Beruf Pilot:Kampf gegen den Schlaf

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Zehn Stunden fliegen, 30 Minuten Pause, Schlaf mitten am Tag: Piloten und Airlines streiten über Arbeitsbedingungen. Gesundheit der Kapitäne und Sicherheit der Kunden stehen auf dem Spiel.

J. Flottau

Es ist einer dieser Dienste, bei denen Piloten an ihre Grenzen gehen müssen. Abflug um 20.15 Uhr in Frankfurt, nach knapp zehn Stunden Landung auf den Seychellen um 8.05 Uhr Ortszeit. Tagsüber versuchen, ein paar Stunden Schlaf zu finden, obwohl der Biorhythmus auf Wachsein eingestellt ist. Abends um 23.15 Uhr Start nach Frankfurt - und nach weiteren zehn Stunden Nachtflug ist morgens um 6.55 Uhr der Einsatz vorbei.

Pilot am Flughafen Düsseldorf: Der Beruf ist geprägt von extrem langen Dienstzeiten oder zu kurzen Pausen. (Foto: Foto: ap)

Der Dienst gehört zum Alltag der Besatzungen bei einer deutschen Ferienfluggesellschaft. Es sind Einsatzpläne dieser Art, die eine von der europäischen Flugsicherheitsbehörde (EASA) in Auftrag gegebene Studie mit Blick auf die Gesundheit der Piloten und die Sicherheit der Passagiere kritisiert. Die befragten Wissenschaftler verweisen auf oft extrem lange Dienstzeiten oder zu kurze Pausen, in denen sich die Piloten nicht erholen könnten.

15 bis 20 Prozent mehr Piloten

Die Studie sollte bestimmen, ob die derzeit in Europa gesetzlich maximal zulässigen Dienstzeiten zumutbar sind. Sie kommt zu dem Ergebnis: teilweise nicht. Das Papier ist eine der Diskussionsgrundlagen für eine neue europäische Richtlinie. Bislang gelten immer noch weitgehend nationale Auflagen der Mitgliedsländer und darüber hinaus die Regelungen, die Fluggesellschaften und Piloten in ihren Tarifverträgen getroffen haben.

Die Industrie läuft bereits Sturm gegen die Vorschläge. Der Branchenverband Association of European Airlines (AEA) wirft den Autoren falsche Methoden und Befangenheit vor. Die Schlussfolgerungen stünden "im Widerspruch dazu, dass wir seit Jahrzehnten sicher fliegen". Die Aufregung hat einen eindeutigen Grund: Die Fluggesellschaften befürchten, dass ihre Kosten deutlich steigen. Nach AEA-Schätzungen müssten sie 15 bis 20 Prozent mehr Piloten beschäftigen, wenn sie alle Forderungen erfüllen.

Hinter den Kulissen tobt deswegen ein Kampf der Lobbyisten, über dessen Heftigkeit man bei der EASA erstaunt ist. Ein Sprecher der Behörde verweist darauf, dass nun ein "normaler Konsultationsprozess" folge. Wegen der Europawahlen sei frühestens Ende des Jahres mit konkreten Inhalten einer Richtlinie zu rechnen.

Auf der nächsten Seite: Warum die Charterfluggesellschaften ein echtes Problem bekommen werden und ob der Langstreckenbetrieb zusammenbrechen würde.

Aktive Lufthansa

Auch die Lufthansa ist beim Kampf gegen die neuen Regeln sehr aktiv, obwohl sie selbst von allen Airlines mit am wenigsten betroffen wäre. Sie setzt auf allen Flügen, die länger als etwa neuneinhalb Stunden sind, einen zusätzlichen Piloten ein. Damit können sich die Besatzungen im Cockpit abwechseln - jeder bekommt einige Stunden Pause und kann sich schlafen legen. Einem Sprecher zufolge wären aber auch bei der Lufthansa besonders lange Strecken mit den neuen Regeln nicht mehr möglich, die Airline fühlt sich gegenüber der außereuropäischen Konkurrenz benachteiligt, für die die Richtlinie nicht gelten würde.

"Dass der gesamte Langstreckenflugbetrieb zusammenbrechen würde, wenn man die Vorschläge umsetzt, ist einfach Unsinn", sagt indes Carsten Reuter, der bei der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) eine Arbeitsgruppe zu dem Thema Flugdienstzeiten leitet. "Aber die Charterfluggesellschaften bekommen ein echtes Problem." Die Interessenvertretung fordert, dass "der Gesetzgeber die Studie berücksichtigt". Am Ende werde es dann auf eine Diskussion hinauslaufen, die in der offiziell stur auf Sicherheit getrimmten Branche verpönt ist: Es müssten Sicherheit und Kosten gegeneinander abgewogen werden.

© SZ vom 22.4.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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