Berufsbild:Baggern mit Gefühl

Lesezeit: 3 min

Baugeräteführer steuern Bagger, Kräne, Raupen und anderes schweres Gerät. Dafür brauchen sie Geschick und Durchsetzungsvermögen - und können schon als Azubis gutes Geld verdienen.

Von Verena Wolff/dpa

Sein Job sei der Traum eines jeden Mannes, sagt Johannes Erdtmann. Der 21-Jährige arbeitet als angehender Baugeräteführer mit großen, schweren Maschinen. Eine Ausbildung zum Verfahrenstechniker hat er bereits absolviert. "Aber den ganzen Tag im Büro zu sitzen, das ist nichts für mich." Also besann sich der Thüringer darauf, was ihm schon sein ganzes Leben lang Spaß macht: Bagger, Radlader, Planierraupen, Kräne. Und begann eine zweite Ausbildung bei der Strabag, einem Unternehmen für Verkehrswegebau mit Hauptsitz in Österreich.

Einen Beruf ergreifen, weil man Baustellen als Kind faszinierend fand? Das klingt naiv, ist aber genau die richtige Motivation, sagt Cornelia Vater. Sie ist die Leiterin der Abteilung Berufsbildung im Zentralverband Deutsches Baugewerbe. "Wer schon als kleines Kind gerne mit Spielzeugbaggern gespielt hat und heute an Baustellen stehen bleibt, weil ihn die Maschinen faszinieren, der sollte seine Leidenschaft zum Beruf machen."

Leute wie Johannes Erdtmann werden gesucht, sagt Rupert Hammerschmidt, Sprecher der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau). "Es gibt einen großen Mangel von Fachkräften, die diese Maschinen bedienen können." Im Inland wie im Ausland, auf kleinen Baustellen genauso wie auf den riesigen, wo Berge durchstoßen und Autobahnen gebaut werden. "Die Facharbeiter haben viel spezielles Wissen, das dort gebraucht wird."

Bagger und andere schwere Maschinen begeistern den angehenden Baugeräteführer Johannes Erdtmann schon sein ganzes Leben lang. (Foto: Jens-Ulrich Koch / dpa)

Dass sie dieses Wissen erlangen und den Umgang mit den schweren - und teuren - Geräten erlernen, dafür sorgt zum Beispiel Christian Weise. Er ist Ausbilder bei der Strabag und hat im hessischen Bebra 88 000 Quadratmeter Fläche, auf denen Baustellen simuliert werden. "Hier kann auch mal ein Fehler passieren, ohne dass das gleich eine Katastrophe ist", sagt er. Auf die echten Geräte kommen die Auszubildenden aber ohnehin erst, wenn sie die ersten Fertigkeiten im Simulator erworben haben.

Denn es geht in der Ausbildung auf den tonnenschweren Maschinen vor allem darum, wie man sie mit Gefühl bedient. "Die jungen Leute müssen die Angst verlieren und Routine bekommen." Von kleinen Baggern, die nur ein paar wenige Tonnen wiegen, geht es zu dem richtig schweren Gerät. "Und wenn man 30 Tonnen unter sich hat, dann sollte man damit auch umgehen können."

Wichtig ist laut Weise ein gutes Auge und räumliches Denkvermögen. Denn die Maschine ist der verlängerte Arm des Arbeiters. Um das ganze Ausmaß zu überblicken, braucht es zudem Wissen in Mathematik und Physik, vor allem in der Kräfteberechnung. "Der Beruf ist in der Theorie sehr umfangreich und anspruchsvoll", sagt Johannes Erdtmann. Einen guten Hauptschulabschluss setzt die Strabag bei ihren Anfängern voraus, besser noch die Mittlere Reife.

Einweisung ins Vermessungsgerät: Azubi Johannes Erdtmann (links) und sein Ausbilder Christian Weise auf dem Übungsgelände des Bauunternehmens Strabag. (Foto: Jens-Ulrich Koch/dpa)

Doch außer den Schulnoten und dem Abschlusszeugnis sind noch andere Eigenschaften wichtig, sagt Weise. "Man muss Spaß am Arbeiten haben und sollte keine Angst davor haben, sich schmutzig zu machen." Ängstliche und schüchterne Typen hätten es auf den Baustellen schwer, denn als Baugeräteführer "hat man einen Job mit Verantwortung und muss sich durchsetzen". Und auch wenn es erst mal nicht so klingt: Es gibt auch Frauen in dem Job, "und die sind meist sehr gut", sagt Weise.

Eigenbrötler sind dagegen auf Baustellen nicht so gut zu gebrauchen, denn es wird immer im Team gearbeitet. "Ich bin nie allein, darum muss ich schon Interesse an der Kommunikation haben." Auch die Maschinen selbst sollten für angehende Baugeräteführer interessant sein: "Zu den Aufgaben eines Baugeräteführers gehören auch die Kontrolle der Maschinen und das Beheben von Störungen und Fehlern", sagt Cornelia Vater.

Viel Zeit verwenden Azubis in den Lehrjahren für das Sammeln von Scheinen. Denn für jedes Baugerät gibt es eine Art Führerschein, so wie bei den verschiedenen Lastwagentypen. "Jede Maschine hat ihre Besonderheiten", erklärt Weise. Und die muss man mit der Zeit lernen. Jeder Schein folgt dabei einer europäischen Norm, sodass die Fachleute überall einsetzbar sind.

Ein Mindestalter für den Beginn der Ausbildung gibt es nicht, auch ein regulärer Führerschein ist keine Pflicht. "Wenn sie fertig sind, sind sie auf jeden Fall volljährig", sagt Weise. Auf dem Weg dahin verdienen angehende Baugeräteführer gutes Geld: Im ersten Ausbildungsjahr gibt es laut den Beispielwerten der Bundesagentur für Arbeit 705 bis 785 Euro, im dritten und letzten 1130 bis 1410 Euro.

Und beim Facharbeiter ist noch nicht Schluss: Fertige Azubis können sich zum Polier oder Baumaschinenmeister weiterbilden oder einen Techniker machen. Auch ein Studium ist möglich, bei einem Unternehmen oder unabhängig davon. Eine weitere Variante ist laut Hammerschmidt, sich auf ein Gerät zu spezialisieren und es selbst zu kaufen - und dann als Freiberufler auf Baustellen im Einsatz zu sein.

© SZ vom 11.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: