Vorschlag der SPD:Steuern gegen die Kluft

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Die SPD will die Armen entlasten und die Reichen stärker belasten - ein sinnvoller Vorschlag. Doch wegen der Finanzkrise werden alle Steuer-Versprechen unbezahlbar bleiben.

Ulrich Schäfer

In einer Zeit, in der eine Bank staatliche Hilfen von über 100 Milliarden Euro erhält, sind 300 Euro nicht gerade viel Geld. 300 Euro möchte die SPD künftig jedem schenken, der wenig verdient und auf seine Steuererklärung beim Finanzamt verzichtet, mithin also auf mögliche andere Steuererstattungen. Die Idee soll Eingang ins Programm zur Bundestagswahl finden. Wahlprogramme sind wie Wundertüten, sie sind gefüllt mit allerlei Süßem, das meist klebrig ist. Nach der Wahl wird die Wundertüte dann wieder eingesammelt, das Süße verschwindet im Mülleimer, weil es keiner bezahlen mag. Das heißt dann Kassensturz.

Steuergeschenke in Wahlkampfzeiten: Die SPD (hier SPD-Chef Franz Müntefering, links, und Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier) möchte jeden Bürger mit 300 Euro belohnen, der auf seine Einkommensteuererklärung verzichtet - wenn er keine weiteren Einnahmenquellen besitzt. (Foto: Foto: dpa)

So ähnlich wird es sich auch mit den 300 Euro verhalten. Weil die Rettung der Banken viele Milliarden kostet, und der Kampf gegen die Rezession weitere Milliarden, werden die Parteien all die schönen Steuer-Versprechen, die sie jetzt und in den nächsten Monaten machen werden, nicht bezahlen können. Merkels Union möchte die Steuerlast für alle senken? Kann man getrost vergessen. Die FDP wirbt für den Stufentarif mit einem Höchstsatz von 35 Prozent? Ein netter Witz. Eine kraftvolle Steuerentlastung, wie sie als Phantom durch jeden Bundestagswahlkampf geistert, wird es auf Jahre hin nicht geben können. Vielleicht auch auf Jahrzehnte hin, wenn der Staat sich noch weiter verschulden muss.

Allenfalls wird die nächste Regierung die Lasten innerhalb des Steuersystems umverteilen können. Und da haben die Genossen, jenseits des 300-Euro-Bonus, ein paar vernünftige Ideen entwickelt. Sie wollen zum Beispiel eine Börsenumsatzsteuer einführen, wie es sie in London bereits gibt, damit die Spekulanten von ihren schnellen Gewinnen ein klein wenig abgeben. Und sie wollen den Steuertarif so verändern, dass die Menschen mit geringen Einkommen weniger und jene mit höheren Einkommen mehr bezahlen. Das klingt auf den ersten Blick populistisch, macht aber auf den zweiten Blick Sinn.

Denn Oben und Unten driften in der deutschen Gesellschaft immer weiter auseinander. Bestverdienern mit einem Jahreseinkommen von mehr als 250.000 Euro bei Verheirateten wird es nicht sonderlich weh tun, wenn der Spitzensteuersatz um zwei oder drei Prozentpunkte steigt. Man mag das "Reichensteuer" nennen, so wie die SPD es tut. Man sollte es aber nicht, denn dies schürt nur Neidgefühle. Besser wäre es, von einer Gesellschaftssteuer zu sprechen, denn schließlich geht es darum, den Zusammenhalt der Gesellschaft wieder zu verstärken; und daran sollten auch Bestverdiener ein Interesse haben - zumal nach dieser Krise, die vor allem die Mittel- und Unterschicht trifft.

Das glaubt auch Robert Shiller, einer der angesehensten Ökonomen der USA. Shiller ist alles andere als ein Sozialist, aber er ist davon überzeugt, dass die meisten Staaten angesichts der wachsenden Kluft in der Gesellschaft die Steuern für Reiche schon bald erhöhen müssen. "Wollen wir warten", fragt er, "bis die Ungleichheit einen Bürgerkrieg auslöst?"

© SZ vom 17.04.2009/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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