Arbeitslose Topmanager:Ich doch nicht

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Führungskräfte können sich an die Management-Vermittlung der Arbeitsagentur wenden - doch das fällt ihnen oft schwer. Oft muss erst mal psychologische Aufbauarbeit geleistet werden.

Interview von anne-ev ustorf

Frank Wartzek ist Berater in der Managementvermittlung der Bundesagentur für Arbeit. Die in Bonn ansässige Dienststelle der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung, kurz ZAV, soll hochqualifizierten Führungskräften gezielt ins Berufsleben zurückhelfen - und muss dabei oft erst mal psychologische Aufbauarbeit leisten.

SZ: Herr Wartzek, vor Ihnen sitzen täglich arbeitssuchende Vorstände, Geschäftsführer oder Bereichsleiter. Welchen Service bieten Sie diesen Klienten?

Bei uns geht es ja nicht um Lohnersatzleistungen, sondern nur um Beratung. Wir machen mit unseren Klienten eine Standortbestimmung und helfen ihnen, ihre Bewerbungsstrategie zu optimieren und sich auf dem offenen und verdeckten Arbeitsmarkt zu bewegen. Und wir erstellen gemeinsam die Bewerbungsunterlagen. Viele unserer Kunden wissen gar nicht mehr, was sie alles können oder wie man sich überhaupt bewirbt. Und manche haben als Personalleiter ganz eigene Vorstellungen von Lebensläufen.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit Ihren Kunden?

Unterschiedlich. Bei manchen müssen wir einfach sagen: Sortiert euch erst mal, es hat keinen Sinn, mit einer offenen Wunde ins Bewerbungsverfahren zu gehen. Für viele ist der Jobverlust ein harter Schlag ins Gesicht, etwa, wenn sie ein Unternehmen mit aufgebaut haben. Anderen gegenüber müssen wir uns beweisen. Da gibt es viele Vorurteile der Bundesagentur gegenüber. In der Regel verläuft die Zusammenarbeit aber produktiv. Wer uns kontaktiert, tut das ja freiwillig.

Dabei kommen Sie - und der Großteil der Berater bei der ZAV - selbst aus der Wirtschaft.

Richtig, wir waren fast alle in Führungspositionen bei Personalberatungen oder Headhuntern. Das ist auch wichtig, bei unseren Klienten braucht es ein spezielles Fachwissen und eine empathische Ansprache.

Wie stehen die Chancen für Ihre Klienten, einen neuen Job zu finden?

Es kommt auf die Branche an. Bei den Medien, den Verlagen und den Finanzdienstleistungen ist es besonders schwer, weil sie primär von Stellenabbau geprägt sind. In den Bereichen Pharma, Maschinenbau, Bildung, Gesundheit, technischer Vertrieb sieht es ganz gut aus. Wenn jemand bereit ist, Abstriche zu machen, klappt es oft besser. Aber umso länger jemand arbeitslos ist, umso schwieriger wird es. Dann beraten wir dahingehend, sich den Arbeitsplatz selbst zu schaffen, durch Selbständigkeit oder die Gründung eines Unternehmens.

Was raten Sie jungen Führungstalenten, die ihre Positionen gern lange behalten wollen, um gar nicht erst bei Ihnen zu landen?

Die neuen Führungskräfte sollten über technologisches Verständnis, Flexibilität und gute Kommunikationsfähigkeiten verfügen. Bald wird es keine Trennungen mehr geben in fachliche und disziplinarische Führung, alles wird aus einer Hand kommen. Im Zuge der Internationalisierung wird auch die interkulturelle Kompetenz immer wichtiger: Schon heute müssen Führungskräfte auch Teams in anderen Ländern leiten. Besonders zukunftsträchtige Branchen sind Bildung und Gesundheit. Wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich mich dahin orientieren.

© SZ vom 30.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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