Bildungsexperte:"Spezialisten-Berufe sind besonders attraktiv"

Lesezeit: 2 min

Bei der Karriereförderung für Frauen hat die private Wirtschaft einen Vorsprung, sagt Hilmar Schmidt. Inzwischen engagiere sich auch der öffentliche Sektor auf diesem Gebiet. (Foto: OH)

In öffentlichen Verwaltungen und Forschungseinrichtungen steigt der Bedarf an hochqualifiziertem Personal.

Interview von Bärbel Brockmann

Hilmar Schmidt, 50, ist Geschäftsführer von Kienbaum Consultants International und dort verantwortlich für den Bereich Public Management und Non-Profit-Organisationen. Der promovierte Politikwissenschaftler und Soziologe erklärt, welche Entwicklungsmöglichkeiten sich jungen Leuten im öffentlichen Sektor bieten.

SZ: Wie sind die Karrierechancen im öffentlichen Dienst?

Hilmar Schmidt: Sehr gut. Es gibt immer häufiger Stellen, die nicht ohne Weiteres besetzt werden können, weil manche Aufgaben inzwischen herausfordernd geworden sind. Da entsteht Platz für Karrieren. Früher hatten wir praktisch keinen Wechsel in der öffentlichen Verwaltung, das kommt inzwischen immer häufiger vor. So werden Führungspositionen frei, für die geeignete Kandidaten in der freien Wirtschaft gesucht werden. Aber es gibt auch intern viel bessere Entwicklungsmöglichkeiten - wie etwa Nachwuchs- oder Trainee-Programme. Es wird mehr investiert, damit auch die eigenen Leute Karriere machen können.

Kann jeder Jung-Akademiker in den öffentlichen Dienst einsteigen?

Jeder gute Hochschulabsolvent hat diese Möglichkeit, ja. Aber nicht alle kommen bei den drei oder vier besonders beliebten Adressen unter. Die Guten haben alle eine gute Entwicklungschance, weil die Menge an qualifizierten Bewerberinnen und Bewerbern in den nächsten zehn Jahren wegen der demografischen Entwicklung insgesamt zurückgehen wird. Der Kampf um die Guten wird härter.

Welche Stellen sind besonders begehrt?

Besonders attraktiv sind Spezialisten-Berufe, in der Wissenschaft beispielsweise. Die Forschungseinrichtungen haben eine hohe Attraktivität für junge Leute bekommen. Es ist wieder interessanter, an der Hochschule zu bleiben. Für Juristen sind vor allem die Ministerien reizvoll, für junge Bewerber insgesamt das Auswärtige Amt. Mit der Zeit haben sich im öffentlichen Sektor ein paar Arbeitgeber entwickelt, die auch bei den Arbeitgeber-Rankings mittlerweile sehr gut dastehen.

Welche Bedeutung hat das Gehalt bei der Berufswahl?

Für manche Menschen ist Geld der ausschlaggebende Motivator. Es gibt aber eine weitere Tendenz, die das Geld etwas relativiert. Vielen Menschen geht es heute darum, dass sie in ihrem Beruf etwas Sinnvolles tun. Sie wollen Wirkung erzielen können. In einer Organisation zu arbeiten, die nicht profitorientiert tickt, sondern die einen gesetzlichen Auftrag hat oder gar eine Mission, das fasziniert junge Menschen zunehmend. Dennoch: Manche Stellen in Spezialfunktionen bleiben heute im öffentlichen Sektor tatsächlich unbesetzt, weil das Gehaltsgefüge auseinanderklafft. Deshalb prüft der Gesetzgeber immer wieder, ob die Stellenbewertung noch adäquat ist. Denn die Arbeitgeber im öffentlichen Sektor haben schon verstanden, dass sie auch am Gehalt drehen müssen, um die Stellen zu besetzen.

Warum sind Frauen in den öffentlichen Spitzenpositionen nach wie vor kaum zu finden?

Der Frauenanteil bei hochdotierten Stellen ist tatsächlich viel geringer als in der Privatwirtschaft. Das liegt insbesondere daran, dass die Wirtschaft deutlich früher damit begonnen hat, Frauen mit gezielten Programmen auf Top-Positionen vorzubereiten oder sie gleich für Top-Positionen zu rekrutieren. Im öffentlichen Dienst hat man das Thema Frauen in Führungspositionen lange nicht auf dem Schirm gehabt. Die Verwaltungen waren Vorreiter, wenn es darum ging, Beruf und Familie für Frauen unter einen Hut zu bekommen. Aber eine Frauen-Karriereförderung gab es nicht. Dennoch: Inzwischen ist die Prognose positiv. Der Frauenanteil in der Verwaltungsspitze steigt.

© SZ vom 06.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: