Gesundheit:Aids-Hilfe: Ausgrenzung oft übler als Gesundheitsprobleme

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Kassel (dpa) - HIV-Infizierte haben nach Darstellung der Deutschen Aids-Hilfe (DAH) oft mehr mit gesellschaftlichen als mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen.

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Kassel (dpa) - HIV-Infizierte haben nach Darstellung der Deutschen Aids-Hilfe (DAH) oft mehr mit gesellschaftlichen als mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen.

Ausgrenzung und Diskriminierung seien an der Tagesordnung, sagte DAH-Vorstand Carsten Schatz, der selbst HIV-positiv ist, der Nachrichtenagentur dpa. Das ist auch Thema der HIV-Selbsthilfekonferenz unter dem Titel „Positive Begegnungen“ vom 21. bis 24. August 2014 in Kassel. Die DAH erwartet rund 450 HIV-Positive, Angehörige und Bekannte von Erkrankten. Es sei damit die größte derartige Konferenz in Europa.

Frage: HIV-Infizierte können mit Medikamenten in Deutschland weitgehend normal leben. Ist damit die Krankheit nicht mehr gefährlich?

Antwort: Noch sterben in Deutschland jährlich mehr als 500 Menschen an Aids. Das ist noch ein Problem. Unter normalen Umständen ist es aber absehbar, dass in Deutschland niemand mehr an Aids sterben muss. Wer rechtzeitig getestet und behandelt wird, bekommt normalerweise kein Aids. Aber wir haben keine normalen Umstände, denn HIV-Infizierte werden ausgegrenzt oder diskriminiert.

Frage: Wo kann Diskriminierung passieren?

Antwort: HIV ist mit einem gesellschaftlichen Stigma behaftet. Das hat etwas mit Rausch und Sexualität zu tun, das ist ein Tabuthema. Die Leute erleben das am Arbeitsplatz, in der Familie oder im Gesundheitswesen. Wir haben eine Befragung durchgeführt: 20 Prozent der Leute hatten im Jahr zuvor erlebt, dass man ihnen eine medizinische Behandlung verweigerte, zum Beispiel beim Zahnarzt. Es kommt auch vor, dass Kollegen nicht mit HIV-Infizierten arbeiten wollen. Diese Ausgrenzung und Diskriminierung halten Menschen davon ab, einen Test zu machen.

Frage: Welche Art von Diskriminierung haben Sie selbst schon erlebt?

Antwort: Ich habe relativ wenig erlebt. Es schützt, wenn man offen damit umgeht. Ich lasse den Leuten keine Chance. Aber es sind nicht alle stark genug, das auch zu machen, weil damit Existenzängste verbunden sind.

Frage: Wie kann man dagegen vorgehen?

Antwort: HIV-Positive müssen wir ermutigen und Hilfen an die Seite geben.

Frage: Und dabei kann die Konferenz helfen?

Antwort: Wichtig ist, das Thema auf die gesellschaftliche Agenda zu bringen. Wir müssen aufzeigen, dass wir da ein Problem haben und ein Bewusstsein dafür schaffen. Wir müssen die Leute informieren und ermutigen, ihre Rechte wahrzunehmen.

ZUR PERSON: Carsten Schatz gilt als bundesweit erster Abgeordneter, der sich offen zu seiner HIV-Infektion bekennt. Der 44 Jahre alte Linken-Politiker sitzt im Berliner Landesparlament. Seit mehr als 20 Jahren ist er in der HIV-Selbsthilfe aktiv.

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