Bildungsgipfel:Merkel hofft auf Milliarden

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Kanzlerin Angela Merkel erwartet vom Bund-Länder-Gipfel zur Bildungspolitik deutlich höhere Ausgaben. Die SPD fordert Sozialarbeiter in Schulen.

R. Deininger, T. Schultz und S. Braun

Vor dem Bildungsgipfel an diesem Mittwoch in Dresden zeichnen sich der Inhalt des Abschlussdokuments ab. Bund und Länder könnten darin versprechen, die Bildungsausgaben langfristig deutlich zu erhöhen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung drängt Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Ministerpräsidenten zu einer Formulierung, wonach der Anteil der Ausgaben für Bildung und Forschung am Bruttoinlandsprodukt bis 2015 auf zehn Prozent steigen soll. Dafür wären zusätzliche jährliche Investitionen von mehr als 20 Milliarden Euro nötig. Derzeit beträgt der Anteil für Bildung 6,2 Prozent, für Forschung etwa 2,7 Prozent, zusammen also knapp neun Prozent.

Kanzlerin Merkel auf Bildungsreise: Nach dem Willen der Bundesregierung soll eine "Strategiegruppe" mit Vertretern von Bund und Ländern eingerichtet werden. (Foto: Foto: dpa)

In der "Dresdener Erklärung" soll die Zusicherung der Länder enthalten sein, die zu erwartende demographische Rendite - durch Geburtenrückgang eingesparte Mittel - möglichst in Bildung zu investieren. Nach dem Willen der Bundesregierung soll eine "Strategiegruppe" mit Vertretern von Bund und Ländern eingerichtet werden. Es handle sich um "Versuche, nach Außen noch etwas zu retten", hieß es aus der Staatskanzlei eines westdeutschen Landes in Anspielung auf das wochenlange Gezerre zwischen Bund und Ländern vor dem Gipfel.

Forderung nach Schulsozialarbeitern

Merkel lehnte es ab, den Ländern einen höheren Anteil an der Mehrwertsteuer zu überlassen, damit diese mehr Geld in die Schulen investieren können. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) warnte die Bundesregierung am Dienstag davor, "lediglich auf substanzlose Ankündigungen zu setzen". Die SPD-geführten Länder würden sich an der vorgeschlagenen Strategiegruppe nicht beteiligen, wenn es keine Zusagen für die Sozialarbeit an den Schulen gebe. Auch die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Doris Ahnen (SPD) bekräftigte die Forderung, dass der Bund und die Länder mit je einer Milliarde Euro Schulsozialarbeiter finanzieren sollen. Dies lehnt die Bundesregierung bisher ab.

Im Abschlusspapier des Gipfels soll auch die Absicht erklärt werden, die Zahl der Schul- und Ausbildungsabbrecher zu senken. Noch umstritten ist, ob konkrete Zielmarken genannt werden. Es gibt Widerstand von Länderseite gegen den Vorschlag, bis 2015 eine Halbierung der Schulabbrecher-Quote von acht auf vier Prozent und der jungen Erwachsenen ohne Berufsabschluss von 16 auf 8,5 Prozent zu versprechen. Um gefährdeten Schülern früher helfen zu können, sollen in der siebten Klasse "Kompetenzprofile" erstellt werden. Vor der Einschulung sollen durch Sprachtests Kinder erkannt werden, die besondere Hilfe benötigen. Möglich ist, dass der Bund sich bereit erklären wird, die Kosten für das Schulessen für Kinder aus Hartz-IV-Familien zu übernehmen.

Keine Krokodilstränen

Bund und Länder wollen zudem vereinbaren, den Hochschulpakt zu verlängern. Mit ihm sollen zusätzliche Studienplätze geschaffen werden, im Gespräch sind bis zu 275.000. Die Länder wollen auch einheitliche Voraussetzungen dafür schaffen, dass Meister und Fachwirte ohne Abitur studieren können. Migranten soll die Anerkennung von Abschlüssen aus dem Ausland erleichtert werden. Der Fachkräftemangel in Deutschland wurde am Dienstag durch eine Umfrage unter 1500 Unternehmen belegt, die der Verein deutscher Ingenieure (VDI) vorstellte. Derzeit gibt es demnach 150.000 offene Stellen für Ingenieure, Informatiker und Naturwissenschaftler.

Der SPD-Fraktionschef im Bundestag, Peter Struck, verlangte die "Offenlegung" einer Studie zur Wirkung von Studiengebühren. Am Montag waren Daten des Hochschul-Informations-Systems (HIS) bekanntgeworden, wonach 2006 bis zu 18.000 Abiturienten wegen der damals eingeführten Gebühren kein Studium aufnehmen wollten. Struck sagte, man dürfe keine "Krokodilstränen" über zu wenige Studenten vergießen und dabei "Studiengebühren als wesentliche Hemmschwelle" außer Acht lassen. Die Autoren der Studie relativierten am Dienstag die Ergebnisse. Es seien nur in geringem Ausmaß negative Effekte nachweisbar, hieß es. Bezogen auf alle Studienberechtigten hätten nur 1,5 bis 3,8 Prozent ein Studium wegen der Gebühren abgelehnt. Im Gegenzug hätten aber auch zwei Prozent gesagt, sie wollten zu einer Hochschule mit Studiengebühren gehen, weil sie sich dort eine bessere Ausstattung erhofften.

© SZ vom 22.10.2008/bön - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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