Arbeitgeber Bundeswehr:In Zivil und in Uniform

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Bei der Bundeswehr arbeiten viele Techniker und IT-Spezialisten. Hier bedient Simon Stadler von der Wehrtechnischen Dienststelle 81 ein Labormessgerät. (Foto: Stephan Ink/dpa)

Landesverteidigung, Logistik, Auslandseinsätze und Wartung: So groß wie die Aufgaben der Bundeswehr ist auch ihr Personalbedarf, besonders im Bereich Technik und IT.

"Mach, was wirklich zählt!" Mit Slogans wie diesem wirbt die Bundeswehr derzeit für Berufsmöglichkeiten bei Heer, Marine und Luftwaffe. Seit der Abschaffung der Wehrpflicht kommt der Nachwuchs schließlich nicht mehr automatisch. Die Bundeswehr muss nun wie jeder andere Arbeitgeber um Mitarbeiter werben.

Doch ist die Bundeswehr tatsächlich ein ganz normaler Arbeitgeber? Zumindest besteht sie längst nicht nur aus Soldatinnen und Soldaten. Von denen gibt es zwar jede Menge: Etwa 170 000 sind zurzeit in In- und Ausland tätig - von der Marine bis zum Sanitätsdienst. Dazu kommen noch 88 000 zivile Angestellte. Sie arbeiten vor allem in der sogenannten Wehrtechnik und in der Verwaltung.

Die Ausbildungsmöglichkeiten in Zivil und in Uniform sind vielseitig: Sie reichen vom Fachangestellten für Bäderbetriebe über den Gärtner bis zum Krankenpfleger. Besonders häufig vertreten sind technische Berufe - wie Anlagen- oder Industriemechaniker, Mechatroniker oder Elektroniker. Die Werbekampagne stellt Jobs der Informationstechnik in den Mittelpunkt: "Deutschlands Freiheit wird auch im Cyberraum verteidigt" - zum Beispiel von sogenannten IT-Soldaten oder zivilen IT-Systemelektronikern.

Hacken für die Landesverteidigung? Im Prinzip schon. "Die Bundeswehr braucht Hacker beziehungsweise IT-Spezialisten, um sich in der Cyberdomäne richtig aufzustellen", sagt Sven Herpig von der Stiftung Neue Verantwortung, Think Tank für die Gesellschaft im technologischen Wandel. Direkter formuliert: Kriege könnten künftig auch in Datennetzen stattfinden.

Ganz neu ist das für die Bundeswehr nicht. "Die defensiven Kapazitäten dafür hatte die Bundeswehr schon immer", sagt Herpig. Ein Hubschrauber oder eine Fregatte etwa bestehen heute aus vielen Computer- und Elektroniksystemen. Diese müssen gewartet und geschützt werden. Gerade werden diese Kapazitäten zentral in der Einheit "Cyber- und Informationsraum" (CIR) zusammengeführt. Zunächst sollen dort 13 500 Soldaten Hackerangriffe aller Art abwehren.

"In der Zukunft ist es denkbar, dass diese defensiven Fähigkeiten über den Schutz eigener Systeme hinausgehen werden", sagt Herpig. Das bedeutet, dass die Bundeswehr im Ernstfall etwa eingesetzt werden könnte, um kritische Infrastruktur wie Kraftwerke zu schützen. Noch sei ungeklärt, ob diese Aufgabe eher zivile Organisationen übernehmen.

Und unklar sei auch, ob die Bundeswehr dafür das Personal findet. Schließlich macht der Fachkräftemangel der IT-Branche auch hier nicht halt: Etwa 1800 zivile und militärische Jobs für IT-Spezialisten sind laut Verteidigungsministerium zurzeit nicht besetzt.

Eine Ausbildung bei der Bundeswehr funktioniert wie in einem Unternehmen. Interessenten können sich "bei der Bundeswehr ganz normal bewerben", sagt ein Sprecher der Bundeswehr in Köln. "Sie schrauben als Gerätemechaniker vielleicht an Hubschraubern herum, die es im zivilen Leben nicht gibt." Arbeitszeiten, Ausbildungsdauer und Abschlussprüfung seien ansonsten gleich. Es ist also kein Problem, sich mit einem Bundeswehr-Abschluss anderswo zu bewerben.

Die Bezahlung richtet sich nach den gängigen Tarifverträgen im öffentlichen Dienst. Genau hier könnte für die Bundeswehr ein Problem bei der Suche nach den besten IT-Fachkräften liegen, sagt Herpig. Denn wer einen Bachelor in Informatik hat, bekomme in der freien Wirtschaft vermutlich deutlich lukrativere Angebote. Fürs Geld allein geht also vermutlich niemand zur Bundeswehr - schon gar nicht als Zivilist. Vielleicht zielt die aktuelle Werbekampagne deshalb auf andere Werte ab - auf "das, was wirklich zählt".

An der Form der Werbung gibt es aber auch viel Kritik, zum Beispiel von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Sie beklagt, dass sich die Bundeswehr gezielt auch an Schüler und Schulabgänger unter 18 Jahren richte. Ein weites Problem sei der Inhalt: "Die Werbekampagne erweckt den Eindruck, dass es da um ein kameradschaftliches Adventure-Camp geht", sagt Ilka Hoffmann, Leiterin des Vorstandsbereichs Schule bei der GEW. Andere Aspekte des Berufsfeldes würden dabei ausgeblendet. "Für uns ist die Bundeswehr kein Job wie jeder andere, sondern ein Job, in dem es eben auch um Krieg, Tod und Sterben geht."

© SZ vom 29.04.2017 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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