Berufsbild:In geheimer Mission

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Privatdetektiv ist kein Ausbildungsberuf, sondern ein Gewerbe, das theoretisch jedem offensteht, der Akribie, ein gutes Allgemeinwissen und Menschenkenntnis mitbringt.

Untreue Ehefrauen beschatten? Vermisste Angehörige aufspüren? Das kommt im Alltag von Detektiven eher selten vor. Ihre Aufträge bekommen sie meistens von Firmen, um etwa einen Fall von Spesenbetrug aufzuklären. Dafür brauchen sie Ausdauer, ein gutes Allgemeinwissen und Gründlichkeit. Und eine Eigenschaft, die sonst eher wenig zählt: Unauffälligkeit ist in ihrem Job Gold wert. "Der Detektiv muss sein wie James Bond", sagt Alexander Schrumpf, Privatdetektiv in Wiesbaden. Er passt sich wie ein Chamäleon der Umgebung an. Egal ob im Gespräch mit einem Professor oder einem Bauarbeiter: Er kann mit beiden reden und fällt nicht auf.

Privatdetektiv ist kein Ausbildungsberuf, sondern ein Gewerbe. Wer den Beruf ausüben will, braucht nicht zwingend eine Ausbildung. Ein Führungszeugnis reicht aus, um den Gewerbeschein zu bekommen. Trotzdem sind die Anforderungen an Berufseinsteiger hoch. Sie brauchen sehr viel Menschenkenntnis, sagt Raoul Oliver Classen, Privatdetektiv in Hamburg. Detektive müssen kommunikativ sein, sich schnell in verschiedene Bereiche einarbeiten und eine gute Auffassungsgabe haben. Zu ihren Aufgaben gehört es, zu beobachten, zu recherchieren und präzise Berichte zu schreiben.

Etwa 1500 Detekteien gibt es in Deutschland. Eine davon führt Alexander Schrumpf seit 1996 in Wiesbaden. (Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

Nach Angaben des Statistischen Bundesamts gibt es etwa 1500 umsatzsteuerpflichtige Detekteien in Deutschland. Schrumpf hat seit 1996 eine eigene Detektei. Nach dem Abitur machte er ein Praktikum und absolvierte parallel die Detektiv-Ausbildung an der Zentralstelle für die Ausbildung im Detektivgewerbe (ZAD). Von Vorteil für den Beruf ist laut ZAD-Leiter Andreas Heim eine kaufmännische oder juristische Ausbildung. Da als Privatdetektiv eine gewisse Lebenserfahrung wichtig ist, empfiehlt er den Einstieg frühestens ab 24 Jahren.

Zur Tätigkeit des Detektivs gehört vor allem die Recherche, etwa im Internet oder bei Befragungen "unter Legende". Dabei schleust er sich zum Beispiel in ein Unternehmen unter neuer Identität ein. Eine weitere Aufgabe ist die Beobachtung. Dabei sitzt Detektiv Schrumpf stundenlang, bei Hitze oder Kälte, im Auto und muss schon morgens um sechs Uhr hellwach und konzentriert sein.

Die große Mehrheit der Auftraggeber sind Unternehmen, die Probleme mit Kunden, Mitarbeitern oder Konkurrenten haben. Nur etwa zehn Prozent sind Privatpersonen, sagt Schrumpf. Häufig geht es bei der Ermittlungsarbeit für Unternehmen darum, Konkurrenzspionage, Diebstahl, Spesenbetrug und vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit aufzuklären. Die restlichen Fälle sind Aufträge von Privatpersonen - wenn es etwa um Unterhaltszahlungen, die Suche nach Erben oder die Hintergrundrecherche zu einer Person geht.

Mit fluoreszierendem Eisenpulver und einer UV-Taschenlampe macht Schrumpf Fingerabdrücke auf dem Fenster sichtbar. (Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

Ausbildungsmöglichkeiten in Voll- und Teilzeit gibt es bei privaten Bildungsträgern, Industrie- und Handelskammern (IHK) oder der Zentralstelle für die Ausbildung im Detektivgewerbe (ZAD). Die Dauer der Ausbildung liegt zwischen zwei Monaten und zwei Jahren. Quereinsteiger, die früher bei Polizei oder Bundeswehr gearbeitet haben, brauchen in der Regel nur eine Weiterbildung. Dort lernen sie, Berichte zu schreiben oder verdeckt zu fotografieren.

Wer Neueinsteiger ohne Ermittlerkenntnisse ist, kann an der ZAD einen Fernkurs belegen. Auf dem Lehrplan stehen etwa Straf-, Zivil- und Arbeitsrecht, Wirtschaftskunde, Kriminalistik, Beweisführung und Zeugentätigkeit, Informationsquellen und Unternehmensführung. Die angehenden Privatermittler lernen zum Beispiel, dass sie nicht mit einem Teleskop in eine Wohnung fotografieren und keine Abhörtechnik verwenden dürfen. Der Fernkurs dauert knapp zwei Jahre, als Intensivlehrgang zehn Monate, und kostet ungefähr 3500 Euro.

Auch ein Bürojob: Einen Großteil seiner Arbeitszeit verbringt Schrumpf mit Internetrecherchen über verdächtige Personen. (Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

Berufseinsteiger sollten sich darauf einstellen, auch am Wochenende im Einsatz zu sein, erläutert Detektiv Schrumpf. Er arbeitet jeden Tag etwa zehn Stunden und bringt am Wochenende die Buchhaltung auf den neuesten Stand. Viel Freizeit bleibt da nicht. Aber: "Den typischen Arbeitstag hat man nicht, das ist das Schöne am Beruf." Eine Preisbindung bei den Honoraren gibt es nicht. Schrumpf schätzt, dass in Deutschland der Stundensatz im Durchschnitt bei 65 Euro liegt - zuzüglich Mehrwertsteuer. Wer sehr fleißig und viel selbst im Einsatz ist, kann als Einzelunternehmer 3000 Euro netto im Monat verdienen.

Wie Schauspieler sollten auch Detektive am Anfang einen flexiblen Nebenjob für ihr Grundeinkommen haben. Gute Berufsaussichten haben Detektive, die sich spezialisieren - etwa auf die Observation, Archiv- und Aktenarbeit oder IT-Forensik. Wer will, kann bis ins hohe Alter tätig sein. Gerade Senioren, zum Beispiel mit einem guten Golf-Handicap, können gut als verdeckte Ermittler arbeiten, sagt Detektiv Classen. "Je älter, umso besser und weniger verdächtig." Auch Frauen sind in dem Job häufig im Vorteil. Sie haben es oft leichter bei Befragungen und sind wesentlich unauffälliger, etwa bei Scheinkäufen in einem Modegeschäft oder bei der Observation in der Nähe eines Kindergartens. Trotzdem sind nur etwa zehn Prozent der Detektive weiblich, so Schrumpf. Das ist dann ähnlich wie in der Literatur: Dort gibt es schließlich neben Miss Marple auch fast nur männliche Detektive.

Mareike Witte/dpa

Internet: Berufsbild bei der Bundesagentur für Arbeit, www.berufenet.arbeitsagentur.de ("Detekiv/in" in Suchfenster eingeben)

Ausbildungsinformationen des Bundesverbands Deutscher Detektive (BDD), www.bdd.de/beruf-detektiv

Berufsordnung für Detektive in Deutschland, www.z-a-d.de/ueberuns/berufsordnung

Bildungsangebote der Bundesagentur für Arbeit, www.kursnet.arbeitsagentur.de ("Detektiv/in" in Suchfenster eingeben)

© SZ vom 27.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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