Wohnen:Studentenbude mit Kinderkrippe

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Raum ist in der kleinsten Hütte - Wohnungen für Studierende müssen flexibel und funktional sein.

Sebastian Hepp

Wie verändern sich die Wohnbedürfnisse einer Gesellschaft, in der das Leitbild Familie mehr und mehr an Bedeutung verliert und die soziale Vereinsamung zunimmt? Dies war einer der Fragen, mit der sich die Tagung "Wohnen - was ist zukunftsfähig?" kürzlich in München beschäftigte.

Die Antwort darauf gab Stadtbaurätin Christiane Thalgott in ihrer Eröffnungsrede zu den "Münchner Wohntagen". "Man braucht nachbarschaftliche Kontakte und muss offen sein für neue Gemeinschaften", befand Thalgott.

Wie der Wohnungsbau in der Landeshauptstadt auf die neuen Anforderungen reagiert, war das zentrale Thema der Fachvorträge im Rahmen der Ausstellung "Wohnort München: Zukunft findet Stadt" in der Rathausgalerie. Neben Programmen für Benachteiligte am Wohnungsmarkt und neuen Wohngemeinschaften für Alte und Demenzkranke sei nicht zuletzt auch ein ausreichendes Wohnangebot für Studenten vonnöten, sagte Thalgott.

Doch daran mangelt es, wie Dieter Maßberg vom Studentenwerk München e.V. berichtete. Nach seinen Worten fehlen in der Landeshauptstadt derzeit etwa 3000 Wohneinheiten. Immerhin sind in den vergangenen Jahren durch Neubau 1000 weitere Plätze in Studentenwohnheimen entstanden.

Innovative Konzepte

Eines davon ist das Wohnheim am Felsennelkenanger, der ehemaligen Panzerwiese an der Schleißheimer Straße. 545 Studentinnen und Studenten verschiedener Nationalitäten wohnen hier zusammen. Gruppen sind in den sogenannten Türmen untergebracht, sie teilen sich die Sanitäreinrichtungen und die Küche.

Im Basisgebäude befinden sich die Zimmer für Einzelbewohner. Sie werden über innen liegende Laubengänge erschlossen, die um dreigeschossige, luftige Hallen angeordnet sind. Eine der Errungenschaften ist hier die Kinderkrippe, die Paaren mit Kind oder Alleinerziehenden mehr Freiräume für ihr Studium ermöglichen soll.

Auch ökologische Gesichtspunkte wurden in dem Komplex, der im März 2005 fertiggestellt wurde, berücksichtigt: Unter dem Boden der Tiefgarage hat man einen Erdkanal verlegt, der mit einer konstanten Temperatur von 18 Grad Celsius im Sommer als Kühl- und im Winter als Heizquelle fungiert.

Noch experimentellen Charakter haben die sieben Studentenwohnungen, die in Freimann entstanden sind. Studenten der TU München durften ihrer Kreativität hier freien Lauf lassen und haben Gebilde in Kubusform von 2,60 mal 2,60 Metern geschaffen, die seit September 2004 an eine begrenzte Zahl von Studenten zum Preis von 100 Euro pro Monat vermietet werden.

Über klaustrophobische Anwandlungen habe sich bisher noch niemand beschwert, versichert Dieter Maßberg. Inzwischen bewohnt bereits die zweite Studenten-Generation die Muster-Würfel.

Ein noch im Bau befindliches Projekt mit insgesamt 588 Wohneinheiten ist das Studentenwohnheim am Stiftsbogen im Münchner Westen. Achtköpfigen Wohngruppen stehen hier von Mai an Maisonette-Wohnungen mit einem gemeinsamen Aufenthaltsraum zur Verfügung. Auch in diesem Wohnheim wird es eine Kinderkrippe geben. Gegen den Lärm von der benachbarten Autobahn München-Lindau sollen die Bewohner des Nordriegels (knapp 300) durch eine Schallschutzmauer abgeschottet werden.

Die Zimmer mit jeweils eigenem WC werden sich dort sämtlich auf der abgewandten, nach Süden gelegenen Seite befinden. Die zweite Hälfte der Heimbewohner kommt in zehn südwärts errichteten Häusern mit je 30 Wohnungen unter.

Nicht nur beim Bauen für andere, auch beim Bauen mit anderen kann man innovative und tragfähige Konzepte entwickeln. Was Baugemeinschaften bewegen können, zeigt sich besonders am Ackermannbogen, wo im Jahr 2004 fünf städtische Grundstücke an Baugruppen und Baugemeinschaften vergeben wurden. Es sind dort inzwischen stabile soziale Strukturen entstanden.

Beispielhaft für die architektonische Qualität des Quartiers sind die Solarhäuser der BauZEIT, die innen durch flexible Modulbauweise individuell aufgeteilt und genutzt werden können. Welche Kriterien Baugruppen und Baugemeinschaften beachten müssen, um ihre individuellen Wohnvorstellungen möglichst kostengünstig umsetzen zu können, schilderte Theo Peter von BauZEIT - Netzwerk Münsing.

"Gutes Wohnen bedeutet letztlich menschenfreundliches Wohnen", sagte er. Dieses beginne bereits bei der Auswahl des Gebäudes, das in punkto Substanz bestimmte Qualitätsansprüche erfüllen müsse. Es äußere sich weiter darin, dass bei der Gestaltung der Zimmer, Bäder oder Treppenhäuser die Wünsche aller Bauherren in hohem Maße berücksichtigt würden.

Weiter verbindet Peter aber auch eine nachhaltige, das heißt möglichst energiesparende Bauweise mit hoher Wohnqualität. Und nicht zuletzt: eine gute Nachbarschaft.

© SZ vom 14.2.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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