Bewerbermangel:Einladen und einstellen

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Prominente als Gastredner statt einfach nur "Tag der offenen Tür": Was sich Firmen im Wettbewerb um neue Mitarbeiter alles einfallen lassen müssen.

Von Barbara Sommerhoff

Früher reichte ein "Tag der offenen Tür", heute lassen sich neue Mitarbeiter nicht mehr so leicht ins Unternehmen locken. In vielen Branchen und Regionen sind Auszubildende und Fachkräfte ein knappes Gut. Arbeitgeber sehen sich daher zunehmend in der Rolle des Bewerbers um Nachwuchs und Fachpersonal. Das erfordert Fantasie und den Einsatz subtiler Mittel.

Junge Firmen aus der IT-Branche nutzen beispielsweise Gastredner, um sich als attraktive Arbeitgeber in Szene zu setzen. Der Unterschied zum Tag der offenen Tür: Während hier das Unternehmen seinen Namen einsetzt, um Schulabgänger oder Fachkräfte einzuladen - dieser Name also bei der Zielgruppe bekannt sein muss -, setzen die Firmen hier den Namen eines prominenten Redners als Zugpferd ein. Bekannte Buchautoren etwa, die rhetorisch stark und fachlich versiert sind, dienen als Magnet, um Interessenten für ein paar Stunden ins Unternehmen zu laden.

Dort erhalten die Besucher neben dem Fachvortrag einen Vorgeschmack auf das kulinarische Angebot, das ihnen täglich in der Kantine geboten würde, wenn sie denn als Mitarbeiter ins Unternehmen kämen. Wer will, kann bei einem Rundgang durch das Haus einen Blick auf die Gestaltung der Arbeitsplätze, die Kinderbetreuung oder weitere Arbeitgeberleistungen werfen. Ganz nebenbei soll der eine oder andere Besucher dann auch die Aushänge mit vakanten Jobs zur Kenntnis nehmen.

Die Botschaft "Wir suchen" läuft auf diesen Veranstaltungen quasi auf der zweiten Tonspur. Wer sich animiert fühlt von der Atmosphäre, hat die Möglichkeit, gleich am Ort ein unverbindliches Gespräch mit einem der Recruiter aus dem gastgebenden Unternehmen zu führen. "In Düsseldorf existiert eine sehr aktive Startup-Szene mit entsprechend hohem Personalbedarf", sagt die Düsseldorfer Personalberaterin Ines Dauth. Der neue Recruiting-Trend habe dazu geführt, dass nach dem "war for talents" nun ein regelrechter "war for speakers" eingesetzt habe.

Das spricht für den Erfolg des Konzepts und beschert ihm Nachahmer. Die Handwerkskammer Düsseldorf veredelte ihre "Tage der Technik" jüngst mit dem Astronauten und Publikumsliebling Alexander Geerst. "Der hat die jungen Leute begeistert", sagt Kammerpräsident Andreas Ehlert. Und genau das braucht das Handwerk: Pfiffige Ideen, mit denen die Branche ihr Image aufpoliert und den Nachwuchs auf die Chanchen im Handwerk aufmerksam macht. Wobei Ehlert betont, dass solche Ideen nur dann wirksam seien, wenn die Versprechen glaubhaft sind. "Es nutzt gar nichts, hippe Umgebungen zu inszenieren, wenn es die im Handwerk nicht gibt."

Das gilt auch für den Pflegebereich. Die Neigung junger Menschen, einen Beruf in der Pflege zu erlernen, ist eher gering. Was viel mit Unwissenheit zu tun hat, meint die Personalchefin der Diakonie Düsseldorf, Katja Quakatz. Um auf die Attraktivität der Diakonie als Arbeitgeber aufmerksam zu machen, plant die Personalleiterin einen "Energietag" für Pflegekräfte. "Wir bedanken uns an diesem Tag mit spannenden Aktionen bei unseren Mitarbeitenden für ihren täglichen Einsatz und versuchen gleichzeitig, über eine Bring-your-friend-Kampagne neue Mitarbeiter für uns zu begeistern." Am Abend feiern alle zusammen bei Live-Musik und Barbecue. "Dann lassen wir unsere Mitarbeiter als Unternehmensbotschafter für uns als Arbeitgeber sprechen", sagt Quakatz.

Auch die Versicherungsbranche weiß, dass man mit Speck Mäuse fängt. Die Arag, das größte Familienunternehmen in der deutschen Assekuranz, lädt Realschüler und Abiturienten einmal im Jahr zum " Arag Schools Day" ein. Die 16- bis 19-jährigen Teilnehmer erhalten einen Tag lang kostenlose Bewerbungstrainings und damit Kompetenzen, die sie nach ihrem Schulabschluss überall einsetzen können. Dafür, dass die Aktion auch etwas für ihren Initiator abwirft, sorgen die Azubis. Sie begleiten die Schüler durch den Tag und berichten von den Qualitäten ihrer Ausbildung bei der Arag.

"Wer sich als Arbeitgeber erfolgreich um gute Mitarbeiter bewirbt, muss Fantasie entwickeln", sagt Dauth. Beschäftigten, die sich beruflich neu orientieren wollen, rät sie, die Veranstaltungen der Firmen zu nutzen und sich ein Bild von den möglichen künftigen Arbeitgebern zu machen.

© SZ vom 05.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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