Tierhaarallergie:Von der Katze zu Tränen gerührt

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Das allergische Potenzial von Katzen ist besonders hoch. Ihre Allergene sind extrem leicht und haften an Kleidung, Haaren oder Möbeln. (Foto: dpa)

Wer das Gefühl hat auf einen Kollegen allergisch zu reagieren, könnte gar nicht so falsch liegen. Er sollte mal nachfragen, ob der Mitarbeiter ein Tier hat. Besitzt der einen unkastrierten Kater, kann es besonders unangenehm werden.

Von Marina Engler

Wenn Max mit seiner Kollegin in die Kantine geht, muss er jedes Mal heftig niesen und seine Nase schwillt an. Christina bekommt immer juckende Augen und Hustenreiz, wenn sie von der Arbeit nach Hause kommt und ihren Hund begrüßt. Typische Fälle von Tierallergien. Sie können irgendwann im Leben auftreten, so dass manch einer plötzlich gegen sein eigenes Haustier allergisch ist. Wer kein Tier hat, hat es zunächst oft schwer, hinter den Symptomen eine Allergie zu erkennen. Doch die richtige Diagnose und Behandlung sind entscheidend, um keine bleibenden Schäden zu riskieren. Ein Überblick:

Häufigkeit

Bis heute gibt es keine genauen Zahlen darüber, wie viele Personen in der Bundesrepublik eine Tier-Allergie haben. Laut Robert-Koch-Institut reagieren ungefähr zehn Prozent der Deutschen allergisch auf Katzen, Hunde oder Pferde. Weitere Tierarten wurden allerdings nicht erfasst, obwohl beispielsweise das allergische Potenzial von Meerschweinchen höher ist als das von Pferden.

Auslöser

Auslöser sind genaugenommen nicht die Tierhaare. Es sind vielmehr bestimmte Eiweiße in Hautschuppen, Speichel, Schweiß, Urin oder Kot der Tiere, gegen die manche Menschen überempfindlich reagieren. Diese Allergene schweben durch die Luft und werden so eingeatmet. Die Reaktion eines Allergikers erklärt Margitta Worm vom Allergie-Centrum der Charité Berlin so: "Es kommt zur Bildung von sogenannten IgE-Antikörpern, die sich anschließend an bestimmte Zellen binden. Wenn das Allergen erneut auf den Körper trifft, werden diese Zellen aktiviert und schütten zahlreiche Botenstoffe aus, die die allergischen Reaktionen auslösen."

Tierarten mit Allergiepotenzial

Besonders Katzen, Hunde und Nagetiere, wie Meerschweinchen, aber auch Pferde und Vögel können eine Tierallergie auslösen. Das allergische Potenzial von Katzen ist besonders hoch. Ihre Allergene sind extrem leicht und haften an Kleidung, Haaren oder Möbeln. Unkastrierte Kater setzen sogar doppelt so viele Allergene frei wie Katzen oder ihre kastrierten Artgenossen. Wer gegen eine Katze allergisch ist, reagiert meist auch auf andere Katzenrassen.

Hunde-Allergiker reagieren hingegen oft nur auf eine oder wenige Rassen allergisch. Kurzhaarige Rassen wie Boxer lösen häufiger eine Allergie aus als langhaarige.

Unter den Nagetieren sind es hingegen die langhaarigen Meerschweinchen, gegen die besonders viele Menschen überempfindlich reagieren. Das allergische Potential von Hamstern und Kaninchen ist etwas geringer. Pferde- und Vogel-Allergien sind wesentlich seltener. Doch wenn diese auftreten, dann lösen sie meist besonders heftige Reaktionen aus.

Symptome

Die Überreaktion äußert sich meist durch die klassischen Allergiesymptome: Niesen, Husten, geschwollene oder laufende Nase und juckende, tränende Augen. In schlimmeren Fällen kann es zu Bindehautentzündungen, Atemnot, Konzentrations- oder Schlafstörungen kommen.

Ob eine Tierallergie von alleine wieder verschwinden kann, ist bisher wissenschaftlich nicht ausreichend untersucht. Margitta Worm hat die Erfahrung gemacht: "Die Patienten, die wir sehen, behalten ihre Tierallergie und wenn der Kontakt zu Tieren nicht eingestellt wird, kann sich diese stetig verschlimmern." Unter anderem besteht die Gefahr, dass sich Asthma brochiale entwickelt.

Diagnose

Die korrekte und frühzeitige Diagnose ist daher wichtig. Wer auf sein eigenes Haustier allergisch wird, kann das relativ einfach herausbekommen, indem er sich selbst ehrlich beobachtet. Wenn die Beschwerden überwiegend in der Nähe des Tieres auftreten, spricht das für eine Tierallergie.

Doch auch Menschen, die gar kein Haustier besitzen, können eine Allergie entwickeln. Die Beschwerden müssen nicht einmal nur in der Nähe eines Tieres auftreten, sondern auch in der Nähe eines Halters. Auch hier hilft genaues Beobachten.

Eine Diagnose kann allerdings nur ein Allergologe treffen. Die einfachste und häufigste Diagnose liefert der so genannte Prick-Test, der auch bei anderen Allergien eingesetzt wird. Dafür gibt der Arzt verschiedene im Verdacht stehende Allergen-Extrakte auf die Haut und ritzt diese leicht an. Nach spätestens 20 Minuten bildet die Haut rötliche Schwellungen an den Stellen, wo der Körper allergisch reagiert. Stimmen die Allergene mit dem Verdacht überein, ist die Diagnose beendet.

Mitunter reagiert die Haut aber auch auf mehrere Stoffe, zeigt gar keine oder uneindeutige Reaktionen, obwohl vieles für eine Tierallergie spricht. Dann kann das Blut auf bestimmte Antikörper untersucht werden. Diese liefern für gewöhnlich eine klare Diagnose.

Sollte noch immer kein eindeutiges Ergebnis erzielt werden, bleibt noch die Möglichkeit eines Provokationstests. Dabei wird das verdächtige Allergen nicht auf eine Hautstelle, sondern auf die empfindlicheren Schleimhäute gegeben. Eine unmittelbare Reaktion ist dadurch sehr wahrscheinlich. Für Menschen mit sehr schweren allergischen Reaktionen ist der Test nicht geeignet.

Behandlung

Die Diagnose Tierallergie kann hart sein. Denn für gewöhnlich besteht die Behandlung darin, die entsprechende Tierart zu meiden - und unter Umständen sein geliebtes Haustier abzugeben.

Eine Desensibilisierung, wie beim Heuschnupfen, ist bei Tierallergien nicht so einfach möglich. "Die Desensibilisierung mit Tierhaaren wird meist nicht so gut vertragen wie beispielsweise bei Pollen und das Risiko für das Auftreten von Komplikationen ist wesentlich größer", erklärt Margitta Worm.

Da die meisten Menschen nicht auf jeglichen Kontakt zu Tieren oder ihren Haltern verzichten können, helfen in akuten Situationen auch Antihistaminika in Tablettenform, als Flüssigkeiten zum Auftragen oder ein Adrenalin-Spray zum Inhalieren. Die Medikamente sollten aber nicht dauerhaft und ohne ärztliche Absprache eingenommen werden.

Wer sich partout nicht von seinem Tier trennen kann oder gegen das Tier eines Verwandten oder Kollegen allergisch reagiert, sollte einige Regeln beachten, um die Belastungen in Grenzen zu halten.

Wenn man gegen ein fremdes Tier allergisch ist

  • Tierhalter bitten, das Tier nicht mit zu Treffen zu bringen.
  • Tierhalter bitten, Kleidung zu tragen, die keinen Kontakt zum Tier hatte.
  • Bei Kaninchen- oder Pferde-Allergie Kleidung und Möbel überprüfen. In Pelz, Angora-Gewebe, Matratzen, Teppichen und Polstermöbeln können Kaninchen- oder Pferdehaare enthalten sein.
  • Bei einer Pferde-Allergie vor einer Impfung den Arzt darauf hinweisen. Manche Impfstoffe werden mit Pferdeserum hergestellt.
  • Bei einer Vogel-Allergie auf Kissen und Bettdecken mit Federfüllung verzichten.

Wenn man gegen sein eigenes Tier allergisch ist

  • Das Tier nicht auf das Sofa und keinesfalls ins Schlafzimmer lassen.
  • Kissen und Decken, auf denen das Tier gelegen hat, nicht mehr verwenden. Die Allergene verschwinden nicht durch Waschen und bleiben zum Teil noch Jahre lang im Stoff.
  • Staubsauger mit speziellem Filter verwenden. Weitere Informationen über geeignete Sauger gibt es beispielsweise hier.
  • Die Pflege und Reinigung von Tier und Käfig sollte ein anderer Mensch übernehmen, am besten im Freien.
  • Bei einer Katzen-Allergie den Kater kastrieren lassen. Dann produziert er nur noch etwa halb so viele Allergene.

Vorbeugen

Die Erkenntnisse sind in diesem Bereich rar. Wissenschaftler wissen, dass Mütter das allgemeine Allergierisiko ihrer Kinder senken können, wenn sie während der Schwangerschaft nicht rauchen und ihre Babys stillen. Ob der Kontakt zu Tieren eher förderlich oder schädlich ist, hängt vermutlich mit der genetischen Veranlagung zusammen. Dennoch wird nicht empfohlen, Kinder vorsorglich von jeglichen Tieren fernzuhalten.

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