Honorar-Streit mit Krankenkassen:Ärzte wollen Honorarsteigerung einklagen

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Sie hatten 3,5 Milliarden Euro mehr Honorar gefordert, bekommen sollen sie nicht einmal ein Zehntel: Die niedergelassenen Ärzte sind nach den Honorargesprächen mit den Krankenkassen unzufrieden und wollen jetzt Klage erheben. Sollte es zu keiner "einvernehmlichen Lösung" kommen, könnten in der kommenden Woche viele Praxen geschlossen bleiben.

Die Ärzteschaft will auf dem Klageweg höhere Honorare erstreiten. Das hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) in Berlin beschlossen. In einer Resolution heißt es, der Schlichterspruch des Bewertungsausschusses aus Ärzten und Kassen sei nicht zu akzeptieren. "Wir werden dagegen klagen und fordern das Bundesgesundheitsministerium auf, diesen Beschluss zu beanstanden", verkündeten die Ärzte. Die Klage soll vor dem Sozialgericht Berlin-Brandenburg erhoben werden.

Die Ärzte sind unzufrieden mit dem Honorar, das ihnen die Krankenkassen im nächsten Jahr in Aussicht stellen. Jetzt will die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) Klage erheben. (Foto: dpa)

Wegen des Streits über höhere Honorare für niedergelassene Mediziner könnte es in der kommenden Woche zu Praxisschließungen kommen. "Am Ende wird es einen Streik geben, wenn es nicht zu einer einvernehmlichen Lösung kommt", sagte Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Der Unmut sei sehr groß.

Wie die Bild am Sonntag berichtete, könnten bereits von Dienstag an die Praxen geschlossen bleiben. "Die Krankenkassen haben bis Montag Zeit nachzubessern, sonst werden die Streikmaßnahmen unmittelbar beginnen", heißt es dem Blatt zufolge in einer Erklärung von 14 Ärzteverbänden, die 120.000 der 150.000 niedergelassenen Mediziner in Deutschland repräsentieren.

Auch der Vorsitzende der Ärzte-Vertretung Hartmannbund, Klaus Reinhardt, kündigte Kampfmaßnahmen an. Diese würden in einer gestaffelten Form stattfinden, sagte Reinhardt im Deutschlandradio Kultur, damit die Auseinandersetzung zwischen Ärzten und Kassen nicht auf dem Rücken der Patienten ausgetragen werde. Wie die Maßnahmen genau aussehen werden, ließ er offen. Man werde aber "nicht gleich zum Knüppel greifen".

KBV-Chef Andreas Köhler nahm Gesundheitsminister Daniel Bahr in die Pflicht: "Herr Bahr, handeln sie unverzüglich, sonst wird es für die Versorgung der Menschen in Deutschland problematisch", sagte er bei der Versammlung seines Verbandes in Berlin.

Den Krankenkassen warf er eine Hetzkampagne. Sie würden einen systematischen Anti-Ärzte-Kurs fahren und Mediziner als Abzocker diskreditieren, sagte er. "Es ist ein Angriff auf die Würde eines ganzen Berufsstands", sagte Köhler. "Ärzte sind nicht die Prügelknaben dieser Nation."

Hausärzte sehen Streik skeptisch

Ob sich auch die Hausärzte an dem Streik beteiligen oder nur die niedergelassenen Fachärzte ist unklar. Der Verband Deutscher Hausärzte hat sich gegen die angedachte vorübergehende Schließung von Praxen ausgesprochen. Der Verbandsvorsitzende Weigeldt sagte im Deutschlandfunk, das Mittel des Streiks sei für Allgemeinmediziner nicht angebracht, da sie die Versorgung der Patienten sicherstellen müssten.

Hintergrund des Streits ist, dass die Gesamtvergütung der rund 130.000 niedergelassenen Vertragsärzte und -psychotherapeuten im nächsten Jahr nur um 270 Millionen Euro steigen soll - die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hatte 3,5 Milliarden Euro verlangt. Damit erhalten sie nicht einmal ein Zehntel ihrer Forderung.

Die vorgesehene Erhöhung von 0,9 Prozent - im Schnitt sind das 1800 Euro mehr Honorar pro Jahr für jeden Arzt - liege unterhalb des Inflationsausgleichs und sei angesichts der Krankenkassenüberschüsse von 20 Milliarden Euro nicht hinnehmbar, sagte der Vorsitzende des Hartmannbundes, Reinhardt. Es gehe weniger um das Einkommen des einzelnen Arztes, sondern darum, dass die Erhöhung nicht ausreiche, um die Praxen angesichts einer älter werdenden Bevölkerung ausreichend auszustatten. Das 0,9-prozentige Honorarplus sei unter Berücksichtigung der Inflation gar keine Erhöhung, sondern eine Senkung, sagte der Vorsitzende des Hausärzteverbands, Weigeldt.

Die Festlegung über die Vergütung im nächsten Jahr wurde vom sogenannten Erweiterten Bewertungsausschuss getroffen, dem neben Ärzte- und Kassenvertretern auch drei stimmberechtigte, unparteiische Mitglieder angehören. Das Gremium unter Vorsitz des Gesundheitsökonomen Jürgen Wasem war einberufen worden, weil sich Ärzte und Kassen in dem monatelangen erbitterten Streit nicht einigen konnten. Die KBV-Vertreter votierten gegen den Beschluss, wurden jedoch überstimmt.

© Süddeutsche.de/Reuters/afp/dapd/dmo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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