Anerkennung:Bei Nacht und Nebel

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Mal ein echter Doktor, mal nur ein postgraduales Studium: Verwirrung bei der Beurteilung des "Doctor of Business Administration".

Von Christine Demmer

Bildung ist ein riesiger Markt. Mit wachsendem Erfolg exportieren britische Unis den Titel "Doctor of Business Administration" (DBA) in andere Länder. In Deutschland kooperieren sie dafür mit Hochschulen und privaten Akademien, die Führungskräften aus Wirtschaft und Verwaltung auf diese Weise ein berufsbegleitendes und komfortabel organisiertes Doktorstudium anbieten - für Studiengebühren zwischen 40 000 und 50 000 Euro.

Wenn die britische Hochschule anerkannt ist und der Studiengang entsprechend den Bologna-Kriterien oberhalb von Bachelor und Master angesiedelt ist, darf der britische DBA als deutscher Doktortitel geführt werden. So hatte es die Kultusministerkonferenz (KMK) in zwei Beschlüssen von 2001 und 2008 festgelegt. Die SZ berichtete am vergangenen Samstag auf dieser Seite, dass die Anerkennung des DBA als deutscher Doktortitel trotzdem umstritten ist.

Klammheimlich stuft die Behörde den Titel zurück

Angesichts vieler neuer DBA-Programme, unter denen sich wohl auch unseriöse Angebote verstecken, scheint die KMK ihre Entscheidung nun zu bereuen. Offenbar aufgeschreckt von der SZ-Recherche hat die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB) im Sekretariat der KMK vor zehn Tagen den DBA in der Datenbank Anabin plötzlich von einem vollen Doktorgrad auf einen postgradualen Studiengang herabgestuft, ohne eine offizielle Mitteilung darüber zu machen. Die Folge: Der DBA dürfte künftig nicht mehr als "Dr." geführt werden. Unklar blieb, ob das auch rückwirkend für bereits erteilte Genehmigungen gegolten hätte.

Doch alles Rätseln bei den deutschen DBA-Anbietern hatte sich bereits nach wenigen Tagen erledigt. Am 18. November wurde, wiederum in aller Stille, die Änderung rückgängig gemacht. Der DBA ist nun wieder dem deutschen Doktor gleichgestellt. Eine Begründung für ihr Vorgehen liefert die KMK nicht. Der Beirat der ZAB werde sich in einer Sondersitzung voraussichtlich noch in diesem Jahr mit der Thematik befassen, erklärte ein Sprecher. Ziel sei es, "die derzeitige Einstufung zu überprüfen". Bis zu einer abschließenden Befassung sei der Eintrag wieder zurückgesetzt worden.

Anlass für das Hin und Her sei, so die KMK, dass der DBA "aktuellen Erkenntnissen zufolge im Hinblick auf Inhalt und Funktion nicht einem theoretisch-wissenschaftlichen und forschungsorientierten Doktorgrad" entspräche. Der DBA wird erst seit etwa einem Vierteljahrhundert in angelsächsischen Ländern für forschungsintensive Wissenschaftsleistungen in der Betriebswirtschaftslehre verliehen. Allerdings legen Praktiker in diesen Ländern wesentlich geringeren Wert auf die Titelführung als deutsche Manager.

Auch das dürfte ein Grund sein für die von der KMK beobachtete "vermehrte Kooperation der britischen Hochschulen mit deutschen oder anderen ausländischen Einrichtungen ohne Hochschulanerkennung oder ohne Promotionsberechtigung." Im Kampf gegen Bildungsanbieter, die im DBA vorrangig ein einträgliches Geschäftsmodell sehen, wird die frühere Entscheidung nun offenbar als hinderlich betrachtet. "Von den Kooperationspartnern wird eine vermeintliche Gleichwertigkeit mit einer deutschen Promotion und die Führbarkeit des Grades als 'Dr.' in den entsprechenden Werbetexten als offizielle Rechtsauffassung der KMK dargestellt", stellt die Behörde fest. Tatsächlich wird auf fast allen Webseiten der deutschen DBA-Anbieter unverhohlen mit dem Doktortitel geworben.

Sofern es sich um eine anerkannte Hochschule und einen anerkannten Studiengang handelt, entspricht das auch der geltenden Rechtslage. Allerdings prüft nicht jeder Studieninteressent, ob die Voraussetzungen für die Titelumschreibung wirklich gegeben sind. Die KMK sieht deshalb den allgemeinen Verbraucherschutz und die Transparenz von Bildungsgängen betroffen, darüber hinaus fühlt sie sich dem Schutz der Wissenschaft verpflichtet. Doch das Hin und Her bei der Einstufung der Programme fördert nicht gerade das Vertrauen in ihre Urteilsfähigkeit.

© SZ vom 21.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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