Arbeitgeber Deutsche Bahn:Jobs mit Anschluss

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Die Deutsche Bahn will in diesem Jahr 25 000 neue Leute einstellen - trotz Corona-Krise. Gesucht sind längst nicht nur Schaffner, Gleisbauer und Lokführerinnen. Vierzehn Berufe im Überblick.

Von Marco Völklein

Auf Kerstin Wagner und ihr Team kommt viel zu: Etwa 25 000 neue Beschäftigte will die Deutsche Bahn in diesem Jahr in Deutschland einstellen. Nun muss sie wegen der Coronakrise jede Menge Recruiting-Veranstaltungen absagen und Praxistage in Online-Events umbauen. Doch das Virus ändert nichts an der Tatsache, dass der Bedarf riesig ist: In den nächsten zehn bis zwölf Jahren wird sich jeder Zweite der gut 200 000 Mitarbeiter im Inland in den Ruhestand verabschieden, auch die Konkurrenten der Deutschen Bahn (DB) suchen dringend Lokführer, Zugbegleiter und Werkstattmitarbeiter.

Der Bedarf - auch an Ingenieuren und IT-Experten - entsteht unter anderem, weil die Politik mittlerweile dem Schienenverkehr im Kampf gegen den Klimawandel eine wichtige Rolle zuschreibt. Kerstin Wagner leitet bei der DB das Personalmarketing und Recruiting. Mit Social-Media-Kampagnen, Bewerbungstouren im Wohnmobil oder Spontan-vorstellungsgesprächen bei "Tagen der offenen Tür" versucht ihr Team, Menschen für die Jobs auf der Schiene zu begeistern. "Das Schöne ist", sagt Wagner, "dass es bei der Bahn so viele unterschiedliche Berufe gibt." So bildet die DB in 50 verschiedenen Berufen aus, insgesamt gibt es 500 Berufe bei dem Konzern. Darunter sind Klassiker wie Lokführer, Fahrdienstleiter oder Busfahrer. Aber auch Exoten können auf der Schiene unterkommen. Hier eine Auswahl:

1. Lokführer

Lokführer steuern die Züge - sei es im Regional-, im Fern- oder im Güterverkehr. Ohne die Triebfahrzeugführer, so die offizielle Bezeichnung, geht nichts auf der Schiene. Aber nicht nur die DB sucht dringend Lokführer , auch deren Konkurrenten im Regional- und Güterverkehr benötigen dringend Leute für ihre Führerstände. Deshalb rekrutieren viele Firmen auch Quereinsteiger aus anderen Berufen. Gefragt sind vor allem technisches Verständnis und die Bereitschaft, im Schichtdienst zu arbeiten. Der Verdienst liegt, je nach Berufserfahrung, laut DB bei 42 000 bis 51 000 Euro im Jahr.

2. Fahrdienstleiter

Eine ähnlich wichtige Schlüsselposition wie Lokführer besetzen die Fahrdienstleiter. Sie steuern von den Stellwerken aus die Signale und Weichen; ohne dass ein Fahrdienstleiter ein Signal auf grün stellt, fährt kein Zug in Deutschland. Die Technik in den Stellwerken ist vielseitig: Es gibt an zahlreichen Strecken noch Handhebelstellwerke aus der Kaiserzeit, in denen Muskelkraft gefragt ist. In Relaisstellwerken arbeiten Fahrdienstleiter an großen Stellpulten, und in modernen Betriebszentralen werden die Signale und Weichen vom Computer aus per Mausklick bedient. Auch hier ist der Bedarf immens, auch hier bietet die DB Quereinsteigern eine Chance. Technisches Verständnis hilft weiter, gearbeitet wird ebenfalls im Schichtdienst rund um die Uhr.

3. Gleisbauer

Gleisbauer sorgen dafür, dass das Rad rollen kann. Und sie werden in den nächsten Jahren und Jahrzehnten viel zu tun haben: Weil die Politik in der Vergangenheit zu wenig Mittel für Neubau und Unterhalt der Schienenwege bereitgestellt hatte, hat sich mittlerweile ein "Investitionsstau" gebildet. Um den aufzulösen, stellt der Bund nun deutlich mehr Geld zur Verfügung - und das muss nach und nach verbaut werden. Gefragt sind daher nicht nur Gleisbauer, die meist mit schweren, oft halbautomatisch arbeitenden Bauzügen durch die Republik rollen und alte Schwellen, Schienen und Schotter durch neue ersetzen, sondern beispielsweise auch Signal- und Weichenmechaniker.

4. Schienenfahrzeuginstandhalter

Auch das rollende Material muss gepflegt und gewartet werden - das übernehmen die Schienenfahrzeuginstandhalter in den Werken der Bahnbetreiber. Gesucht sind zum Beispiel Schlosser, Mechatroniker und Elektriker, die die Lokomotiven, Waggons und Triebzüge in Schuss halten, nicht nur bei der DB, sondern auch bei den vielen Betreibern von Regionalzügen wie Abellio oder Transdev. Die Arbeit in den Werken ist vielfältig: Gearbeitet wird dort an großen Motoren und schweren Drehgestellen ebenso wie an der Software, die gerade in den modernen Triebzügen eine wichtige Rolle spielt.

5. Bauingenieure

Marode Brücken müssen ersetzt, alte Bahnsteige saniert, zusätzliche Schienenwege geplant und realisiert werden - der Bedarf an Bauingenieuren ist riesig, die Gruppe zählt zu den "Engpassberufen", wie das Bahn-intern heißt. Deshalb wirbt der Konzern derzeit unter anderem mit großen Reklamesäulen auf Umsteigebahnhöfen um Ingenieure und stellt sich selbst als "größtes Ingenieurbüro Deutschlands" dar. Etwa 1000 Ingenieure sucht die DB allein in 2020, in den nächsten Jahren dürfte der Bedarf ähnlich hoch sein.

6. Bauüberwacher

Eng verknüpft mit der Arbeit der Bauingenieure ist die Tätigkeit der Bauüberwacher - auch die werden bei nahezu jedem Bauprojekt benötigt. Sie achten zum Beispiel als kaufmännische Projektmanager darauf, dass die Kosten einigermaßen im Rahmen bleiben oder halten als Bauprojektleiter bei Großprojekten alle Fäden in der Hand. Wichtig auch: Gerade bei umstrittenen Bauprojekten sind sie Ansprechpartner für die sogenannten Stakeholder, also beispielsweise Anwohner, Naturschützer oder Lokalpolitiker.

7. Umweltplaner

Nicht selten leben dort, wo die Bahn zum Beispiel eine neue Gleistrasse errichten oder eine bestehende Abstellanlage erweitern will, geschützte Wildbienen, seltene Schmetterlinge oder Reptilien. Umweltplaner kümmern sich dann bei Bauvorhaben um den Schutz von Flora und Fauna, planen neue Lebensräume für geschützte Arten und fertigen unter anderem sogenannte landschaftspflegerische Begleitpläne an. Biologen und Geoökologen sind für diese speziellen Tätigkeiten unter anderem gesucht.

8. Fachkräfte für Schutz und Sicherheit

Neongelbe Weste, schwere Stiefel, Handschellen und Schlagstock am Gürtel und auf dem Rücken der Schriftzug "DB Sicherheit": Fachkräfte für Schutz und Sicherheit sorgen für Ordnung im und um den Bahnhof, laufen Streife und sind in den Zügen präsent. Muss ein Bahnhof geräumt werden, beispielsweise wegen eines Feueralarms, sind die bundesweit 4000 Männer und Frauen der DB Sicherheit zur Stelle. Sie bewachen zudem Güterzüge sowie Gebäude und gehen nachts auf Jagd nach Graffiti-Sprühern. Die Ausbildung dauert drei Jahre.

9. Drohnenpiloten

Die Sicherheitsfachkräfte können sich seit Kurzem auch weiterbilden lassen, beispielsweise zum Drohnenpiloten. Mit ihren Multikoptern machen sie Luftaufnahmen zum Beispiel von Brücken, Dächern und Abstellanlagen, um zu überprüfen, wie intakt die Bauwerke noch sind. Aber auch zur Gefahrenabwehr oder zum Drehen von kurzen Werbefilmen kommen die Drohnen zum Einsatz.

10. Data-Scientists

Der Eisenbahnbetrieb fußt seit jeher auf eine Menge an Daten, vor allem auf denen im Fahrplan. An- und Abfahrtszeiten, Soll- und Ist-Zeiten. Hinzu kommen mehr und mehr Daten zur Wetterlage oder zur Auslastung der Züge. All diese Daten nutzen Data-Scientists, um neue Angebote für die Fahrgäste zu entwickeln - zum Beispiel Apps fürs Smartphone, die dann genauere Prognosen zu Umsteigezeiten und Anschlusszügen generieren. Künftig wird, so heißt es bei der DB, künstliche Intelligenz eine große Rolle bei der Verarbeitung dieser Daten spielen. Wer also Kenntnisse rund ums maschinelle Lernen, Statistik und Programmierung mitbringt, hat gute Chancen in diesem Bereich.

11. Software-Tester

Eng verbunden damit ist die Tätigkeit der Software-Tester. Sie sind laut Bahn "die Detektive unter den IT-Spezialisten", müssen sie doch den Code und die Funktionalität von Software überprüfen. Der Software-Tester kommt dann zum Einsatz, wenn die Aufgabe der Programmierer beendet ist und die neue App, das Programm oder die Internetseite freigegeben werden soll. Voraussetzungen sind unter anderem sehr gute Kenntnisse in der Informationstechnik und in verschiedenen Skript- oder Programmiersprachen. Auch Geduld und Durchhaltevermögen sollte man mitbringen, weil die Software bis in den letzten Winkel getestet werden muss. Allein bei der IT-Tochter der DB sind derzeit etwa 300 Software-Tester im Einsatz, gesucht werden in diesem Jahr laut Wagner insgesamt 1100 IT-Experten.

12. Stromeinkäufer

Die Bahn braucht Strom - künftig noch viel mehr, weil sie mehr ICE- und IC-Züge auf den Fernstrecken einsetzen will und die Verkehrspolitiker das Ziel gesetzt haben, weitere Strecken zu elektrifizieren. Stromeinkäufer bei der Tochter DB Energie beschaffen den Bahnstrom und stellen die Versorgung der Züge, Bahnhöfe, Stellwerke und weiterer Anlagen sicher. Stromhändler kennen sich besten aus auf den Strommärkten und den globalen Beschaffungskreisläufen. Täglich analysieren sie Angebot und Nachfrage an den virtuellen Strombörsen und handeln mit den Anbietern Preise aus.

13. Vegetationspfleger

Vor Kurzem erst pfiff das Sturmtief Sabine über das Land; Bäume und Äste krachten in Oberleitungen und blockierten Strecken. Vegetationspfleger sollen dafür sorgen, dass dies künftig weniger oft geschieht. Sie schneiden mit Motorkettensägen und Freischneidern Bäume, Hecken und Gräser zurück. Und sie achten darauf, dass die Signale sichtbar bleiben. Das ist eine großes Aufgabenfeld: Das Streckennetz der DB umfasst mehr als 33 000 Kilometer. Voraussetzung ist eine abgeschlossene Berufsausbildung als Forstwirt oder Gärtner mit Fachrichtung Garten- und Landschaftsbau.

14. Busfahrer

Was viele nicht wissen: Die DB zählt mit ihren bundesweit 26 regionalen Busgesellschaften zu den größten Betreibern von Busflotten in Deutschland. Entsprechend gesucht sind Busfahrer, übrigens nicht nur bei der DB, sondern auch bei vielen kommunalen oder privaten Verkehrsunternehmen. Seitdem die Wehrpflicht vor neun Jahren ausgesetzt wurde und damit die Bundeswehr als "Fahrschule der Nation" wegfiel, tut sich die Branche schwer mit der Nachwuchsgewinnung. Quereinsteiger haben daher eine Chance: In München versucht der kommunale Busbetreiber MVG, Paketboten oder Friseurinnen zum Wechsel hinters Bus-Lenkrad zu bewegen.

© SZ vom 21.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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