herrn Herles auseinandergesetzt. Wir haben uns auch mit dem Buch der Sadinam-Brüder auseinandergesetzt.

... drei Brüder, die in ihrem Buch "Unerwünscht" kritisieren, das WHU-Studium fördere geistige Engstirnigkeit ...

Aber um ehrlich zu sein, sind das die beiden einzigen Bücher, die so kritisch gegenüber der WHU sind. Unterm Strich ist meine Wahrnehmung, dass es wesentlich mehr Leute gibt, die uns gut finden, als solche, die uns nicht gut finden.

Wenn zum Beispiel Banken und Beratungen Nicht-BWLer einstellen, machen Sie sich dann keine Sorgen um Ihr Fach?

Nein. Es ist im Berufsleben einfach wichtig, dass interdisziplinär zusammengearbeitet wird. Trotzdem braucht es auch immer Leute, die wirklich kaufmännischen Verstand haben. Und ich glaube nicht, dass jemand, der einen zweiwöchigen BWL-Crashkurs gemacht hat, mithalten kann mit jemandem, der einen BWL-Bachelor und -Master gemacht hat. Ein Mini-MBA ist eben auch kein MBA.

Wie entwickeln Sie Ihr Studium weiter, damit BWLer auch künftig gefragt sind?

Da werden Sie an vielen Universitäten das Gleiche hören, aber es ist dennoch wichtig: Wir haben vor zwei Jahren ein Digitalisierungszentrum gegründet, und wir haben einen Chief Digitalisation Officer. In Zukunft soll kein Studierender die WHU verlassen, ohne substanzielle Digitalisierungserfahrung zu haben. Und damit meine ich nicht theoretisches Digitalisierungswissen, sondern auch ganz konkrete Tools wie Programmieren.

© SZ vom 11.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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