Krankenkassen-Report:Hilfsmittel, die der Patient nicht braucht

"Wohlgemeinter therapeutischer Streuschuss": Immer mehr Patienten bekommen Bandagen, Massagen, Ergotherapien und ähnliche Maßnahmen verordnet. Ob sie ihnen nützen, wird kaum hinterfragt.

Das Geschäft mit Bandagen und Massagen boomt - die Versorgung geht jedoch häufig am Bedarf der Patienten vorbei. Das hat der aktuelle Heil- und Hilfsmittelreport der Barmer GEK Krankenkasse ergeben.

Nach dem am Dienstag in Berlin vorgelegten Bericht sind die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen für Heil- und Hilfsmittel innerhalb von fünf Jahren um 22 beziehungsweise 30 Prozent gestiegen. Zugleich seien aber vor allem Kinder, Rückenkranke sowie Pflegebedürftige von Über-, Unter- oder Fehlversorgung betroffen.

Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Barmer GEK, Rolf-Ulrich Schlenker, kritisierte: "Wir haben es mit einem Wachstumsmarkt erster Güte zu tun. Allerdings sollten Transparenz und medizinische Evidenz mitwachsen." Trotz einer insgesamt guten Versorgungslage gerate der Einsatz von Heil- und Hilfsmitteln noch "oft zum wohlgemeinten therapeutischen Streuschuss".

Schlenker forderte eine Reform des laxen Zulassungsrechts. Der Markt der Hilfsmittel bleibe ein Stiefkind in punkto Transparenz. Nicht der Nutzen werde bewertet, sondern lediglich die Funktion. Wie bei Arzneimitteln sollte auch bei Hilfsmitteln vor der Marktzulassung eine patientenorientierte Nutzenbewertung erfolgen.

Klassische Massagen gehörten zu den umsatzstärksten Heilmitteln. Oft seien diese aber fraglich, denn bei chronischen Beschwerden reichten klassische Massagen als alleinige Therapie nicht aus.

Schlecht behandelt werde häufig der "Tennisellenbogen". Von etwa 240.000 Patienten mit einer solchen Diagnose bekam ein Drittel weder Heil- noch Hilfsmittel verordnet. Die Hälfte sei mit Arzneimitteln behandelt worden. Eine allgemeine Unterversorgung mit Heil- und Hilfsmittel bestehe bei Patienten in Pflegeheimen.

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