Assistenz:Auf dem Sprung

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(Foto: Carsten/Three Lions/Getty)

Viele klassische Aufgaben im Sekretariat sind weggefallen, andere sind anspruchsvoller geworden. Wer sich engagiert und gefördert wird, kann ins Projektmanagement aufsteigen.

Von Gunda Achterhold

Kaffee kochen und dem Chef den Rücken freihalten - ja, auch das gehört bis heute zu den Aufgaben einer Sekretärin. Doch das Berufsbild hat sich gewandelt. Neben der klassischen Büroorganisation wie Ablage, Korrespondenz oder Terminplanung übernehmen Assistentinnen, hier und da auch Assistenten, anspruchsvolle Aufgaben: Sie planen Geschäftsreisen, bereiten Meetings vor, verwalten Budgets, organisieren Events.

Gefragt sind selbständig agierende Assistenten, die auch in turbulenten Zeiten den Überblick behalten, flexibel sind und das Unternehmen positiv repräsentieren können. Denn die Dynamik im Berufsalltag der Manager nimmt zu, der Druck steigt, und Entscheidungen müssen schnell getroffen werden. Das alles fordere ein Höchstmaß an fachlicher Leistung, Motivation und Einfühlungsvermögen, sagt Andrea van Harten, Vorstandssekretärin bei der Deutschen Bank. "Zudem verfügt man über sehr viel Wissen, mit dem man verantwortungsvoll umgehen muss."

Die Ansprüche sind also hoch. Zugleich nehmen die guten Geister im Vorzimmer nach wie vor eine eher dienende Funktion ein. Es gehört zu ihrem Job, sich voll und ganz auf die Bedürfnisse ihrer Vorgesetzten einzustellen und möglichst geräuschlos deren Alltag zu planen. Eine Haltung, die der eigenen Karriere im Weg stehen kann. "Viele Assistenten bringen sich intensiv in diverse Projekte ein, sind jedoch oftmals nicht in der Lage, ihre Leistung nach außen sichtbar zu machen", sagt van Harten. "Sie vertun damit die Chance zu zeigen, was sie können." Die Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes Sekretariat und Büromanagement sieht die beruflichen Perspektiven dennoch positiv: "Eine Assistenz kann ein Sprungbrett sein." Wer Einsatz zeigt, sich kontinuierlich weiterbildet und Aufgaben im Projektmanagement übernimmt, hat gute Chancen, in eine andere, anspruchsvollere und besser vergütete Position zu gelangen.

Andrea van Harten beobachtet verschiedene Wege, über die sich Kolleginnen beruflich weiterentwickeln. Ganz klassisch über die Karriere des Vorgesetzten, der aufsteigt und seine Assistentin mitnimmt. Andere nutzen ihre langjährigen praktischen Erfahrungen und machen sich als Trainerin selbständig oder gründen Beratungsunternehmen. "Entscheidend ist die Fähigkeit zur Reflexion der eigenen Fähigkeiten", sagt van Harten. "Im Laufe der Berufsjahre lernt man viel dazu. Neue Kompetenzen an sich zu erkennen und auszubauen, das ist für mich der Schlüssel zum Erfolg."

In welche Richtung es gehen kann, hängt natürlich auch von der ursprünglichen Ausbildung ab. Speziell für Hochschulabsolventen ist der Einstieg in die Assistenz der Geschäftsführung vielversprechend. "In der Unterstützung des direkten Vorgesetzten gewinnen sie einen Gesamtüberblick auf die Organisation, Themen und Strukturen eines Unternehmens", sagt Jörg Breiski von der Unternehmensberatung Kienbaum in München. Sie lernen den Markt kennen, sind in das Netzwerk der Geschäftsleitung eingebunden und werden inhaltlich gefordert. "Das ist gelebte Praxis", sagt Breiski. "In der Geschäftsführung entwickeln Assistenten Expertise und finden eine perfekte Bühne, um sich und ihre Leistungen auch nach außen zu präsentieren."

Das Einkommen variiert stark, je nach Position. Assistenten der Geschäftsführung verdienen nach Berechnungen von Kienbaum zwischen 40 000 und 60 000 Euro im Jahr. Sekretärinnen oder Teamassistentinnen, die für mehrere Führungskräfte oder ganze Abteilungen arbeiten, bringen zwischen 41 000 und 47 000 Euro im Jahr nach Hause. Wer es ins Top-Management schafft, kann auf ein Jahresgehalt von mehr als 70 000 Euro kommen. Die Gehaltshöhe hängt auch von Faktoren wie Berufsjahren, Region, Branche oder variablen Vergütungsmodellen wie Boni oder Prämien ab. Berufseinsteiger im Office-Management backen jedoch erst einmal kleine Brötchen. Ihr Jahresgehalt liegt nach Angaben des Personaldienstleisters Robert Half in den ersten zwei Jahren unter 30 000 Euro.

Wie schnell es beruflich aufwärts geht, hängt stark vom Wohlwollen des Chefs ab. Nicht jeder schätzt es, wenn Assistenten Ambitionen entwickeln. Denn der Weg zu mehr Verantwortung ist in der Regel mit einem höheren zeitlichen Einsatz verbunden - und der könnte auf Kosten des Vorgesetzten gehen, so die Befürchtung. "Auf der anderen Seite ist es auch eine Typfrage", sagt Breiski. Er beobachtet, dass sich Assistenten in ihrer klassischen Funktion oft sehr wohl fühlen und ihre Position gar nicht verändern wollen. Andere haben die Motivation und den Willen, mehr zu geben. "Sie gehen in unterstützender oder koordinierender Funktion in Projekte und machen ihre Leistungen auf diese Weise sichtbar", sagt der Kienbaum-Berater. Wer sich aus einer Assistenz heraus weiterentwickeln will, sollte Eigeninitiative ergreifen und ehrgeizige Pläne nicht für sich behalten. Da sind dann auch mal klare Worte beim Jahresgespräch fällig. "Wenn ein Mitarbeiter zu mir kommt und sagt, er würde gerne stärker mitgestalten wollen, dann bin ich dabei", sagt Breiski. "Zeigen Sie mir den Vorgesetzten, der das Potenzial an dieser Stelle nicht nutzt!"

© SZ vom 16.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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