Wohnen um München:Nannhofen

Lesezeit: 2 min

Sieben Straßen, an die 40 Häuser, 200 Einwohner und viele Pferde - das ist Nannhofen.

Nicole Graner

Für "a Pris" guten Schnupftabak tut der Bayer alles. Fast alles. Auf sein Bier würde er dafür natürlich nicht verzichten. Ein guter "Schmalzler" war vor vielen Jahren zum Beispiel der "Lotzbeck Nummer 2", der in der 1774 von Carl Ludwig Freiherr von Lotzbeck gegründeten Schnupftabakfabrik hergestellt wurde. Dieser Tabak muss so gut gewesen sein, dass er angeblich sogar in einer Erzählung von Ludwig Thoma Erwähnung gefunden haben soll.

Ein echter Nachfahre der Familie Lotzbeck lebt noch heute: auf Schloss Nannhofen im oberbayerischen Landkreis Fürstenfeldbruck. Dort ist Freifrau Gertrud von Lotzbeck für den 800 Tagwerk großen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb mit eigener Trakehnerzucht verantwortlich.

Überhaupt ist das Schloss eng mit der Ortsgeschichte von Nannhofen verbunden. Schon im 9. Jahrhundert als Herrensitz erwähnt, wurde es beliebter Adelssitz. Später sogar Liebesnest. Herzog Albrecht von Bayern soll dort mit seiner Bernauerin mächtig geturtelt haben. Nach der vollständigen Zerstörung Nannhofens 1632 durch die Schweden wurde auch das Schloss zerstört, aber an anderer Stelle 1752 wieder aufgebaut. Zum Glück. Denn sonst hätte man Johann Thurner um ein großes Vergnügen gebracht: Schlitten fahren.

Der jetzige Bürgermeister von Mammendorf erinnert sich noch genau, wie er als Kind einen langen Fußmarsch ins Nachbardorf Nannhofen in Kauf genommen hat, um auf dem kleinen Schlossberg zu rodeln. "Hier bei uns ist ja landschaftlich eher alles flach. Da kam uns der Schlossberg gerade recht", sagt Thurner.

Schloss hin, Schloss her. Nannhofen ist ein kleiner und bis heute fast unberührter Ort geblieben. Sieben Straßen, an die 40 Häuser, 200 Einwohner und viele Pferde - das ist Nannhofen. Nicht mehr und nicht weniger. Aber dieser Ort hat etwas, was andere nicht haben: einen alten Bahnhof. Durch den Ausbau der Strecke München-Augsburg - die zweite große Bahnlinie Deutschlands - wurde Nannhofen 1839 direkt an die Bahnlinie angeschlossen. Und später an die S 8.

Landschaftlich ist der kleine Ort, 30 Kilometer westlich von München gelegen, ein kleines Juwel. Flach, ja. Aber diesen kleinen Makel machen die Nannhofer Wälder und der Mammendorfer Badesee wieder wett. "Außerdem", so sagt Thurner, "ist es auch zum Ammersee und Wörthsee nicht weit."

Und was es in Nannhofen nicht gibt, das gibt es eben in Mammendorf: Schulen zum Beispiel. Wer aber jetzt Lust auf diese Landidylle bekommen hat und nach Nannhofen ziehen will, der muss viel Geduld mitbringen. Denn Baugrundstücke gibt es nicht.

Der einzige Hoffnungsschimmer für Landsüchtige: eine von den wenigen Eigentumswohnungen, die in den 80-er und 90-er Jahren gebaut wurden, wird plötzlich frei. "Nein", sagt Thurner, "leicht ist es nicht, bei uns Wohnraum zu finden. Aber dafür ist es hier halt noch nicht überlaufen." Wo er Recht hat, hat er Recht. Nannhofen ist eben noch ein echt bayerisches, fast unberührtes Fleckerl Erde. Darauf eine Prise guten Schmalzler! Oder wie würde Ludwig Thoma sagen: "A paarmal hi'hau'n, und dann aufi damit."

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: